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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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kleidete, sogar den König über seine Person getäuscht hätte. Dann waren da noch Huren, die entweder lammfromm waren oder schrill wie Harpyien; Gaukler, allerdings weniger zahlreich vertreten, da sie meist Rodogone, dem Ägypter, die Ehre erwiesen; betrügerische Lakaien, die von einem Dienstherrn zum nächsten zogen, sie bestahlen und hier das Ergebnis ihrer Diebereien umsetzen wollten; oder auf Abwege geratene Studenten, zutiefst verdorben durch den Kontakt zur Bettlerzunft, in die ihre Armut sie geführt hatte, die im Gegenzug für kleine Dienste bei den Gaunern würfelten. Diese Lateiner nannte man Erzhandlanger, und sie setzten die Gesetze des Großen Coesre auf. So einer war Gros-Sac gewesen, der, als Mönch verkleidet, Conan Bécher in einen Hinterhalt gelockt hatte.
    Auch diejenigen, die sich das Mitleid der Öffentlichkeit erschlichen, die falschen Krüppel, Blinden, Hinkenden und
Sterbenden, hatten ihren Platz im Nesle-Turm. Die alten Mauern, die schon die ausschweifenden Orgien der Königin Margarete von Burgund gesehen und das Röcheln der jungen Menschen gehört hatten, denen man nach der Liebe die Kehle durchschnitt, beherbergten den übelsten Abschaum der Schöpfung. Denn dort hausten auch echte Kranke, Idioten, Halbverrückte und Ungeheuer wie Crête-de-Coq, der einen seltsamen Auswuchs auf der Stirn trug und dessen Anblick Angélique nicht ertragen konnte. Schließlich hatte Calembredaine den Unglücklichen hinausgeworfen.
     
    Eine Welt der Verdammten: Kinder, die nicht mehr wie Kinder aussahen, Frauen, die sich den Männern einfach auf dem mit Stroh bedeckten Boden hingaben, Greise und Greisinnen mit dem leeren Blick von Hunden, die sich verlaufen haben; und doch herrschte in dieser Menge eine gelassene, zufriedene Stimmung, die nicht vorgetäuscht war.
    Das Elend ist nur unerträglich, wenn es vollständig ist, vor allem für diejenigen, die noch Vergleiche anstellen können. Doch die Menschen am Hof der Wunder hatten keine Vergangenheit und keine Zukunft, an der sie ihre Gegenwart hätten messen können.
    Viele gesunde, aber faule Burschen gaben sich dem Müßiggang hin und fraßen sich fett. Hunger und Kälte, das war etwas für die Schwachen, die daran gewöhnt waren. Verbrechen und Bettelei waren die einzig wahre Arbeit. Die Unsicherheit, was morgen sein würde, beunruhigte niemanden. Was kümmerte einen die Zukunft? Der unschätzbar wertvolle Preis für diese Unsicherheit ist die Freiheit, das Recht, in der Sonne zu sitzen und Läuse zu knacken. Sollte er doch kommen, der Armenbüttel! Da konnten die großen Damen und ihre Priester so viele Hospize und Armenhäuser bauen, wie sie wollten … Trotz der Suppe, die sie dort
bekommen würden, setzten die Gauner nur unter Zwang einen Fuß dort hinein.
    Schließlich war Calembredaines Tafel berühmt, denn seine Handlanger besorgten an den besten Stellen Nachschub: Sie stahlen von den Lastkähnen auf der Seine, trieben sich in der Nähe von Schlachtereien herum oder überfielen Bauern, die auf dem Weg zum Markt waren.
     
    Als Angélique den großen Saal zum ersten Mal betrat, rief ihr Auftritt Schweigen und fast Erschrecken hervor. Ihre Schönheit, die gemächlichen Bewegungen, mit denen sie sich an den Tisch setzte, ohne einen Blick, ohne einen Gruß in die Runde … all das verwirrte die Menschen, die an Argwohn und Gefahr gewöhnt waren und ihre Rituale hatten.
     
    Doch sehr bald stellte sich heraus, dass die Neue ebenfalls ihre »Grillen« hatte, wie ein alter Mann, den man den Magister nannte, bemerkte.
    Ohne die Menschen um sie herum herablassend zu behandeln oder sich um die Völlerei zu scheren, die sie umgab, widmete sie ihre Aufmerksamkeit denen, die für die meisten von ihnen unwichtig waren, wenn es nicht gerade darum ging, mit ihnen zu handeln: den Kindern. Es waren Kinder von zwei bis drei Jahren, die man zum Betteln nach draußen schickte, kaum dass sie auf ihren Beinen stehen konnten.
    Mit dem Instinkt, den am Hof der Wunder unweigerlich jeder erwarb, versuchten sie, irgendeine Diebesbeute mitzubringen, und umklammerten, wenn sie in die Unterkunft zurückkamen, ungeschickt ein paar Karotten oder Sellerieknollen, die Größeren vielleicht einen kleinen Kohlkopf oder einen Salat, milde Gaben von Händlern, die voller Mitleid sahen, wie die zerlumpten kleinen Kinder auf
allen vieren unter ihrem Stand herumkrochen und nach essbaren Brocken suchten. »Hier, das soll deine Mutter in die Suppe tun …«, hieß es dann.
     
    Durch

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