Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Verwalters Molines. Ihm war es bei dieser ganzen Angelegenheit nur darum gegangen, sich ein gutes Geschäft zu sichern. Und ihr hatte die Erleichterung darüber, ihre Familie vor dem Elend bewahren zu können, die nötige Kraft geschenkt, in diesen Handel einzuwilligen. Aber auch das verblasste. Übrig blieb nur die Angst.
Er war da, der Sieur Molines, mit seiner Frau und seiner Tochter.
Plötzlich bemerkte Angélique, dass sie die meisten Gäste, die sich an den Tischen versammelt hatten und so freudig ihre Vermählung zu feiern schienen, gar nicht kannte oder nicht mehr wiedererkannte. Unvermittelt bat sie, man möge die Dorfmusikanten holen, die den Bauern auf einer großen Wiese
vor den Toren des Schlosses zum Tanz aufspielten. Ihre Ohren waren diese etwas gezierte, zu Höflingen und spitzentragenden Herren passende Musik nicht gewohnt. Einmal noch wollte sie die schrillen Sackpfeifen und den kühnen Klang der Schalmei hören, die das dumpfe Stampfen der Holzschuhe begleiteten.
Doch ihre Bitte verklang ungehört, sei es, weil sie ihre Stimme nicht so gebieterisch zu erheben vermochte, wie sie es gerne gewollt hätte, oder weil in dem ganzen Stimmengewirr niemand den Grund dafür verstand.
Der Himmel war sternenklar, wenn auch von einem leichten Dunstschleier verhangen, der den Mond mit einem goldenen Hof umgab. Ununterbrochen wurden Speisen und edle Weine hereingetragen. Jemand stellte einen Korb mit runden, noch warmen Brötchen vor Angélique und verharrte so lange, bis die junge Frau den Blick hob, um zu schauen, wer es war. Sie sah einen großen, recht massigen Mann in einem teuren Gewand von jener hellgrauen Farbe, wie sie die Müller trugen. Da ihn das Mehl kaum etwas kostete, war sein Haar genauso üppig gepudert wie das der Schlossherren. Sein großer Kragen und die Hosenmanschetten waren aus feiner Wäsche.
»Hier kommt Valentin, der Sohn des Müllers, um der Braut seine Aufwartung zu machen«, verkündete Baron Armand.
»Valentin«, sagte Angélique lächelnd, »ich habe dich seit meiner Rückkehr noch nicht gesehen. Fährst du immer noch mit deinem Kahn hinaus, um Angelika für die Mönche von Nieul zu pflücken?«
Der junge Mann verneigte sich tief, sagte jedoch kein Wort. Er wartete, bis sie ein Brötchen aus dem Korb genommen hatte, dann nahm er ihn wieder hoch und reichte ihn weiter herum. Schließlich verlor er sich in der Menge und der Dunkelheit.
Wenn die Leute still wären, könnte ich jetzt die Kröten in den Sümpfen hören, dachte Angélique. Wenn ich in ein paar Jahren zurückkomme, sind sie vielleicht nicht mehr da, weil das Wasser vor den Arbeiten zurückgewichen ist.
»Ihr müsst unbedingt hiervon probieren«, erklang plötzlich die Stimme des Marquis d’Andijos dicht neben ihrem Ohr.
Er hielt ihr ein wenig verlockend aussehendes Gericht hin, von dem jedoch ein köstlicher Duft aufstieg.
»Das ist ein Ragout aus grünen Trüffeln, Madame. Sie kommen ganz frisch aus dem Périgord. Ihr müsst wissen, dass die Trüffeln eine göttliche Speise sind und über magische Kräfte verfügen. Es gibt kein begehrteres Gericht, um den Körper einer jungen Braut darauf vorzubereiten, die Huldigungen ihres Gemahls zu empfangen. Sie wärmen den Schoß, beleben das Blut und lassen die Haut für Liebkosungen empfänglich werden.«
»Nun, dann wüsste ich keinen Grund, warum ich heute Abend schon davon essen sollte«, entgegnete Angélique kühl und schob die silberne Schüssel von sich. »Wie Ihr wisst, werde ich meinem Gemahl erst in ein paar Wochen begegnen...«
»Aber darauf müsst Ihr Euch vorbereiten, Madame. Glaubt mir, die Trüffel ist die beste Freundin einer Vermählung. Wenn Ihr erst eine Weile von diesem köstlichen Pilz gegessen habt, seid Ihr an Eurem Hochzeitsabend die Zärtlichkeit selbst.«
»In meiner Heimat«, sagte Angélique, während sie ihn mit einem leisen Lächeln ansah, »stopft man vor Weihnachten die Gänse mit Fenchel, damit ihr Fleisch in der Nacht, in der sie gebraten und gegessen werden, besonders gut schmeckt...«
Der schon halb betrunkene Marquis brach in Gelächter aus.
»Ach, könnte ich nur derjenige sein, der Euch kleines Gänschen anknabbert!«, rief er und beugte sich so dicht zu ihr herüber, dass sein Schnurrbart ihre Wange berührte. »Gott verdamme
mich«, fügte er hinzu, während er eine Hand auf sein Herz legte und sich wieder aufrecht hinsetzte, »wenn ich mich noch weiter zu solch unschicklichen Worten hinreißen lasse. Aber ich bin
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