Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Frau. Ihr könnt ihr vertrauen.
Sorgt dafür, dass ich ohne großes Aufsehen beerdigt werde. An meiner Bestattung dürfen nur sowenig Menschen, wie möglich teilnehmen. Kein Zeichen soll zeigen, wo ich liege. Bestattet mich ohne Feuer. Findet eine abgelegen Stelle. Sagt unseren Gefährten nichts von meinem Tod. Wenn wir uns im Jenseits wieder treffen, werden sie es verstehen.
Jetzt bleibt also nur noch diese eine Frage. Guter, lieber Theodus! Werdet Ihr das für mich tun?
Wie auch immer Ihr Euch entscheidet, lebt wohl.
Das Böse im Auge, das Gute im Sinn,
Euer Freund,
Ankwin.
Theodus hatte die letzten Zeilen beinahe nicht mehr lesen können. Seine Hände zitterten und die Tränen waren ihm in die Augen gestiegen. Er ließ seinen Kopf auf seine Arme sinken und weinte.
***
Er wusste nicht, wie lange er so gesessen hatte. Theodus musste wieder eingeschlafen sein. Er richtete sich auf und atmete tief durch die Nase ein. Seine Augen brannten, als hätte er Tage lang geweint. Lange massierte er seine Augäpfel durch die Lider hindurch, dann verharrte er einen Moment mit den Händen auf dem Gesicht. Das Klingeln der heiligen Muschel in seinen Ohren hallte nur noch leicht nach.
Theodus versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Ankwin war damals einfach gegangen. Keinem seiner Gefährten hatte er eine Begründung genannt. Bermeer, Garock, ja sogar Lavielle und natürlich er selbst waren völlig ahnungslos und zutiefst verletzt zurückgeblieben.
Sie hatten damals nach dem Prozess noch viele Jahre zusammen gegen das Böse gekämpft, oft verloren und öfter gewonnen. Viele Ehrentitel waren ihnen zu teil geworden, Könige standen heute noch in ihrer Schuld und ganze Völker waren ihnen zu Dank verpflichtet.
Sie hatten gemeinsam unzählige Abenteuer bestanden. Jeder verdankte jedem auf irgendeine Weise sein Leben. Jeder vertraute dem anderen blind. Sie hatten alles geteilt und sich in- und auswendig gekannt – bis zu jener Nacht vor so vielen Jahren.
Lavielle hatte eine Verschwörung in ihrem Orden aufgedeckt. Es handelte sich um Anhänger des Menschenschinders. Sie waren nicht sehr groß an Zahl aber an allen Ecken des Ordens verteilt.
Bermeer war es auf seine schier unbeschreibliche Art gelungen, bei einem Verhör Informationen über einen Unterschlupf der Hexer herauszufinden. Schnell hatten sie das Dorf ausgemacht und das Haus abgeriegelt. Sie hatten das Gebäude zu stürmen versucht, dann war ein Brand ausgebrochen.
Am nächsten Morgen war dann klar geworden, dass keiner der Bewohner überlebt hatte. Sie waren alle stumm vor Betroffenheit gewesen, denn in den rauchenden Trümmern fanden sich viele Kinderleichen – Menschenopfer der Sekte.
Kurz darauf hatte Ankwin ihnen seinen Beschluss zum Gehen eröffnet. Alle waren wie gelähmt gewesen. Innerhalb weniger Monate war die Gruppe dann gänzlich zerfallen.
Jeder von ihnen hatte damals gerätselt, was Ankwin zu diesem Schritt bewogen haben mochte. War er das unstete Leben leid? War er in Lavielle verliebt gewesen, wie es viele vermutet hatten und er hatte begriffen, dass sie ihre Keuschheit und somit ihren Orden niemals aufgeben würde? Hatte man ihn unter Druck gesetzt – Ankwin, den Edlen und Unbestechlichen? Oder war er einfach nur des Jagens und Tötens müde, ein geborener Jäger und Krieger? Keiner hatte seit damals auch nur den Ansatz einer Antwort gefunden.
Bermeer war dann als Nächster gegangen. Er hatte damals gemeint, ein paar Alleingänge täten ihm ganz gut.
Theodus selbst war nach einem guten Angebot der Universität schließlich Lehrmeister der Magie geworden. Er hatte damals sogar Aussichten auf den Posten des ehrenwerten Vorsitzenden.
Lavielle konzentrierte sich wieder auf die Arbeit in ihrem Orden und Garock, der eigentlich kein zu Hause mehr hatte, stellte seine Dienste ebenfalls den Heilern zu Verfügung.
Theodus folgte seinen Erinnerungen wie ein Jagdhund einer Fährte. Von Bermeer hatte er nur aus Berichten anderer noch ein paar Mal gehört, dass er wohl ein mehr oder weniger glückloser Gaukler sei. Lavielle und Garock hatten die Stadt schließlich verlassen, weil Lavielle irgendwo weit weg ein Kloster leiten sollte – Schku ... Schka ...- er kam nicht auf den Namen. Ihre Karriere war auf einmal nicht mehr so wie erwartet gelaufen. Sie hätte oberste Priesterin werden können, so wie er ehrenwerter Vorsitzender, doch seit damals lief alles wie verhext.
Die Gruppe war zerbrochen und keiner von ihnen hatte sein Glück gefunden. Er wollte
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