ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
mir keine Gedanken.
Wir waren schon fast wieder am Haus, als ich endlich langsamer wurde und dann keuchend und hechelnd am Boden liegen blieb. Kläglich versuchte ich, wieder zu Atem zu kommen. Seth hielt nur Sekunden nach mir an und ließ sich an meiner Seite auf den Rücken fallen. Sein Atem ging schnell und der große Brustkorb hob und senkte sich. Ich konnte das rasende Schlagen seines Herzens hören. Langsam drehte er den Kopf und sah mich an. Bewunderung über das Tempo, welches ich gehalten hatte, lag in seinem Blick. Ich schnaubte leise und stieß ihn mit der Schnauze an.
Ein plötzlicher Stich in meiner Brust ließ mich den Kopf heben. Auch Seth hielt mitten in der Bewegung inne. Gleichzeitig schnellte unser Blick zum fernen Horizont. Blass und kaum wahrnehmbar zeigte sich das erste Licht des neuen Tages. Schon hallte ein lauter Ruf über das Land. Ein Heulen, laut und volltönend. Ich erkannte die Stimme, das war eindeutig Mark und er rief uns nach Hause.
Ich wollte dem folgen, doch Seth hielt mich auf. Er sprang mir in den Weg und sah mich bittend an. Ich gab einen fragenden Laut von mir und legte den Kopf schief. Was hatte er vor? Seine Antwort war ein Geräusch tief aus seiner Kehle, das fast wie ein Schnurren klang. Weich und grollend, wie Donner. Er machte einen Schritt vorwärts und rieb seinen Leib an meinem entlang. Erst jetzt erkannte ich, was er wollte. Seth hatte nicht vor zurückzugehen. Er widersetzte sich Marks Befehl und das nur wegen mir. Er plante, mit mir allein zu sein.
Sein Glück war wohl, dass ich keine Gelegenheit mehr hatte, darüber nachzudenken. Wieder erinnerte mich ein heftiger Stich in die Brust daran, dass die Sonne aufging. Diesmal jedoch verschwand der Schmerz nicht wieder. Er nistete sich in meiner Brust ein und breitete sich von dort in jeden Winkel meines Körpers aus. Ich knurrte vor Schmerz und registrierte kaum noch, dass Seth mit zwei leichtfüßigen Sätzen ins nächste Gebüsch verschwand. Er würde in der Nähe bleiben. Ich hörte sein schmerzerfülltes Stöhnen und spürte die Hitze seines Körpers. Doch schon im nächsten Moment konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen. Der Schmerz zwang meinen Leib in seine menschliche Form zurück, stauchte ihn zusammen. Der Wolf, das Monster, zog sich wieder unter meine Haut zurück und letztendlich hockte ich nackt und atemlos mitten in einem Waldstück, Kilometer entfernt von Craven.
Ich hörte noch Seths Stöhnen, als er seine Verwandlung abschloss. Mein Blick fest auf das Gebüsch geheftet, in dem er verschwunden war, versuchte ich mir klarzumachen, was geschehen würde, wenn ich hier sitzen blieb. Ich war mir sicher, dass Seth etwas ganz Bestimmtes von mir wollte. Eine Fortsetzung von dem, was wir hinter dem Garten begonnen hatten. Allein bei der Erinnerung an seine sanften Lippen wurde mir warm. Ich konnte nicht leugnen, dass ich ihn mochte. Er hatte etwas an sich, dass mich anzog. Doch war ich wirklich schon bereit für ihn? Ich fühlte mich, wie eine Jungfrau in der Hochzeitsnacht, auch wenn weder das eine noch das andere zutraf. Ich war weder Jungfrau, noch würde ich Seth jemals heiraten. Das wusste ich mit einer Gewissheit, die mich selbst schockierte. Er ist nicht der Richtige . Woher nahm ich nur diese Sicherheit?
Jeder Gedanke verstummte schlagartig, als ein heller, muskulöser Körper lautlos aus dem Gestrüpp trat. Seths Erscheinung fesselte meine gesamte Aufmerksamkeit. Vergessen war der Wald. Vergessen die Zweifel. Bedeutungslos versank die Welt um mich herum im Nichts, als ich meine Augen über seinen makellosen Körper wandern ließ.
Ein verheißungsvolles Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich neben mich kniete. Warm und rau waren seine Hände auf meinen Schultern, glitten über die immer noch empfindliche Haut meiner Arme und hinterließen ein Brennen, das sich bis tief in mein Innerstes fraß. Ich wollte mich ihm entziehen, doch mein Körper achtete nicht auf die Einwände meines Verstandes. Zu groß war die Sehnsucht nach dieser Wärme und seinen Berührungen. Ich spürte seinen Körper dicht hinter mir, nur Zentimeter trennen seine Haut von meiner. Mit geschlossenen Augen saß ich da und spürte seine tastenden Berührungen.
„Hör auf damit, Seth“, murmelte ich, drehte den Kopf aber dennoch in seine Richtung. Ich hatte das Gefühl diese Worte sagen zu müssen. Warum, wusste ich nicht, aber wie die Gewissheit vorhin, schienen sie aus dem vergessenen Teil meines Kopfes zu
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