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Anna Karenina

Anna Karenina

Titel: Anna Karenina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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eingehändigt hatte.
    »Ich habe gehört, daß er auch nach dem Kriegsschauplatze abgehen werde; aber ich wußte nicht, wann. Also mit
    diesem Zuge?«
    »Ja, ich habe ihn gesehen. Er ist hier. Nur seine Mutter gibt ihm das Geleite und fährt eine Strecke mit ihm.
    Das ist jedenfalls das beste, was er tun konnte.«
    »Ja, gewiß, selbstverständlich.«
    Während sie sprachen, drängte die Menge an ihnen vorüber dem Tische zu, wo zu Mittag gegessen wurde. Sie
    schlossen sich dieser Bewegung an und hörten bald die laute Stimme eines Herrn, der, ein Glas Wein in der Hand,
    eine Ansprache an die Freiwilligen richtete. »Ihr sollt kämpfen für den Glauben, für die Menschlichkeit, für unsere
    Brüder«, sagte der Herr, indem er seine Stimme immer mehr erhob. »Zu eurem Kampfe für die große Sache gibt euch
    unser Mütterchen Moskau ihren Segen. Zivio!« schloß er laut und vor Rührung beinah weinend.
    Alle riefen Zivio. Ein neuer Menschenstrom drängte in den Saal hinein und hätte die Fürstin beinah
    umgestoßen.
    »Nun, Fürstin, was sagen Sie dazu?« sagte Stepan Arkadjewitsch, der auf einmal mitten in der Menge auftauchte,
    mit freudestrahlendem Lächeln. »Nicht wahr? Das war wundervoll gesprochen, und mit welcher Wärme! Bravo! Sie auch
    da, Sergei Iwanowitsch! Wissen Sie, Sie sollten auch etwas sagen, nur so ein paar Worte, wissen Sie, zur
    Ermunterung; Sie verstehen das so wunderschön«, fügte er mit einem zärtlichen, achtungsvollen, feinen Lächeln hinzu
    und schob Sergei Iwanowitsch leise am Arm.
    »Nein, ich fahre gleich ab.«
    »Wohin denn?«
    »Aufs Land zu meinem Bruder«, antwortete Sergei Iwanowitsch.
    »Da werden Sie auch meine Frau treffen. Ich habe an sie geschrieben; aber Sie werden sie vorher zu sehen
    bekommen; bitte, sagen Sie ihr doch, daß Sie mich gesehen haben, und ich hätte gesagt: all right. Das wird sie
    schon verstehen. Und dann seien Sie doch so gut und sagen Sie ihr, ich hätte jetzt meine Ernennung zum
    Komiteemitglied der Vereinigten ... na, sie wird es schon verstehen! Wissen Sie, das sind so les petites misères de
    la vie humaine 1 «, fügte er, zur Fürstin gewendet,
    gleichsam sich entschuldigend, hinzu. »Und die Mjachkaja, nicht Lisa, sondern Bibiche, schickt auch tausend Gewehre
    und zwölf Barmherzige Schwestern hin. Habe ich Ihnen das schon er zählt?«
    »Ja, ich habe es schon gehört«, erwiderte Kosnüschew in etwas gezwungenem Tone.
    »Jammerschade, daß Sie wegfahren«, sagte Stepan Arkadjewitsch. »Morgen veranstalten wir ein Abschiedsessen für
    zwei ins Feld ziehende Freiwillige: für Diemer-Bartnjanski aus Petersburg und unsern Wasenka Weslowski. Die fahren
    beide hin. Weslowski hat sich vor kurzem verheiratet. Er ist ein tüchtiger Kerl! Nicht wahr, Fürstin?« wandte er
    sich an die Dame.
    Die Fürstin blickte, ohne ihm zu antworten, Kosnüschew an. Aber daß Sergei Iwanowitsch und die Fürstin ihn, wie
    es schien, loszuwerden wünschten, dadurch ließ sich Stepan Arkadjewitsch in keiner Weise in Verlegenheit setzen. Er
    blickte lächelnd bald nach der Feder auf dem Hute der Fürstin, bald zur Seite, als suche er sich auf etwas zu
    besinnen. Als er eine vorübergehende Dame mit einer Sammelbüchse bemerkte, rief er sie an und tat einen
    Fünfrubelschein hinein.
    »Solange ich Geld in der Tasche habe, kann ich diese Sammelbüchsen nicht ruhig mit ansehen«, bemerkte er dabei.
    »Aber was sagen Sie zu der heutigen Meldung? Forsche Kerle, diese Montenegriner!«
    »Was Sie sagen!« rief er, als die Fürstin ihm mitteilte, daß Wronski mit diesem Zuge fahre. Einen Augenblick
    drückte Stepan Arkadjewitschs Gesicht Betrübnis und Trauer aus; aber einen Augenblick darauf, als er, seinen
    Backenbart zurechtstreichend und mit seinem besonderen Gang bei jedem Schritt ein klein wenig aufhüpfend, in das
    Zimmer trat, in dem Wronski sich befand, da hatte Stepan Arkadjewitsch sein verzweifeltes Schluchzen bei der Leiche
    seiner Schwester bereits völlig vergessen und sah in Wronski nur den Helden und den alten Freund.
    »Trotz all seiner Schwächen muß man ihm doch Gerechtigkeit widerfahren lassen«, sagte die Fürstin zu Sergei
    Iwanowitsch, sobald Oblonski von ihnen weggegangen war. »Er ist eben eine echt russische, slawische Natur! Ich
    fürchte nur, daß es Wronski unangenehm sein wird, mit ihm zusammenzutreffen. Man mag sagen, was man will, mich
    rührt das Schicksal dieses Mannes. Sprechen Sie doch unterwegs mit ihm.«
    »Ja, vielleicht, wenn es sich so

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