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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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daß der Anblick seiner unbezwingbaren Freude seinen Klienten verletzen könne. Er bemerkte eine Motte, die vor seiner Nase vorbeiflog, und zuckte schon mit der Hand; aber aus achtungsvoller Rücksicht auf Alexei Alexandrowitschs Lage fing er sie nicht.
     
    »Obgleich mir unsere gesetzlichen Bestimmungen über diesen Gegenstand in den Hauptzügen bekannt sind«, fuhr Alexei Alexandrowitsch fort, »so würde ich doch wünschen, die Formen genauer kennenzulernen, in denen derartige Angelegenheiten in der Praxis erledigt werden.«
     
    »Sie wünschen also«, antwortete, ohne die Augen zu erheben, der Rechtsanwalt, dem es Vergnügen machte, auf den Ton seines Klienten einzugehen, »daß ich Ihnen die Wege darlege, auf denen die Erfüllung Ihres Wunsches möglich ist?«
     
    Und auf Alexei Alexandrowitschs bejahendes Kopfnicken fuhr er fort, indem er nur ab und zu einen flüchtigen Blick auf dessen Gesicht richtete, das sich mit roten Flecken bedeckt hatte.
     
    »Nach unseren Gesetzen«, begann er, und in seinem Tone lag eine leise Andeutung, daß er diese unsere Gesetze nicht billige, »ist eine Ehescheidung, wie Ihnen bekannt sein wird, in folgenden Fällen möglich ... Warten!« rief er dem Schreiber zu, der den Kopf durch die Tür hereinsteckte, stand aber trotzdem auf, sagte ein paar Worte zu ihm und setzte sich dann wieder hin. »In folgenden Fällen: körperliche Mängel der Ehegatten, ferner fünfjährige Abwesenheit ohne Benachrichtigung«, sagte er und bog einen seiner kurzen, mit Haaren bewachsenen Finger ein, »ferner Ehebruch« (dieses Wort sprach er mit sichtlichem Vergnügen aus). »Die Unterabteilungen sind folgende (er fuhr fort, seine dicken Finger einzubiegen, obgleich die Fälle offenbar nicht mit ihren Unterabteilungen wie Bestandteile derselben Klasse zusammengezählt werden konnten): körperliche Mängel des Mannes oder körperliche Mängel der Frau, ferner Ehebruch des Mannes oder Ehebruch der Frau.« Da er nun alle Finger verbraucht hatte, so bog er sie alle wieder gerade und fuhr fort: »Das ist die theoretische Anschauung; aber ich nehme an, daß Sie mir die Ehre, sich an mich zu wenden, deswegen erwiesen haben, um die praktische Anwendung kennenzulernen. Und daher muß ich Ihnen auf Grund meiner Kenntnis früherer Prozesse mitteilen, daß alle Fälle von Ehescheidungen auf folgende Vorbedingungen zurückzuführen sind: – körperliche Mängel kommen ja doch, soweit ich verstanden habe, nicht in Frage? Und ebensowenig Abwesenheit ohne Benachrichtigung?«
     
    Alexei Alexandrowitsch neigte bestätigend den Kopf.
     
    »... auf folgende Vorbedingungen zurückzuführen sind: Ehebruch eines der Gatten und Überführung des schuldigen Teiles auf Grund beiderseitiger Übereinkunft und zweitens in Ermangelung einer solchen Übereinkunft die zwangsweise Überführung. Ich muß dazu bemerken, daß dieser Fall in der Praxis nur selten vorkommt«, sagte der Rechtsanwalt, warf einen flüchtigen Blick auf Alexei Alexandrowitsch und schwieg dann, wie ein Pistolenhändler, der die Vorzüge der einen und der anderen Waffe auseinandergesetzt hat und nun abwartet, welche der Käufer wählen wird. Aber Alexei Alexandrowitsch schwieg, und daher fuhr der Rechtsanwalt fort: »Das Gewöhnlichste, Einfachste und Vernünftigste ist nach meinem Urteile Ehebruch auf Grund beiderseitiger Übereinkunft. Ich würde mir nicht erlauben, mich in dieser Weise auszudrücken, wenn ich mit einem Mann von geringer geistiger Entwickelung spräche; aber ich nehme an, daß Ihnen das Gesagte verständlich ist.«
     
    Alexei Alexandrowitsch war jedoch derart verstört, daß er die Vernünftigkeit des Ehebruchs auf Grund beiderseitiger Übereinkunft nicht sogleich zu verstehen vermochte, und diese Verständnislosigkeit gab sich in seinem Blicke zu erkennen; aber der Rechtsanwalt kam ihm sofort zu Hilfe:
     
    »Die betreffenden Ehegatten können nicht mehr miteinander leben; das ist die zugrunde liegende Tatsache. Und wenn über diese Tatsache beide einverstanden sind, werden die Einzelheiten und Formfragen gleichgültig. Zugleich ist dies das einfachste und zuverlässigste Mittel.«
     
    Alexei Alexandrowitsch hatte die Sache jetzt völlig verstanden. Aber er hatte gewisse religiöse Bedenken, die ihm die Anwendung dieses Mittels unmöglich machten.
     
    »Das kommt im vorliegenden Falle nicht in Frage«, erwiderte er. »Hier ist nur eine Möglichkeit: die zwangsweise Überführung mit Hilfe der in meinen Händen befindlichen

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