Animal Tropical
Ecken Kubas. Sie gehen zum Arzt, machen ein paar Geschäftchen, schachern, gehen anschaffen, verdienen sich ein paar Dollar, geben sie aus, übernachten ein paar Tage, verschwinden, dann kommen Neue. Es ist die Chaoswohnung. Musik, viel Musik. Bolero, Salsa, Rancheras. Wie sehr habe ich dich geliebt, und du hast mich verlassen. Wie war ich hinter dir her, und du zeigtest mir die kalte Schulter. Warum lässt du mich so leiden, mein Schahatz? Warum, warum, warum, mein Schatz? Immer Musik. Feliciano, Gloria Estefan, Luis Miguel, Mark Anthony, Ricky Martin, Ana Gabriel, La India, Rocío Dúrcal, Juan Luis Guerra. Und flaschenweise Rum. Und kein bisschen Geld. Das Geld kommt und geht. Und es kommt wieder und ist im Handumdrehen wieder futsch. Und Zigaretten. Qualm, Boleros, Rum. Und die Leute. Sie kommen und gehen, essen, scheißen, verstopfen das Klo, verbrauchen innerhalb einer halben Stunde das wenige Wasser, das am Morgen aus dem Hahn sickert. Den Rest des Tages gibt’s dann keinen Tropfen mehr. Familie, viel Familie, Weiße, Mulatten, Neger, hellhäutige Mischlinge mit hellen Augen, Chinesen, Indianer.
Es sieht so aus, als würde der Regen nicht nachlassen. Immerfort dringt er durch das Fenster ein. Ich schaue gerne zu, wie diese Tonnen Wasser auf Meer und Stadt niederpladdern.
Wie besessen fegt Gloria weiter aus. Die Armreifen klirren ununterbrochen. Ohne weiter nachzudenken, lehne ich mich über die Mauer und rufe: »Gloria, Gloria!« Sie hört mich nicht. Ich rufe weiter. Das Wasser ist eiskalt. Innerhalb weniger Minuten bin ich völlig durchnässt. Das Wasser trieft an mir herab zu den Füßen. Schließlich hört mich Gloria. Sie lehnt sich aus dem Fenster und schaut herauf. Ein Blick genügt, und wir wissen Bescheid. Ich grinse, und sie erwidert mit einem Kopfnicken. Vor Wasser triefend, gehe ich zur Treppenhaustür. Das Dachgeschoss hat seine Unabhängigkeit. Schon kommt Gloria herauf. Sie ist neunundzwanzig; ich fünfzig. Sie ist eine sehr schlanke Mulattin, schön dunkel, ein bisschen kleiner als ich, und hat schwarzes Haar fest wie Draht, dazu einen perfekten Körper mit winzigen Brüsten und nicht ein Quäntchen Fett. Sie ist wie eine Nervenfaser, zart, freundlich, wach, mit schneeweißen Zähnen, und bewegt sich beim Gehen zugleich gelassen und provokativ, den kleinen Arsch schön herausgestreckt. Sie ist eine durchtriebene Pflasterschwalbe aus Zentral-Havanna. Gloria hätte hier vor zweihundert Jahren leben können und wäre genau dieselbe gewesen. Vielleicht hätte sie Cecilia Valdés geheißen. Dieselbe Durchtriebenheit mit ganz eigener Moral. Ich mag sie sehr. Was mich am meisten anzieht, ist diese Art, frei zu sein. Wenn sie all die Erfindungen und Konventionen der Gesellschaft beim Leben stören, schiebt sie diese einfach beiseite. Ganz ruhig und gelassen. Sie packt den ganzen Haufen Hindernisse, teilt ihn und geht einfach weiter. Direkt auf ihr Ziel zu.
Vor drei Jahren haben wir angefangen zu spielen. Jetzt verlieren wir den Kopf. Es ist der Wahnsinn. Nicht nur Sex. Jeden Tag lieben wir uns mehr, kennen wir uns besser. Ich will einen Roman mit ihr als Protagonistin schreiben. Vielleicht mit dem Titel Mucho corazón – Viel Herz. Zum Glück erzählt sie mir alles. Bei mir hat sie keine Hemmungen.
»Pedro Juan, du spinnst.«
»Ich? Sieh mal einer an.«
»Mein ganzes Haus steht unter Wasser, Schätzchen. Drinnen schüttet es mehr als draußen.«
»Und deine Mutter? Ist sie krank oder was?«
»Ach …«
»Nix da ach. Soll sie mal ran, sich den Schrubber schnappen und das Wasser rausschieben.«
»Okay, okay, Schätzchen, schon gut. Hör schon auf.«
Zwei Minuten später liegen wir nackt auf dem Bett. Mit einer 69er-Übung wärmen wir uns auf. Ihre Möse riecht immer, hat einen ziemlich starken Geruch, keinen zarten. Sie ist Mulattin, riecht aber nach Negerin – supergeil. Ich kann mich nicht losreißen. Wir geben uns die Zunge wie die Teufel. Reinste Faser, völlig angespannt. Sie machte Gymnastik und tanzte viele Jahre im Palermo, der Wahnsinn. Als ich in sie eindringe, gerät sie völlig aus dem Häuschen. Sie sagt alles, was ihr in den Kopf kommt, und ich weiß nie, ob es Wahrheit ist oder Lüge. Sie weiß, dass ich auf Geschichten stehe, auf ihre Pornogeschichten. Sie hebt die Beine hoch in die Luft. Ich packe sie mit den Händen, und sie sagt zu mir: »Los, steck ihn ganz rein, Süßer, verdammt, mach mich schwanger, ja, genau so, dass es wehtut … wieso wird er dir bloß so groß?
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