Angriff der Monster
Mutter.
„Meine Mutter?“, sagte Jasper atemlos und blickte Stenka verständnislos an.
Stenka nickte. „Ja, deine Mutter war Schülerin hier. Eine sehr gute Schülerin.“
„Aber sie … sie … sie hat nie erwähnt …“ Wie betäubt starrte Jasper auf das Foto.
„Hast du dich nie gefragt, warum deine Mutter ihre Füße in eiskaltem Wasser badet?“
„Weil das gegen ihre schmerzenden Füße hilft“, antwortete Jasper.
In seinem Kopf ging es zu wie in einem Ameisenhaufen. Er war völlig verwirrt. Seine Mutter – hier? In Monstrum House?
„Natürlich haben wir damals nach dem Vorfall geglaubt, dass du in die Fußstapfen deiner Mutter treten würdest. Aber deine Mutter machte hier wahrhaftig deutlich weniger Ärger, als du ihn produzierst.“
Welcher Vorfall?, dachte Jasper. Aber Stenkas Gesicht war mehr als abweisend.
„Ich glaube, für heute hast du genug Informationen bekommen“, sagte Stenka nur, nahm ihm den Ordner ab und legte ihn zuück in die Schublade. „Und jetzt, denke ich, sollten wir uns wieder den Themen Entführung, Diebstahl und Einbruch widmen“, fuhr sie dann fort. „Ich hatte gesagt, dass jeder Gegenstand aus Lagerraum A zur Verfügung stände. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass ich Einbruch in die Küche und Diebstahl von Vorräten erwähnt hatte.“
Eigentlich hätte Jasper am liebsten gar nichts dazu gesagt, aber Stenka sah ihn mit einem bohrenden, abwartenden Blick an.
„Na ja, andererseits“, versuchte er es, „hatten Sie auch nie gesagt, dass wir nicht in die Küche dürften und Vorräte stehlen.“
Stenkas Gesicht verfärbte sich tiefrot und Jasper fragte sich, ob es nicht doch möglich sein konnte, dass jemandem die Augen rausfielen.
Einige Sekunden lang sagte Stenka gar nichts. Und dann tat sie genau das, wovor Jasper sich am meisten fürchtete: Sie lächelte.
„Gut gemacht“, sagte sie dann.
Waaa–? Wollte sie ihn auf die Schippe nehmen? War das nur die Einleitung dazu, dass sie ihn für immer mit einem Keulenheuler in den Keller sperren würde? Jasper wollte sich gar nicht ausmalen, was sie sich so alles für ihn ausgedacht hatte.
„Ich glaube, dir ist noch gar nicht klar, was du da heute gemacht hast. Niemand, wirklich niemand hat je die erste Prüfung bestanden. Und zwar seit es Monstrum House gibt“, erklärte Stenka. „Es ist überhaupt nicht vorgesehen , dass jemand das schafft. Wir haben euch eine unlösbare Aufgabe gestellt, damit ihr in Zukunft wisst, wie schwierig die Monsterjagd wirklich ist.“
Jasper war ganz durcheinander. Hieß das etwa, dass sie nicht wütend war?
„Stell dir mal vor, wie es wäre, wenn niemand Monster jagen würde“, sagte Stenka. „Stell dir das Chaos vor! Ihr Schüler hier – in der Welt draußen habt ihr den Ruf, eher schwierig zu sein – seid die einzige Hoffnung. Wir brauchen junge Leute, die mutig sind. Die bereit sind, etwas aufs Spiel zu setzen, um ans Ziel zu kommen. So wie du das heute getan hast. Junge Leute, die aufs Ganze gehen.“
Jasper konnte es nicht glauben. Sie lobte ihn wirklich. Dass würde ihm niemand glauben.
„Aber dennoch stellt sich natürlich nach wie vordie Frage nach einer angemessenen Strafe für die gebrochenen Regeln.“
Jasper war fast erleichtert. Das war schon eher die Stenka, die er kannte. Eine nette Stenka war nur sehr schwer zu ertragen.
„Beim Bestehen der Prüfung hast du eine ganze Reihe von Regeln verletzt.“ Sie machte eine kurze Pause. „Aber in Anbetracht der Tatsache, dass du ganz auf dich allein gestellt den Fresswetzer gefangen hast, dürfte eine eher leichte Bestrafung in diesem Fall ausreichen.“
Jasper nickte eifrig. Eine eher leichte Bestrafung – das klang gut.
Stenka seufzte. „Nach meiner Rechnung summieren sich die Strafpunkte für alle Regeln, die du heute gebrochen hast, auf mindestens 120. Glück für dich, dass ich noch nicht dazu gekommen bin, die Straftafel zu ändern. 120 Strafpunkte bedeuten, dass du den Strafparcours die nächsten sechs Nächte laufen wirst. Der Rest der Klasse wird denParcours auch sechs Nächte hintereinander laufen müssen, weil sie die Prüfung nicht bestanden haben. Du wirst sie dabei begleiten. Jetzt kannst du gehen.“
Jasper nickte und verließ leise Stenkas Büro. Er konnte es einfach nicht fassen, dass er so glimpflich davongekommen war. Und selbst obwohl er wusste, dass sechs Nächte Strafparcours hintereinander einen ganz schön fertigmachen konnten, musste er doch lächeln.
Schließlich
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