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Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Anita Blake 04 - Giergige Schatten

Titel: Anita Blake 04 - Giergige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Kälte zusammen. Die hohen Absätze der Frauen knallten dramatisch auf dem Pflaster. Ihr Gelächter war zu hoch, zu schrill. Ein erster Abend zu viert, der gelungen war, fürs Erste. Vielleicht waren sie aber auch alle schrecklich verliebt und ich in gehässiger Stimmung. Vielleicht.
    Die vier teilten sich wie Wasser um einen Stein und gaben eine Frau frei. Hinter ihr kamen die Paare unbekümmert wieder zusammen, als hätten sie sie nicht wahrgenommen. Was vermutlich zutraf.
    Jetzt fühlte ich es, eine schwache Regung in der kalten Luft. Eine, die nicht der Wind erzeugte. Die Frau gab vor, unsichtbar zu sein. Bis die Paare sie bemerkt hatten, ohne sie wirklich wahrzunehmen, war sie mir auch nicht aufgefallen. Das hieß, sie war gut. Sehr, sehr gut.
    Sie stand unter der letzten Straßenlampe. Ihr Haar war buttergelb und voller Locken. Länger als meine, fast hüftlang. Der Mantel, den sie bis oben zugeknöpft hatte, war schwarz. Schwarz war für sie zu hart. Es machte sie blass, trotz des Make-ups.
    Sie stand mitten auf dem Bürgersteig, wie arrogant. Sie war etwa so groß wie ich, also körperlich nicht beeindruckend. Warum stand sie also da, als könnte nichts auf der Welt ihr etwas anhaben? Für diese Zuversicht gibt es nur drei Gründe: Man hat eine Maschinenpistole, man ist hoffnungslos dumm, oder man ist ein Vampir. Ich sah keine Maschinenpistole, und sie wirkte nicht dumm. Sie sah aus wie ein Vampir, jetzt wo ich wusste, was ich vor mir hatte. Sie war gut geschminkt. Fast sah sie damit lebendig aus. Fast.
    Sie bemerkte, dass ich sie beobachtete. Sie starrte zurück, versuchte meinen Blick einzufangen, aber bei diesem Spiel war ich ein alter Hase. In jemandes Gesicht und dabei nicht in die Augen zu sehen ist ein Trick, der mit der Zeit immer leichter fällt. Sie zog die Brauen zusammen. Gefiel ihr nicht, dass ihre Augen nicht wirkten.
    Ich stand drei Schritte von ihr entfernt. Breitbeinig und so stabil, wie man auf hohen Absätzen stehen kann. Die Hände hatte ich schon aus den Manteltaschen, bereit, nach der Pistole zu greifen, wenn es sein musste.
    Ihre Macht kroch mir über die Haut wie tastende Finger, die eine schwache Stelle suchen. Sie war sehr gut, aber nur wenig über hundert. Dieses Alter reichte nicht, um mir die Sinne zu vernebeln. Jeder Animator besaß eine gewisse Unempfindlichkeit gegen Vampire. Ich offenbar eine höhere als andere.
    Die Konzentration machte ihr hübsches Gesicht puppenhaft leer. Ihre Hand schnellte in die Luft, als wollte sie etwas auf mich werfen. Ich zuckte zurück, und ihre Kraft traf mich wie eine unsichtbare Welle. Ich taumelte.
    Ich zog die Waffe. Sie versuchte nicht, mich anzuspringen, sie konzentrierte sich darauf, mich zu beeinflussen. Sie war mindestens zweihundert Jahre alt. Ich hatte mich um ein Jahrhundert verschätzt. Solche Fehler passieren mir nicht oft. Ihre Kräfte waren mir auf die Haut geklatscht wie kleine Schlaghölzer, aber sie erfassten nicht meinen Verstand. Ich war fast so überrascht wie sie, als die Mündung auf sie zeigte. Es war zu leicht gewesen.
    »He, Sie«, rief jemand hinter mir. »Werfen Sie die Waffe weg!« Ein Polizist, wenn ich ihn am dringendsten brauchte. Ich richtete den Lauf auf den Gehweg.
    »Legen Sie die Waffe auf den Boden, sofort«, knurrte er schon ungehaltener, und ohne mich umzudrehen, wusste ich, dass er seinen Revolver gezogen hatte. Polizisten nehmen Waffen sehr ernst. Ich streckte die Browning seitlich von mir weg und die linke Hand in die Höhe, dann bückte ich mich, um sie sacht auf den Boden zu legen.
    »Ich kann die Störung nicht gebrauchen«, sagte die Vampirfrau. Ich sah sie von unten herauf an, während ich mich aufrichtete, langsam, die Hände auf dem Kopf, die Finger verschränkt. Vielleicht bekam ich Punkte, weil ich die Übung beherrschte. Sie blickte an mir vorbei den näher kommenden Polizisten an. Es war kein freundlicher Blick.
    »Tun Sie ihm nichts«, sagte ich.
    Sie schoss mir einen Blick zu. »Uns ist nicht gestattet, die Polizei anzugreifen.« Ihre Stimme war reich an Spott. »Ich kenne die Regeln.«
    Ich wollte sagen: »Welche Regeln?«, aber ich schwieg. Es war eine gute Regel. Mit der der Polizist leben konnte. Natürlich war ich kein Polizist, und ich konnte wetten, dass die Regel nicht für mich galt.
    Der Polizist kam seitlich in mein Blickfeld. Seine Waffe zeigte auf mich. Er trat die Browning außer Reichweite. Ich sah, wie sie gegen die Hauswand prallte. Eine Hand stieß mir in den Rücken und

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