Angriff der Monster
Sogar Saffy war ratlos. Aber Felix blickte mit einem Gesichtsausdruck in die Nacht hinaus, als konzentrierte er sich auf etwas ganz Bestimmtes. Worüber dachte er nach?
„Wartet mal kurz“, sagte er. „Irgendwoher kenn ich das doch.“ Er schnipste aufgeregt mit den Fingern. „Ich hab das schon mal gehört.“
Jasper und Saffy sahen ihn gespannt an.
„Das ist ein Fresswetzer.“
„Ein Fress- was ?“, fragte Saffy, offensichtlich ziemlich verwirrt.
„Ein Fresswetzer!“, wiederholte Felix überzeugt. „Das ist die Lösung, glaubt mir: Ich schätze, ich hab uns eben eine schlaflose Nacht voller Bücherwälzen erspart.“ Er sah sehr zufrieden mit sich selbst aus.
„Aber woher kannst du … Wieso weißt du … Was macht dich so sicher?“, fragte Jasper. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, wie Felix das wissen konnte.
„Das ist aus einem Gedicht, das ich vor vielen Jahren gehört hab“, antwortete Felix. „Als ich ungefähr fünf Jahre alt war, kamen meine Brüder über die Ferien nach Hause. Dauernd versuchten sie, mir mit dem Fresswetzer Angst einzujagen. Dazu sagten sie immer dieses Gedicht auf. Es ist genau das gleiche wie in diesen Hinweisen hier, aber mit zwei Zeilen mehr. Die letzte Strophe geht eigentlich so: ‚Drückst du den richt’gen Knopf beizeit, ist’s Sandmännchen für mich nicht weit. Doch beim Fresswetzer zieh stets in Betracht: Die Zahl seiner Beine ist immer acht.‘ Dann rannten meine Brüder hinter mir her und spielten den Fresswetzer, der mich verschlingen wollte. Ich dachte damals, dass die sich das nur ausgedacht haben. Ich hätte nie geglaubt, dass es ihn wirklich gibt!“
„Muss wohl“, sagte Saffy. „Und wir werden ihn fangen. Felix – du bist einfach spitze!“
Jasper sah, dass Felix rot wurde.
„O. k., also ein Fress…wetzer“, sagte Jasper. „Und deine Brüder haben dir erzählt, er würde dich verschlingen. Es handelt sich also eindeutig um einen Mampfer“, schlussfolgerte er. Unweigerlich musste er schlucken. Nach ihrem Erlebnis mit der Fliege in Mentale Manipulation wollte er eigentlich nichts mehr mit einem Mampfer zu tun haben.
Felix zuckte mit den Schultern, sah aber auch nicht wirklich glücklich aus. „Stimmt wohl. Fress klingt schon so nach einem Mampfer.“ Felix’ Selbstsicherheit wich langsam ganz deutlich seiner Angst vor Monstern – und speziell dem Fresswetzer.
Saffy schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. „Ich kann es einfach nicht fassen, dass du dich nach so vielen Jahren an jedes Wort dieses gruseligen Gedichts erinnern kannst.“
„Ich kann mich an lauter solche Sachen erinnern“, sagte Felix. „Vor allem, wenn es um Monster geht.“ Er schauderte.
„Fantastisch“, bemerkte Saffy. „Also – wo finden wir diesen Fresswetzer?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Felix. „Ich kenne nur das Gedicht. Ich habe keinen Schimmer, wie er aussieht und wo wir ihn finden können. Also bereiten wir uns am besten schon mal drauf vor, die ganze nächste Woche den Strafparcours zu laufen.“
„Dabei fällt mir was ein“, sagte Jasper. „Ich hab doch 20 Strafpunkte.“ Seine Laune verschlechterte sich schlagartig. „Ich muss den Strafparcours heute Nacht schon einmal laufen. Ich haue jetzt also besser ab.“
„Pass auf den Fresswetzer auf“, rief ihm Saffy fröhlich nach. „Vielleicht haben sie ihn ja schon losgelassen.“
„Das finde ich gar nicht witzig“, sagte Felix und zog sein Asthmaspray aus der Tasche. Der Blick indie Dunkelheit außerhalb des Lichtkegels ließ ihn erschaudern. „Äh, können wir jetzt auch gehen?“ fragte er Saffy. „Ich bin ziemlich fertig – immerhin bin ich heute fast gestorben.“
Lustlos stapfte Jasper über den gefrorenen Boden zum Waldrand hinüber. Je weiter er sich vom Schulgelände entfernte, desto dunkler wurde es um ihn herum. Die Hinweise für ihre Prüfung geisterten ununterbrochen in seinem Kopf herum. Ich krabble und schleiche, ganz ohne Laut, drunten im Dunkeln, wohin keiner sich traut …
Und er stellte sich die Frage, ob man das Monster für die Prüfung wirklich schon freigelassen hatte. Was mochte da wohl so alles ohne Laut um ihn herum krabbeln und schleichen?
Jasper betrat jetzt den Wald und ging in Richtung der Laterne, die von einem Ast hing. Dies war der Startpunkt des Strafparcours. Der Kurs folgteeinem viel begangenen Pfad tief in den Wald hinein und dann zurück an den Waldrand, wo die Felder und weiten, gut einsehbaren Flächen rund um die Schule
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