Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
er hindurch passen. Er ist zwei Meter fünf und gebaut wie ein Ringer. Seine schwarzen Haare waren an den Seiten so kurz geschoren, dass die Ohren allein auf weiter Flur waren. Dolph gab nichts auf Mode. Sein Krawattenknoten saß fest unter dem weißen Hemdkragen. Er war sicher genau wie Zerbrowski aus dem Schlaf gerissen worden, aber er sah ordentlich, sauber und geschäftlich aus. Es spielte keine Rolle, zu welcher Uhrzeit man Dolph rief, er war immer bereit, seine Aufgabe zu erfüllen. Bulle bis auf die Knochen.
Warum leitete er dann die unbeliebteste Spezialeinheit von St. Louis? Als Strafe für irgendetwas, dessen war ich mir ziemlich sicher, aber ich hatte ihn nie danach gefragt. Wahrscheinlich würde ich auch nie fragen. Es war seine Angelegenheit. Wenn er meinte, ich sollte es wissen, würde er es mir erzählen.
Diese Einheit war ursprünglich als Friedensstifter für die Liberalen gedacht gewesen. Sehen Sie, wir tun etwas gegen übernatürliche Verbrechen. Aber Dolph hatte seine Aufgabe und seine Leute ernst genommen. In den vergangenen zwei Jahren hatten sie mehr Fälle gelöst als jede andere Polizeiabteilung im Land. Man hatte ihn gebeten, in anderen Bezirken Vorträge zu halten. Er war sogar zweimal an Nachbarstaaten ausgeliehen worden.
»Gut, Anita, fangen wir an.« Das ist Dolph: keine Vorreden. »Mensch, Dolph, ich freue mich auch, Sie zu sehen.« Er sah mich kurz an.
»Gut, gut.« Er kniete sich auf der anderen Seite der Leiche hin, sodass ich ihm ungehindert alles zeigen konnte. Es geht nichts über Anschauungsmaterial, wenn man seine Ansicht durchsetzen will. »Beim Ausmessen zeigt sich, dass wenigstens drei Vampire an dem Mann gesaugt haben.«
»Aber?« Er ist fix. »Aber ich meine, dass jede Wunde von einem anderen Vampir stammt.« »Vampire jagen nicht im Rudel.« »Gewöhnlich jagen sie allein, aber nicht immer.« »Was bringt sie dazu, es im Rudel zu tun?«, fragte er.
»Bisher bin ich nur auf zwei Gründe gestoßen: Entweder bringt ein alter Vampir einem frischen bei, wie's geht, aber das würde nur zwei Paar Reißzähne bedeuten; oder ein Meistervampir führt sie, der bösartig geworden ist.« »Erklären Sie's.«
»Ein Meistervampir hat fast vollkommene Kontrolle über seine Herde. Manche benutzen einen Gruppenmord, um die Gemeinschaft zusammenzuschweißen. Aber dann würden sie die Leiche nicht hier ablegen. Sie würden sie irgendwo verstecken, wo die Polizei sie niemals fände.«
»Aber die Leiche liegt hier«, sagte Zerbrowski, »wo sie jeder sehen kann.«
»Genau. Nur ein Meister, der wahnsinnig geworden ist, würde so etwas tun. Bisher hat kaum einer eine Tötung so zur Schau gestellt, nicht einmal vor der Legalisierung des Vampirismus. Das zieht Aufmerksamkeit auf sich, besonders von denen, die einen Holzpflock in der einen und ein Kreuz in der anderen Hand halten. Immerhin können wir, wenn wir die Spur bis zu den Tätern verfolgen, ein Todesurteil bekommen und sie umbringen.« Ich schüttelte den Kopf. »Ein Blutbad wie dieses ist schlecht fürs Geschäft, und welche Eigenschaften Vampire auch sonst noch besitzen, praktisch veranlagt sind sie auf jeden Fall. Man bleibt nicht jahrhundertelang unentdeckt und am Leben, wenn man nicht besonnen und skrupellos ist.«
»Warum skrupellos?«, fragte Dolph.
Ich blickte zu ihm auf. »Weil auch das äußerst praktisch ist. Jemand entdeckt dein Geheimnis, dann tötest du ihn oder du machst ihn zu deinem ... Abhängigen. Geschickte Geschäftspraktiken, Dolph, weiter nichts.«
»Wie bei den Banden«, sagte Zerbrowski. »Genau.« »Und wenn sie in Panik geraten sind?«, schlug Zerbrowski vor. »Es war fast Morgen.« »Wann hat die Frau den Toten gefunden?« Dolph schaute in sein Notizbuch. »Halb sechs.«
»Das sind noch Stunden bis zum Hellwerden. Sie waren nicht in Panik.« »Wenn wir es mit einem verrückten Meistervampir zu tun haben, was bedeutet das im Einzelnen?«
»Das heißt, dass sie in kürzeren Abständen noch mehr Leute umbringen werden. Möglich, dass die fünf Vampire jede Nacht Blut brauchen, um sich zu sättigen.« »Pro Nacht eine frische Leiche?«, fragte Zerbrowski noch einmal ausdrücklich. Ich nickte nur. »Oh Gott.« »Ja.«
Dolph schwieg und blickte auf den Toten. »Was können wir tun?« »Ich könnte den Toten erwecken.«
»Ich dachte, bei einem Vampiropfer geht das nicht«, mein te Dolph. »Wenn der Tote als Vampir auferstehen soll, dann
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