Anita Blake 04 - Giergige Schatten
du ihr Verlangen riechen kannst. Genauso kann ich deins riechen. Du begehrst sie so sehr, dass« - Richard stieß ein bitteres Lachen aus - »man es schmecken kann.«
»Und Sie, Monsieur Zeeman, Sie begehren sie nicht?« »Hören Sie auf, so zu reden, als wäre ich nicht da«, verlangte ich.
»Anita hat mich um eine Verabredung gebeten, und ich habe ja gesagt.« »Ist das wahr, ma petite?« Er war sehr leise geworden. Was noch unheimlicher war als sein Zorn. Ich wollte nein sagen, aber eine Lüge würde er spüren. »Es stimmt. Was ist dabei?«
Schweigen. Er stand nur still da. Wenn ich ihn nicht direkt vor Augen gehabt hätte, ich hätte seine Anwesenheit nicht bemerkt. Die Toten machen kein Geräusch.
Mein Piepser ging an. Richard und ich fuhren zusammen wie angeschossen. Jean-Claude blieb unbewegt, als habe er nichts gehört. Ich drückte auf den Knopf, und die Nummer leuchtete auf. Ich musste stöhnen.
»Wer ist es?«, fragte Richard. Er legte mir eine Hand auf die Schulter.
»Die Polizei. Ich muss zu einem Telefon.« Ich lehnte mich an Richards Brust. Er drückte sacht meine Schulter, während ich den Vampir vor mir anstarrte. Würde Jean-Claude ihm etwas tun, sobald ich fort war? Ich war mir nicht sicher.
»Trägst du ein Kreuz bei dir?« Ich gab mir keine Mühe zu flüstern, Jean-Claude hätte es ohnehin gehört. »Nein.«
Ich drehte mich halb herum. »Nein! Du bist im Dunkeln ohne Kreuz unterwegs?« Er zuckte die Achseln. »Ich bin ein Gestaltwandler. Ich kann auf mich aufpassen.« Ich schüttelte den Kopf. »Dass sie dir ein Mal die Kehle aufgerissen haben, war nicht genug?« »Ich lebe noch«, sagte er.
»Ich weiß, bei dir verheilt fast jede Wunde, aber um Himmels willen, Richard, eben auch nicht jede.« Ich fing an, mein Kreuz aus der Bluse hervorzuziehen. »Du kannst meins geliehen haben.«
»Ist das echtes Silber?«, fragte Richard. »Ja,« »Ich kann es nicht nehmen. Ich reagiere darauf allergisch, das weißt du.«
Ach. Wie dumm von mir. Ein Experte in übernatürlicher Biologie, der einem Lykanthropen Silber anbietet. Ich stopfte mir die Kette wieder in den Ausschnitt.
»Er ist genauso wenig ein Mensch wie ich, ma petite.«
»Ich bin wenigstens nicht tot.« »Dem lässt sich abhelfen.« »Aufhören, alle beide.« »Hast du schon ihr Schlafzimmer gesehen, Richard? Ihre Stoffpinguine?«
Ich holte tief Luft und atmete langsam aus. Ich würde mich nicht dazu hinreißen lassen zu erklären, wie es Jean-Claude gelungen war, mein Schlafzimmer zu sehen. Musste ich erst ausdrücklich sagen, dass ich nicht mit einem wandelnden Toten ins Bett ging?
»Du versuchst, mich eifersüchtig zu machen, aber es funktioniert nicht«, erwiderte Richard.
»Aber da nagt ein Zweifel in dir, Richard. Ich weiß es. Du bist das Geschöpf, das ich rufen kann, mein Wolf, und ich weiß, dass du an ihr zweifelst.« »Ich zweifle nicht an Anita.« Doch da war eine Abwehrhaltung zu spüren, die mir gar nicht gefiel.
»Ich gehöre dir nicht, Jean-Claude«, sagte Richard. »Ich werde der nächste Anführer des Rudels sein. Ich komme und gehe, wohin es mir gefällt. Der Leitwolf hat den Befehl, dir zu gehorchen, zurückgezogen, nachdem ich deinetwegen fast umgebracht wurde.«
»Dein Anführer war höchst aufgebracht, weil du überlebt hast«, erwiderte Jean-Claude süß. »Warum sollte er Richards Tod wünschen?«, fragte ich. Jean-Claude sah an mir vorbei zu Richard. »Du hast ihr nicht erzählt, dass du in einem Kampf um die Nachfolge steckst?«
»Ich werde nicht gegen Marcus kämpfen.« »Dann wirst du sterben.«Jean-Claude ließ es wie selbstverständlich klingen.
Mein Piepser meldete sich erneut. Dieselbe Nummer. »Ich bin unterwegs, Dolph«, murmelte ich. Ich sah Richard von der Seite an. In seinen Augen funkelte Zorn. Er hatte die Fäuste geballt. Ich stand nah genug bei ihm, um zu spüren, wie seine Anspannung stufenweise anstieg.
»Was geht hier vor, Richard?« Er schüttelte kurz den Kopf. »Meine Sache, nicht deine.« »Wenn dich jemand bedroht, ist es meine Sache.« Er blickte auf mich runter. »Nein, du bist keine von uns. Ich will dich nicht hineinziehen.« »Ich kann auf mich aufpassen, Richard.«
Er schüttelte nur den Kopf.
»Marcus möchte Sie hineinziehen, ma petite. Aber Richard lehnt das ab. Das ist zwischen ihnen ein, äh, Zankapfel. Einer von vielen.« »Wieso wissen Sie so viel darüber?«, fragte ich. »Wir Anführer der übernatürlichen Gemeinde müssen miteinander zurechtkommen. Zu unser
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