Ball der Vampire
Kapitel 1
Malerisch lag ich in den Armen des schönsten Mannes, den ich je gesehen hatte, doch er starrte mit leerem Blick auf mich herunter. »Denk an ... Brad Pitt«, flüsterte ich. Die dunkelbraunen Augen zeigten noch immer nicht das geringste Interesse.
Okay, kein guter Vorschlag.
Ich rief mir Claudes letzten Liebhaber ins Gedächtnis, den Rausschmeißer einer Striptease-Bar.
»Denk an Charles Bronson«, schlug ich vor. »Oder an, äh, Edward James Olmos.« Und schließlich wurde ich mit dem Auflodern eines heißglühenden Blicks in diesen von langen Wimpern umrahmten Augen belohnt.
Man hätte meinen können, jetzt würde Claude mir jeden Moment den langen, raschelnden Rock hochschieben, mir das tiefausgeschnittene Mieder herunterreißen und über mich herfallen, bis ich um Gnade flehte. Doch bedauerlicherweise - für mich und alle anderen Frauen in Louisiana - setzte Claude auf das andere Team. Vollbusige Blondinen entsprachen leider überhaupt nicht seinem Wunschtraum. Raubeinige, leicht grobe Männer mit Hang zum Grübeln und vielleicht noch einem Dreitagebart, das war es, was ihn anmachte.
»Maria-Star, geh mal hin und streich ihr das Haar zurück«, befahl Alfred Cumberland, der Fotograf, ein stämmiger Schwarzer mit graumeliertem Haar und Schnauzbart. Schnell trat Maria-Star Cooper vor die Kamera und arrangierte eine Strähne neu, die sich aus meinem langen, blonden Haar gelöst hatte. Ich lag zurückgelehnt in Claudes rechtem Arm und klammerte mich mit der (für die Kamera unsichtbaren) linken Hand verzweifelt am Rückenteil seines schwarzen Gehrocks fest, während mein rechter Arm sanft auf seiner linken Schulter ruhte. Seine linke Hand lag an meiner Taille. Ich glaube, die Pose sollte wohl andeuten, dass er mich zu Boden gleiten lässt, um sich gleich über mich herzumachen.
Zu dem schwarzen Gehrock trug Claude schwarze Kniehosen, weiße Strümpfe und ein weißes Rüschenhemd. Ich trug ein langes blaues Kleid mit bauschigem Rock und jeder Menge Unterröcken. Obenrum war das Kleid, wie schon erwähnt, ziemlich knapp, und die winzigen Ärmel hatten sie mir die Schultern hinuntergeschoben. Ich konnte von Glück sagen, dass es in dem Fotostudio einigermaßen warm war. Der große grelle Scheinwerfer, der aussah wie eine Satellitenschüssel, gab nicht so viel Hitze ab, wie ich erwartet hatte.
Al Cumberland drückte unablässig den Auslöser, während Claude mich mit glühenden Blicken anschmachtete. Ich tat mein Bestes und schmachtete glühend zurück. Mein Privatleben war in den letzten Wochen, na, sagen wir mal: unterkühlt gewesen, und deshalb war ich durchaus bereit, ein bisschen zu glühen. Eigentlich hätte ich auch nichts dagegen gehabt, in Flammen zu stehen.
Maria-Star, eine wunderschöne junge Frau mit hellbrauner Haut und lockigen schwarzen Haaren, stand mit einem riesigen Schminkkoffer, Pinselchen und Kämmen für Reparaturen in allerletzter Minute parat. Als Claude und ich vorhin im Fotostudio ankamen, war ich ziemlich überrascht gewesen, dass ich die junge Assistentin des Fotografen kannte. Ich hatte Maria-Star zuletzt vor ein paar Wochen gesehen, als der neue Leitwolf von Shreveport bestimmt wurde. Damals hatte ich allerdings kaum Gelegenheit gehabt, sie genauer zu betrachten, denn der Wettkampf der Leitwolfkandidaten war furchteinflößend und blutig gewesen. Heute war ich entspannter und sah, dass Maria-Star nach dem Unfall im Januar, als sie von einem Auto angefahren worden war, wieder vollständig genesen war. Bei Werwölfen heilen Wunden schnell.
Maria-Star erkannte mich ebenfalls, und ich war erleichtert, als sie zurücklächelte. Mein Ansehen beim Werwolfrudel von Shreveport hatte, gelinde gesagt, ziemlich gelitten. Ohne es eigentlich zu wollen und völlig ahnungslos, hatte ich mich auf Seiten des unterlegenen Leitwolfkandidaten wiedergefunden. Der Sohn dieses Kandidaten, Alcide Herveaux, den ich mal für sehr viel mehr als nur einen guten Freund gehalten habe, fühlte sich während des Wettkampfs von mir im Stich gelassen; und der neue Leitwolf Patrick Furnan wusste von meinen Verbindungen zur Familie Herveaux. Ich war überrascht, dass Maria-Star gutgelaunt mit mir plauderte, während sie mir in das Kostüm half und mein Haar bürstete. Sie trug mir mehr Make-up auf, als ich je in meinem Leben im Gesicht gehabt hatte, doch als ich in den Spiegel blickte, bedankte ich mich spontan bei ihr. Ich sah großartig aus, wenn auch ganz und gar nicht wie Sookie
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