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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sah sie abschätzend an. »Ihr seid die jüngste Tochter des Lords von Sendra, ist das richtig?«, fragte er mit einer angenehmen, hohen Stimme. Er griff nach einem filigranen Schmuckstück, das auf seiner weiß gekleideten Brust hing, und strich mit schlanken Fingern darüber. Ida erkannte den Zwilling des Anhängers, der ihrer Tante Ylenia gehörte.
    »Das stimmt. Ich bin Anida, Tochter von Lady Aurika.«
    Er nickte schwach, und ein unwilliges Zucken hob die Winkel seines schmalen Mundes. Er faltete die Hände zum Spitzgiebel und tippte sacht mit den Zeigefingern gegen seine Lippen. »Was kann ich für Euch tun, Anida, Tochter von Aurika?« Leiser Hohn klang in seiner gelassenen Stimme mit.
    Ida lächelte schwach und begann: »Herr Gareth, ich habe ein vielleicht etwas ungewöhnliches Anliegen. Ich suche einen Eurer Ritter, Simon, der vor Jahren der Erzieher meines Bruders gewesen ist.«
    Hochmeister Gareths Augen wurden noch ein wenig kälter. Er legte die Hände flach vor sich auf den Tisch und fixierte sie nicht allzu freundlich. »Ich denke nicht, dass ich ausgerechnet einer Gildenfrau Auskunft über einen meiner Ritter schuldig bin«, sagte er schroff. »Allerdings ist Herr Simon schon seit langem nicht mehr Mitglied dieses Ordens. Ihr seht, dass Eure Reise hierher leider ganz umsonst war.« Er stand auf und wartete. Ida begriff, dass die Audienz beendet war.
    »Ihr könnt mir nicht mitteilen, wo Simon sich jetzt aufhält?« Der Hochmeister schüttelte nur schweigend den Kopf und geleitete sie höflich, aber bestimmt zur Tür.
    Ida fand sich auf dem Gang wieder und fluchte lautlos und erbittert. Leise Schritte ließen sie sich zusammenreißen. Sie wandte sich zu dem hell gekleideten Ritter Torben um, der sie mit verschränkten Armen eigenartig reserviert anblickte, ehe er ihr mit einer höflichen Handbewegung bedeutete, ihm zu folgen.
    »Herr Gareth hat Euch nicht helfen können?«, fragte er nach längerem gespanntem Schweigen. Ida hob die Schultern und ließ sie resigniert wieder fallen. Torben presste die Lippen zusammen und blieb stumm, bis Ida ihr Pferd losgebunden hatte.
    »Lasst uns miteinander reden, vielleicht kann ich Euch weiterhelfen«, sagte er beinahe widerwillig. »Aber nicht hier. Heute Abend im ›Kleinen Nest‹. Die Grennach-Schenke am Markt«, setzte er hinzu, als er Idas fragende Miene sah. Er blickte sich um, ob jemand sie beobachtete, und trat einen Schritt näher an sie heran.
    »Seid Ihr die Jungfer, die Simon entehrt hat?«, fragte er gedämpft.
    Ida riss zuerst empört den Kopf hoch, begann dann aber, breit zu grinsen. »Nein, Herr Torben, die bin ich wohl nicht. Sehe ich so sehr nach einer entehrten Jungfer aus?«
    Der Ritter besaß den Anstand, beschämt die Augen niederzuschlagen. »Verzeiht, das war ungebührlich«, murmelte er.
    »Entschuldigt Euch nicht, Herr Torben. Bis heute Abend.«

    Ida führte die Stute durch die kleine Pforte hinaus und stieg in den Sattel. Vielleicht konnte dieser Ritter ihr wirklich weiterhelfen. Zumindest schien er über Simons Fehltritt informiert zu sein. Das gab ihr wieder ein wenig Hoffnung, nachdem der Hochmeister sie derart abgefertigt hatte.
    Bis zu ihrem Treffen mit Torben hatte sie genügend Zeit, sich in Falkenhorst umzusehen. Der mürrische Wirt des Gasthauses, bei dem sie sich einquartiert hatte, hatte ihr kurz angebunden den Weg zum Markt erklärt. Als sie durch die steilen Gassen und Sträßchen des Ortes streifte, bemerkte sie schnell, dass er sich die Mühe hätte sparen können. Der Markt war das Zentrum des Städtchens, und jeder Weg führte irgendwann dorthin. Sie aß einen Happen in einer blitzsauberen kleinen Garküche, die von einer hübschen braunhaarigen Grennach geführt wurde. Zum ersten Mal, seit sie in Falkenhorst eingetroffen war, fiel ihr auf, wie viele dieser kleinen Leute hier zu leben schienen. Sie fragte die Grennach danach, als sie die säuberlich geleerte Essschale abräumte.
    »Das hier ist altes Grennach-Land«, erwiderte die Wirtin freundlich, aber knapp. Sie wischte mit einem Lappen über den dunklen Steintisch und wandte sich geschäftig dem Nachbartisch zu. Ihr dichter, dunkelbrauner Schwanz streifte sanft an Idas Knöchel vorbei.
    Nichts in Falkenhorst schien auf die hier anwesenden Ordensritter hinzudeuten, allein die hoch aufragenden, abweisenden Mauern der Ordensburg bildeten eine beständige stumme Mahnung. In den Straßen des kleinen Ortes jedenfalls traten die Ritter nicht auffällig in Erscheinung. Ida

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