ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
dann ist es schnell vorbei.“ Laute des Tieres in ihm untermalten seine Stimme, machten sie rau und tief. Ich nickte kurz und versuchte meine Angst hinunter zu schlucken. Ich würde keine Angst haben, schwor ich mir. Nicht ich!
Mittlerweile hatten sich meine Muskeln sosehr angespannt, dass es wehtat. Meine Oberschenkelmuskeln krampften und zuckten von der Anstrengung.
Niemand musste mir sagen, wann der entscheidende Moment gekommen war. Der Schmerz, der mir von den Zehen bis hinauf in die Schädelbasis jagte, war genauer als jede Uhr. Ich musste die Zähne fest aufeinander pressen, um nicht zu schreien. Aus allen Richtungen um mich herum hörte ich das gleiche, schmerzerfüllte Keuchen. Mein Blick schnellte zu Mark, der mir immer noch am nächsten stand.
Ich sah, wie er einmal tief und deutlich hörbar ausatmete, ehe sich sein ganzer Körper verkrampfte. Er sank auf die Knie, als der Schmerz der Wandlung ihn niederzwang.
Mit angehaltenem Atem fühlte ich in mich hinein, die Qual erwartend. Erst geschah gar nichts, ich spürte überhaupt nichts. Beinah schaffte ich es sogar darüber verwirrt zu sein, doch dann brach es über mich herein. Aus dem Nichts jagte eine neue, tausendmal heftigere Welle aus purem Schmerz durch mich hindurch. Unter einem Schmerzenslaut brach ich in die Knie. Mit aller Kraft zwang ich mich, den Kopf zu heben und zu Mark zu sehen. Ich brauchte Halt, eine Sicherheit, dass alles in Ordnung war. Vor Schmerzen gekrümmt und auf allen Vieren am Boden kauernd, wurde dessen Haut dunkler. Schwärzer und schwärzer, bis er von einem dichten Fell überzogen war.
Ich schlang die Arme um mich und versuchte, durchzuatmen. Endlich fühlte ich, wie ich mich veränderte. Ich fiel vornüber und musste mich mit den Händen auffangen. Der Schmerz zwang all meine Muskeln dazu, sich anzuspannen. Wie von allein grub ich die Nägel in den Beton, bis sie splitterten. Ich hockte zitternd am Boden, mein Rücken krümmte sich schon erschien der erste schwarze Flaum auf meiner Haut. Meine abgebrochenen Fingernägel wurden lang und spitz und auch meine Hände verzerrten sich langsam zu schwarz behaarten Pfoten. Das Fell kroch an meinen Armen und Beinen hinauf über meinen Rücken und erreichte schließlich mein Gesicht. Als es dort ankam, war der Rest meines Körpers schon kaum mehr menschlich. Meine Füße waren ebenso Klauen, wie meine Hände und aus meinem weiblichen Leib war ein starker, muskulöser Wolfskörper geworden. Ächzend riss ich den Rachen auf, um dem Druck der wachsenden Zähne nachzugeben. Meine Nase und mein Mund vereinten sich und bildeten eine lange, schmale Schnauze – gespickt mit fürchterlichen, rasiermesserscharfen Zähnen.
Letztlich kauerte ich schwer atmend auf dem rauen Boden und wartete sehnlich darauf, dass der Schmerz abflaute. Mein heißer Atem bildete kleine Wolken in der kühlen, feuchten Kellerluft. Langsam krochen die Empfindungen in meine Glieder zurück und ich wagte, mich zu bewegen. Vorsichtig richtete ich mich auf – erst auf allen Vieren und dann zur vollen Größe. Der diabolische Schmerz von eben war verschwunden und an seine Stelle waren hochempfindliche Sinne getreten. In einem tiefen Atemzug füllte ich meine gewaltigen Lungen. Unbeschreiblich viele Gerüche strömten durch meine Nase, aber ich machte mir nicht die Mühe sie alle zu identifizieren. Ich fühlte die Anwesenheit der anderen, und dass ihre Verwandlung längst abgeschlossen war. Sie beobachteten mich und ich fühlte ihre Sorge. Und noch etwas stellte ich fest: Die Angst, die schreckliche Panik, war verschwunden. Da war nichts mehr, vor dem ich mich fürchtete. Ich fühlte mich befreit.
Zögernd öffnete ich die Augen. Taghell erschien es mir im Raum, so lichtempfindlich waren meine Augen geworden.
Ein Schatten trat an die Gitter heran und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Obwohl nichts von seiner menschlichen Gestalt geblieben war, erkannte ich Mark. Sein Blick war fragend, der Kopf leicht zur Seite geneigt. Wir hatten in dieser Gestalt keine Stimme, wie die Menschen. Allein über Körpersprache und selten über Laute und Gesten konnten wir kommunizieren.
Sofort ersann mein Verstand einen kleinen Racheplan. Frei von jedweder Moral und Ethik dieses Körpers wollte ich Vergeltung für meine Gefangenschaft. Lautlos trat ich auf Mark zu und umschloss mit einer Pranke die Gitterstäbe. Ein Knurren entwich meiner Kehle, grollend tief und böse. Mark entblößte bei einem Grinsen die mächtigen Reißzähne.
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