Angstfalle
einer allein gar nicht anzustellen.«
»Egal«, murrte Trixi. »Ich möchte heute kurz weggehen. Kannst du mich vertreten?«
Käthe nickte, fragte aber nicht weiter nach dem Grund.
An diesem Tag kam keine Lieferung von Roland Berkes, obwohl Trixi auf Haarfärbemittel wartete. Aber er wollte sicher einen Streit vermeiden.
Trixi bemühte sich, auf die Gespräche der Kundinnen einzugehen, um sich abzulenken. Es war ein Samstag, also sehr viel zu tun. Zum Glück ließ der Betrieb in der Mittagszeit etwas nach. So konnte Trixi ruhigen Gewissens gehen. Sie eilte zur Bushaltestelle. Als sie in den Bus einstieg, glaubte sie, einen weißen Lieferwagen der Firma Internationaler Paketdienst zu sehen. Lauerte ihr Roland Berkes auf?
Am Gustav-Regler-Platz, wo sich die Stadtbibliothek befindet, stieg sie aus. Sie schaute sich um. Von Roland keine Spur. Sie hatte sich wohl getäuscht.
Sie näherte sich dem Gebäude aus grauem Stahl, Beton und Glas mit raschen Schritten, trat ein und passierte den schmalen Durchgang, der ins Reich der Bücher führte. Auf einem Zettel hatte sie sich den Standort der verfügbaren Titel zum Thema Stalking notiert. Sie fand das Regal auch sofort, nahm sich 3 Bücher heraus und ließ sich im Lese-Café im Erdgeschoss an einem freien Tisch nieder.
Sie schaute aus dem Fenster. Die Aussicht reichte bis zum großen Gustav-Regler-Platz, über dem das Bürgeramt wie eine gläserne Brücke schwebte. Seinen Ursprung hatte das futuristische Gebäude auf der kurzen Seite der Bibliothek und mündete in das neugotische Bauwerk des Rathauses von Saarbrücken.
Sie blätterte im ersten Buch und begann fasziniert zu lesen: »Am 1.1.2002 ist das so genannte Gewaltschutzgesetz in Kraft getreten. Danach erlässt das zuständige Gericht gem. § 1 Abs. 2 GewSchG auf Antrag des Opfers eine Eilschutzanordnung, wenn das Opfer glaubhaft macht, dass eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder eine Person widerrechtlich oder vorsätzlich in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Das Opfer sollte eine möglichst detaillierte Aufstellung der Belästigungen mit Orts- und Zeitangaben fertigen und die Angaben an Eides statt versichern. Es muss also nicht erst etwas passieren, bevor die Gerichte tätig werden. Es reicht schon die ernsthafte Drohung.«
Das war ja interessant. Wie oft hatte Trixi die Polizei schon informiert? Außer ausführlichen Erklärungen hatte Hollmann nichts getan und einfach behauptet, in ihrem Falle gäbe es nichts zu tun. Hier stand, dass eine ernsthafte Drohung ausreiche. Aber nein, ihr musste wohl doch erst etwas passieren. Gebannt las sie die Ausführungen. Doch leider schlug die Aufregung schnell in Ärger um, als sie auf das Kapitel stieß, dass prominenten Opfern, wie Oskar Lafontaine oder Monika Seles besondere Aufmerksamkeit zuteil wurde. In diesen beiden Fällen wurden Stalking-Forschungsgruppen hinzugerufen, um die Motivation der Täter besser nachvollziehen zu können.
Trixi sah aus dem Fenster und traute ihren Augen nicht: Dort stand Roland Berkes. Ihre Blicke trafen sich. Wartete er etwa auf sie?
Hastig konzentrierte sie sich auf ihr Buch, aber das wollte ihr nicht mehr gelingen. Wieder schaute sie hinaus.
Er war weg.
Sie stand auf und stellte sich direkt ans Fenster, um den großen Platz besser überblicken zu können. So sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte ihn nicht mehr entdecken.
War er wirklich verschwunden oder versteckte er sich vor ihr?
Sie kehrte an ihren Platz zurück.
Ein Zettel lag auf dem aufgeschlagenen Buch.
»Glaub bloß nicht, dass du ein Opfer bist! Du bist an allem selbst schuld!«
Erschrocken wich sie zurück. Also war Roland Berkes noch hier. Hastig eilte sie zum Ausgang, aber vergebens. Sie konnte ihn nirgends sehen. Es begann zu regnen und sie hatte keine Lust, ohne Schirm hinauszulaufen. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Also kehrte sie zurück. Enttäuscht beschloss Trixi wenigstens den Zettel als Beweismittel zu nutzen.
Das Buch lag noch an derselben Stelle. Aber der Zettel war weg.
»Haben Sie Probleme?«, fragte ein Mann.
»Ja«, antwortete Trixi hastig. »Jemand hat mir eine Drohung ins Buch gelegt.«
»Sind Sie
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