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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Welt aufzusuchen.

    Falkenhorst, die kleine Stadt, über der die Mauern der trutzigen Ordensburg grau und abweisend aufragten, lag verschlafen im Morgenlicht vor ihr. Sie hatte dort eigentlich am Abend zuvor eintreffen wollen, um einer weiteren frostigen Nacht im Freien zu entgehen, aber das war ihr nicht vergönnt gewesen. Stattdessen war sie noch vor Morgengrauen aufgestanden, steif und knochenkalt, und hatte sich wieder in den Sattel geschwungen. Obwohl sie nur etwas über vier Tagesritte vom sonnigen Sendra entfernt war, war es hier doch schon empfindlich kalt in den Nächten, so heiß es auch bei Tage sein mochte. Und Ida fror ohnehin leicht, da sie nun einmal kein nennenswertes Fettpolster vor der emporkriechenden Nachtkälte schützte.
    Sie ritt durch die friedliche Ortschaft und hielt nach einem offenen Gasthaus oder wenigstens einer Garküche und einem Badehaus Ausschau. Ihr Sinn stand nach einer schönen heißen Tasse Tee und einem ebensolchen Bad. Sie wollte keinesfalls über und über vom Staub der Reise bedeckt vor die gestrengen Augen des Hochmeisters der Ordensritter treten.
    Zwei erquickliche Stunden später schwang sie sich gestärkt und mit einem angenehm sauberen Gefühl unter ihrer zerdrückten Kleidung wieder in den Sattel und lenkte Nebel hinauf zur Burg. Der Torwächter schenkte ihr einen verächtlichen Blick, ließ sich aber, nachdem sie ihm ihren Namen genannt hatte, dazu herab, die kleine Pforte in dem riesigen, dunklen Tor für sie zu öffnen. Sie führte ihr Pferd am Zügel hinein und band es an einem Pfosten fest, während ein junger Ordensritter, den der Torwächter herbeigerufen hatte, geduldig auf sie wartete.
    »Ich werde nachhören, ob der Hochmeister Euch empfangen kann, edle Dame«, sagte er höflich. »Wenn Ihr so freundlich sein wollt, hier zu warten.« Er öffnete die Tür zu einer spartanisch eingerichteten Kammer, die augenscheinlich sonst einem Schreiber als Arbeitsstube diente. Ida dankte ihm und trat ein. War dieser große Orden wirklich so wenig auf Besucher eingerichtet, dass er sie in einem solchen Raum auf ihre Audienz warten lassen musste? Es war wohl eher so, dass sie allzu offensichtlich eine Gildenfrau war, die man sich lieber schnell aus den Augen schaffte.
    Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Sie wanderte unruhig durch die Kammer, nahm eines der herumliegenden Bücher zur Hand, das sich als langweilige Lektüre entpuppte, außer man mochte endlose Zahlenkolonnen, und nickte schließlich auf dem einzigen Hocker ein, schwer gegen die kalte Wand gelehnt.
    Als die Tür sich endlich wieder öffnete, schrak sie empor. Ein anderer Ritter, nicht der junge, der sie hierher geführt hatte, stand vor ihr und lächelte sie an.
    »Ihr müsst einen sehr schlechten Eindruck von unserer Gastfreundschaft bekommen haben«, sagte er entschuldigend, während er sie durch lange Gänge tiefer in die Burg führte. Sie blickte von der Seite in sein anziehend hässliches, wettergegerbtes Gesicht und überlegte, dass er wohl etwa im gleichen Alter sein mochte wie Simon.
    »Ich suche einen Ritter, Herrn Simon. Kennt Ihr ihn zufällig?«, fragte sie ihn spontan. Er antwortete ihr nicht, aber sie sah, dass seine Lider sich schmerzlich zusammenzogen. Er hielt vor einer Tür an und hob die Hand, um anzuklopfen.
    »Herein«, erklang es von drinnen.
    »Wenn Herr Gareth Euch entlassen hat, fragt nach mir, ich heiße Torben«, sagte der Ritter leise, bevor er ihr höflich die Tür öffnete und sie eintreten ließ.
    Das Gemach, das sie nun betrat, war zwar größer, aber beinahe genauso sparsam eingerichtet wie die Kammer, in der sie so lange gewartet hatte. Der Hochmeister stand am Fenster und streute Brotkrumen für eine gurrende Schar von Tauben hinaus auf das breite Sims. Er blickte noch einige Sekunden auf die eifrig pickende Schar und wandte sich dann mit sparsamen Bewegungen zu Ida um. Ohne Eile betrachtete er sie. Seine kühlen Augen zeigten keinerlei Regung, auch nicht die Verachtung, die der Torwächter so deutlich gezeigt hatte.
    Ida erwiderte ebenso kühl seine eingehende Musterung. Soviel sie wusste, war der edle Hochmeister des größten und ältesten Ritterordens ein Enkel des alten Hierarchen. Sie waren wahrhaftig miteinander verwandt, und das noch nicht einmal allzu entfernt, dachte sie gelinde erheitert.
    »Nehmt Platz«, sagte der graublonde Mann schließlich und wies einladend auf einen hochlehnigen Stuhl. Er selbst ließ sich hinter seinem Schreibtisch nieder und

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