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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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auseinander. Zwischen den einzelnen Hallen des stillgelegten Militärflughafens befindet sich nichts – nichts als heiße, im Sonnenlicht flirrende Luft, die sich schwer auf die sandige Ebene legt. Hitze, die alles Leben ausdörrt, und Sand, der in jede Ritze dringt und sie verschließt. Die alten Start- und Landebahnen sind versandet, genauso wie die ursprünglich angelegten Wege zwischen den vor Jahrzehnten erbauten schlichten Unterkünften. Der asphaltierte Platz, um den sich die Gebäude gruppierten, liegt ebenfalls unter einem dicken, weichen Sandteppich begraben. Das Einzige, was die graugelbe Tristesse aus Sand, Blech und Beton unterbricht, ist eine Gruppe von blühenden Feigenkakteen an der Vorderfront des großen Hangars gegenüber der Unterkünften.
    Dort ließ sich die Fliege nieder. Doch kaum hatte sie begonnen, mit ihren langen Beinen gemächlich den Staub von den Flügeln zu putzen, wurde die Wellblechtür des Hangars unsanft aufgerissen und krachte gegen die Wand.
    Rebecca Winslow, von uns allen nur Becky genannt, taumelte aus der Halle heraus. Die kurzen braunen Locken klebten ihr an der Stirn. Ihr Gesicht war kalkweiß, der Körper bebte. Ihr Schatten Robert, der hinter ihr aus der Halle trat, stützte sie. Das grelle Sonnenlicht, das ihr plötzlich in die Augen stach, nahm ihr für eine kurze Weile jede Sicht. Sie verlor die Orientierung, dann das Gleichgewicht und sank in den Staub. Robert packte sie mit eisenhartem Griff am linken Oberarm und versuchte wortlos, sie wieder hochzuziehen, doch sie wehrte sich energisch, fast hysterisch und spuckte in hohem Bogen ihren Mageninhalt heraus. Robert ließ sie sofort los und trat einen Schritt zurück, damit Becky nicht auf seine Schuhspitzen kotzte. Wie alle unsere Aufpasser trug er Zivilkleidung und zeichnete sich durch nichts auf den ersten Blick Auffälliges aus, außer vielleicht durch seine vollkommen ungerührte Haltung. Er rückte seine Sonnenbrille zurecht, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und betrachtete prüfend den strahlend blauen Himmel, als gäbe es tatsächlich Hoffnung auf eine kleine, die Sonne für Sekunden verdunkelnde Wolke.
    Als Becky nichts mehr im Magen hatte, was sie von sich geben konnte, und nur noch trocken würgte und hustete, trat Robert wieder an sie heran, packte sie wie vorher am Oberarm und schleifte sie mitleidlos über den großen Platz zu den Unterkünften.
    Ich hatte mich nicht eingemischt. Aus Erfahrung wusste ich, dass das besser war. Als die beiden an mir vorbeikamen, knurrte mich der Schatten an: »Kümmere dich um sie. Stell sie unter die Dusche, sie stinkt erbärmlich.« Abrupt ließ er Becky in den Staub fallen und stapfte ohne einen weiteren Blick hinüber ins Kasino, um sich die Hitze, den Sand und den Ekel mit ein oder zwei Bieren die Kehle runterzuspülen.
    Ich hievte die halb bewusstlose Becky hoch, schleifte sie zu den Baracken, stieß die Tür mit dem Fuß auf, schleppte Becky über die Schwelle durch den Flur in ihr Zimmer und legte sie auf ihr Bett. Ich setzte mich zu ihr und nahm sie beruhigend in die Arme.
    »Ist ja schon gut, schon gut, Kleines«, murmelte ich leise und strich ihr die Haare aus der Stirn. »Komm, wir gehen dich erst einmal waschen, kaltes Wasser wird dir guttun, außerdem stinkst du wirklich. Dann trinkst du etwas und erzählst mir, was los war.«
    »Ja, trinken, ich will trinken«, krächzte Becky. Sie löste sich aus meinen Armen und strauchelte zum Waschbecken. Sie drehte den Hahn auf, hielt ihren Kopf darunter und trank wie eine Verdurstende. Sie trank so hastig, dass sie sich verschluckte, husten musste und den Handrücken auf den Mund presste, weil sie fürchtete, sich noch einmal zu übergeben. Es dauerte einige Minuten, bis sie wieder ruhig atmen konnte. Becky nahm ein Handtuch, rubbelte über ihre nassen Haare und warf sich erschöpft auf den riesigen alten Ohrensessel, der neben dem Schreibtisch stand. Der Sessel war ihr einziges privates Möbelstück.
    Die Grundausstattung der relativ geräumigen Zimmer war bei uns allen gleich karg und phantasielos. Sie bestand aus einem Einzelbett, das den mangelnden Komfort einer Pritsche nicht überbot, einem dünn furnierten Schrank mit Doppeltür, einem unbequemen Stuhl und einem kleinen Schreibtisch, der von den meisten Frauen im Lager als Frisierkommode genutzt wurde. Es war uns allerdings erlaubt, die spartanische Ausstattung unserer Räumlichkeiten durch private Möbelstücke oder persönliche Gestaltungswut zu

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