Animal Tropical
Scheiße.
»Was ist passiert?«
»Oh, ich schäme mich so vor dir, Perrro Guan, huhu-huuu …«
»Aber was ist denn geschehen?«
»Bitte, geh ins Schlafzimmer, und hol mir etwas zum Anziehen, ein Hemd. Mir ist furchtbar kalt.«
Die Wohnung bestand nur aus einem kleinen Zimmer, das durch eine spanische Wand mit bunten Glasscheiben unterteilt wurde. Dahinter waren ein Bett und ein Wandschrank. Diese Raumabteilung nannte Kurt »das Schlafzimmer«. In einer Ecke führte eine kleine Tür zu einem verhältnismäßig großen, bequemen, sogar eleganten Bad. Alles war besudelt. Die Wanne lief über vor Scheiße und Wasser. Große Haufen schwammen darin. Von daher der Gestank. Ich sah in den Wandschrank. Darin war nichts. Leere Kleiderständer. Weder Kleidung noch Reisetaschen oder Schuhe. Nur ein paar Unterhosen, schmutzige Socken und ein Paar alte, ausgetretene Tennisschuhe. Einige Papiere, ein Adressbuch, eine Zahnbürste. Sogar die Laken hatte man mitgenommen. Zum Glück hatten sie eine Wolldecke dagelassen. Ich nahm sie, ging zu Kurt zurück und breitete die Decke über ihn.
»Kurt, da drinnen ist eine Riesenschweinerei, aber alles ist weg. Hat man dich überfallen?«
»O ja. Ich habe stundenlang in dem kalten Wasser gesessen. Ich glaube, ich habe Fieber.«
»Ganz sicher hast du Fieber.«
Kurt stank nach Scheiße. Offenbar hatte er ein Bad in der Scheiße genommen. Ich zog die Decke ein wenig fester um ihn. Von der Hüfte abwärts war er gelähmt. Völlig. Seine Arme, Hände und Finger konnte er unter großen Schwierigkeiten bewegen. Ich schaffte es, ihn auf dem Boden aufzurichten.
»Bring mir bitte meinen Rollstuhl.«
Sein Rollstuhl stand im Bad. Ich hob ihn auf und setzte ihn hinein, fest in seine Decke gewickelt. Er bat mich, einen Kaffee zu kochen. In einer Ecke des Zimmers standen ein kleiner Kühlschrank, ein Gasherd und ein Tisch mit drei Stühlen. Ich kochte Kaffee und servierte zwei Tassen. Kurt blickte betrübt zu Boden.
»He! Wach auf!«
»Schrei bitte nicht! Ich bin völlig mit den Nerven runter.«
»Trink den Kaffee und erklär mir, was, zum Teufel, hier los war.«
»Es war eine von der Straße … ohhh, was für Schweine … es tut mir so leid, Perrro Guan, aber ich sage die Wahrheit … ahhh …«
»Jetzt konzentrier dich bitte, Kurt. Trink den Kaffee, beruhige dich, und sag mir die Wahrheit. Ich kann dir helfen, aber du musst mir die Wahrheit sagen.«
»Ja, danke, sehr freundlich von dir. Danke. Ich habe sie gestern Nacht mit hierher genommen. Zwei Stricher, einen Mann und eine Frau. Sie gefielen mir sehr, das Mädchen und der Junge. Er sehr schwarz, sehr sexy, und sie eine Mulattin, auch sehr sexy. Wunderschön die beiden, und wir hatten Sex. Zu dritt, weißt du. Mehrere Stunden lang. Ich war völlig erschöpft, und dann haben sie mich in die Wanne mit heißem Wasser gesetzt und mir eine Massage verabreicht. Der Junge war sehr intelligent, sehr geschickt, massierte mich im Wasser und gab mir immer wieder Rum. Ich wollte nichts mehr trinken. Wir hatten viel getrunken, Pott geraucht, na, du weißt schon, von allem was. Aber er zwang mich fast, weiter zu trinken, und … na, dann bin ich im Wasser eingeschlafen. Ich weiß nicht, wie lange.«
»Vielleicht haben sie dir etwas in den Rum getan.«
»Ja, das glaube ich jetzt auch. Als ich wieder aufwachte, war das Wasser kalt, und ich fühlte mich völlig erfroren. Ich rief nach ihnen, aber sie antworteten nicht. O Perrro Guan, was für ein Mist. Ich bin in Panik geraten. Allein komme ich nicht aus der Badewanne, wie du weißt. Also schrie ich weiter. Ich schrie, bis ich heiser wurde, aber in diesem Kellergeschoss gibt es keine Nachbarn. Ich hatte furchtbare Angst und dachte, ich müsse jetzt auf so absurde, unnötige Art sterben. Ich habe große Angst zu sterben. Große Angst.«
»Aha, und vor Angst hast du in die Wanne gekackt?«
»Ja. Oh, ich schäme mich so vor dir. Aber ich habe keine Kontrolle über meinen Schließmuskel, weißt du.«
»Ruhig, ganz ruhig, ist ja alles vorbei.«
»Oje, oje. Na, jedenfalls, ich weiß nicht, wie, gelang es mir, mich hochzuziehen und mich über den Rand auf den Boden zu schwingen. Ich bin hinüber zum Telefon gekrochen und habe dich angerufen. Entschuldige bitte, aber nur deine Nummer kenne ich auswendig. Danke, dass du gekommen bist, danke, dass …«
»Schon gut, es reicht. Lass die Floskeln. Das Problem ist jetzt, was tun wir? Sie haben alles mitgenommen.«
»Auch meine Ausweise? Kreditkarten, Pass,
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