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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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Husarenoffiziere, Leute ohne alle Fachkenntnisse, angestellt werden: so schließe ich daraus, daß in solchen Fällen das Gehalt nicht nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, sondern geradezu nach persönlichen Rücksichten festgesetzt wird. Und da liegt ein Mißbrauch vor, der sowohl an und für sich seine ernste Bedeutung hat wie auch auf den Staatsdienst eine schädliche Rückwirkung ausübt. Ich bin der Ansicht ...«
     
    Stepan Arkadjewitsch beeilte sich, seinen Schwager zu unterbrechen.
     
    »Gewiß, aber du wirst doch zugeben müssen, daß hier ein neues, zweifellos nützliches Unternehmen ins Leben tritt. Das ist doch nicht zu leugnen: eine hochwichtige Tätigkeit! Es wird dabei besonderer Wert auf eine ehrliche Geschäftsführung gelegt«, sagte Stepan Arkadjewitsch mit starker Betonung des Eigenschaftswortes.
     
    Aber Alexei Alexandrowitsch kannte die Moskauer Bedeutung des Wortes »ehrlich« nicht.
     
    »Die Ehrlichkeit ist nur eine negative Eigenschaft«, erwiderte er.
     
    »Aber du würdest mir doch einen großen Gefallen tun«, sagte Stepan Arkadjewitsch, »wenn du bei Pomorski ein gutes Wort für mich einlegen wolltest. Nur so gelegentlich, gesprächsweise ...«
     
    »Ich möchte übrigens meinen, daß das mehr von Bolgarinow abhängt«, erwiderte Alexei Alexandrowitsch.
     
    »Bolgarinow ist seinerseits vollständig einverstanden«, versetzte Stepan Arkadjewitsch errötend.
     
    Stepan Arkadjewitsch errötete bei der Erwähnung Bolgarinows, weil er am Vormittage dieses Tages bei dem Juden Bolgarinow gewesen war und dieser Besuch ihm eine unangenehme Erinnerung hinterlassen hatte.
     
    Stepan Arkadjewitsch glaubte fest, daß das Institut, dem er seine Dienste widmen wollte, ein neues, hochwichtiges, ehrliches Institut sei; aber als ihn heute morgen Bolgarinow offenbar absichtlich zwei Stunden lang mit anderen Bittstellern im Wartezimmer hatte sitzen lassen, da war ihm die Sache auf einmal unbehaglich geworden.
     
    Ob es ihm nun unbehaglich gewesen war, daß er, Fürst Oblonski, ein Nachkomme Ruriks, zwei Stunden lang in dem Wartezimmer eines Juden warten mußte, oder daß er zum erstenmal in seinem Leben dem Vorbilde seiner Ahnen, nur dem Staate zu dienen, untreu wurde und eine andere Laufbahn einschlug: unbehaglich war es ihm jedenfalls gewesen, sehr unbehaglich. Während dieser zweistündigen Wartezeit bei Bolgarinow hatte Stepan Arkadjewitsch große Anstrengungen gemacht, das unangenehme Gefühl, das er empfand, vor anderen, ja vor sich selbst zu verbergen: er war munteren Schrittes, seinen Backenbart zurechtstreichend, im Wartezimmer auf und ab gegangen, hatte sich mit anderen Bittstellern in Gespräche eingelassen und über einen Wortwitz nachgedacht, den er demnächst über sein Warten bei einem Juden an geeigneter Stelle vorbringen wollte.
     
    Aber doch war ihm diese ganze Zeit über unbehaglich zumute gewesen, und er hatte sich geärgert, ohne selbst recht zu wissen warum: ob deshalb, weil er mit dem Wortwitz nicht ordentlich zurechtkommen konnte oder aus irgendeinem anderen Grunde. Nachdem ihn dann Bolgarinow endlich empfangen hatte, äußerlich mit ganz besonderer Höflichkeit, aber innerlich offenbar über die dem vornehmen Besucher angetane Demütigung triumphierend, und ihm eigentlich, wenn man's genauer ansah, eine abschlägige Antwort erteilt hatte, da hatte sich Stepan Arkadjewitsch beeilt, den unangenehmen Vorfall möglichst schnell zu vergessen. Jetzt aber, wo er wieder daran denken mußte, errötete er.
     

18
     
    » U nd nun habe ich da noch eine Angelegenheit; du weißt schon, worum es sich handelt ... um Anna«, sagte Stepan Arkadjewitsch, nachdem er ein Weilchen geschwiegen und diese unangenehme Erinnerung von sich abgeschüttelt hatte.
     
    Kaum hatte Oblonski Annas Namen ausgesprochen, als Alexei Alexandrowitschs Gesicht sich vollständig veränderte: an die Stelle der bisherigen Lebhaftigkeit trat ein Ausdruck der Ermüdung und eine leichenartige Starrheit.
     
    »Was wünschen Sie eigentlich von mir?« fragte er, indem er sich auf dem Sessel hin und her drehte und seinen Klemmer zusammenlegte.
     
    »Eine Entscheidung, irgendeine Entscheidung, Alexei Alexandrowitsch. Ich wende mich jetzt an dich« (Stepan Arkadjewitsch hatte eigentlich fortfahren wollen: »nicht als den beleidigten Gatten«, aber da er befürchtete, dadurch die ganze Sache zu verderben, so ersetzte er dies durch eine andere Wendung), »nicht in deiner Eigenschaft als Staatsmann« (was gar nicht

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