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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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alten Bäumen hindurch, deren Wurzelböden mit braunem Moos bedeckt waren. Die Tiefe und Ursprünglichkeit des Waldes erinnerten sie an den von Niort – auch dies war ein seit undenklichen Zeiten unberührt gebliebenes Stück Natur, in dem sich höchstens einmal ein vereinzelter Jäger oder Wilderer herumtrieb, die Armbrust über der Schulter, oder auch ein Unterschlupf suchender Wegelagerer.
Erst Ludwig XIII. und der junge Ludwig XIV. hatten die alten druidischen Eichen aus ihrem jahrhundertelangen Schlaf gerissen. Der lebendige Hauch eines glanzvollen Hofs drang durch den stagnierenden Dunst, und das Parfüm der Damen vermischte sich mit dem kräftigen Geruch der Blätter und Pilze. Das Gebell kam näher. Dem verfolgten Hirsch musste es gelungen sein, den Fluss zu durchqueren. Er gab sich nicht besiegt, so hart ihn auch die Hunde bedrängten. Von neuem ertönten die Hörner und rissen die Jagd mit sich fort. Angélique ritt langsam weiter, dann verhielt sie wieder. Das Geräusch der galoppierenden Pferde näherte sich. Sie verließ das schützende Dach der Bäume. Unter ihr öffnete sich ein sanftes, grünbewachsenes Tal, an dessen Ende die Tümpel eines Moors glitzerten. Ringsumher richtete der Wald seine finstere Schranke auf, aber auf der andern Seite war der von langen Streifenwolken durchzogene Himmel zu erblicken, von dem eine bleiche Sonne sanft herabstrahlte. Die nahende Dämmerung hüllte die Landschaft schon in Dunst, verwischte das tiefe Grün und Blau, mit dem der Sommer die Bäume schmückte. Zahllose vom Hügel herabsickernde Rinnsale bewahrten dem Tälchen seine Frische. Jäh verstärkte sich das Gebell der Meute, und ein in langen Sätzen dahinschießendes braunes Etwas wurde am Waldrand sichtbar. Es war der Hirsch, ein noch sehr junges Tier mit kaum gegabeltem Geweih. Einem weißen und fuchsroten Strome gleich, jagte die Masse der Hunde hinter ihm her. Dann brach ein Pferd aus dem Gebüsch hervor, auf dem eine Amazone in roter Reitjacke saß. Fast zu gleicher Zeit galoppierten aus allen Richtungen Reiter den Abhang hinunter, und von einem Augenblick zum andern war das idyllische Tälchen von einem barbarischen Lärm erfüllt, in dem sich das hartnäckige Bellen der Hunde, das Wiehern der Pferde, die Rufe der Jäger und das Geschmetter der Hörner, die das Halali bliesen, vermischten. Vor dem düsteren Hintergrund des Waldes boten die farbenfreudigen Gewänder der vornehmen Herren und Damen einen prächtigen Anblick, zumal die letzten Sonnenstrahlen die Stickereien, Degengehänge und Federbüsche eben noch einmal aufleuchten ließen. Dem Hirsch war es indes mit letzter Anstrengung gelungen, den höllischen Kreis zu durchbrechen. Eine Lücke nutzend, jagte er abermals dem schützenden Dickicht zu. Rufe der Enttäuschung wurden laut. Die schmutzbedeckten Hunde sammelten sich und nahmen die Verfolgung wieder auf. Angélique gab Ceres sanft die Sporen und ritt ihrerseits den Hügel hinunter. Der Augenblick schien ihr günstig, sich unter die Menge zu mischen.
»Es lohnt nicht, nachzusetzen«, ließ sich hinter ihr eine Stimme vernehmen. »Dem Tier bleiben nur noch ein paar Augenblicke. Überquert Ihr die Niederung, beschmutzt Ihr Euch unnütz bis über die Augen. Wenn ich Euch also raten darf, schöne Unbekannte, dann bleibt hier. Ich möchte wetten, dass die Knechte diese Lichtung nutzen, um die Hunde wieder zu koppeln. Und wir werden uns frisch und glatt dem König präsentieren können …«
Angélique wandte sich um. Sie kannte den Edelmann nicht, der da ein paar Schritte von ihr entfernt aufgetaucht war. Er hatte ein angenehmes Gesicht unter einer vollen, gepuderten Perücke und war äußerst sorgfältig gekleidet. Zur Begrüßung lüftete er seinen federbesetzten Hut.
»Der Teufel soll mich holen, wenn ich Euch je begegnet bin, Madame. Wär’ ich’s, hätte ich Euer Gesicht nicht vergessen.«
»Bei Hofe vielleicht?«
»Bei Hofe!« protestierte er entrüstet. »Dort lebe ich ja, Madame, dort lebe ich! Ich hätte Euch bemerken müssen! Nein, Madame, versucht nicht, mich zu täuschen. Ihr seid nie bei Hofe gewesen.«
»Doch, Monsieur.«
Nach kurzem Schweigen setzte sie hinzu: »Einmal …«
Er musste lachen.
»Einmal? Wie reizend.«
Seine Brauen zogen sich zusammen, während er überlegte.
»Wann denn? Beim letzten Ball? Nein, ausgeschlossen. Und selbst... Es ist undenkbar, aber ich möchte wetten, dass Ihr heute früh nicht beim Treffpunkt Fausse-Repose wart.«
»Ihr scheint hier alle Welt zu

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