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KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef

KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef

Titel: KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Heute nennen Sie und alle meine Freunde mich Jerry, und nur Phil nennt mich, wenn er mich aufziehen will, Jeremias. Damals riefen alle Einwohner von Harpers Village im Staate Connecticut mich bei meinem vollen Namen. Schon als ich noch in die Dorfschule ging, zogen mich meine Kameraden mit diesem Namen auf. Sie wissen ja, daß ich Cotton heiße, und das bedeutet ›Baumwolle‹. Jeremias Baumwolle – ziemlich scheußlich und sehr lächerlich, nicht wahr?
    Ich haßte meine Patentante Henny. Sie war es, die mir diesen scheußlichen Namen verpaßte, weil sie irgendeiner Sekte angehörte, deren Haupt- und Lieblingsprophet Jeremias war.
    Noch schwerer begann dieser verdammte Name auf mir zu lasten, als ich mich für Mädchen zu interessieren begann. Zum Teufel, die Boys von Harpers Village hatten es einfach, mich auszustechen, es genügte, ein Girl als Jeremias’ Braut zu bezeichnen, um ihm jeden Spaß an mir zu verleiden. Ich erinnere mich an einen Tanzabend im Farmer House, an dem ein Dutzend Boys so lange im Chor ›Jeremias !‹ rief, bis ich allein auf der Tanzfläche stand. Ich ging auf das Dutzend zu. Seitdem galt ich in Harpers Village als gefährlicher Raufbold.
    Auf diese Weise verleideten sie mir den Spaß an Harpers Village. Ich saß damals viel bei dem alten John Callahan vor seiner Werkstatt. John war ein gelernter Schmied. Im Grunde genommen wartete er darauf, daß noch einmal ein Pferd vorbeikäme, daß er beschlagen könnte, obwohl er über das Tor seiner Werkstatt ein Schild mit der Aufschrift ›Traktoren-Schnelldienst‹ gehängt hatte. Da die Farmer wußten, daß Callahan von Pferden alles und von Traktoren nichts verstand, hatte der alte Jo immer viel Zeit, sich mit mir zu unterhalten und sich die Klagen über meine Schwierigkeiten anzuhören.
    »Die Leute hier sind Durchschnitt«, sagte er dann. »Gute Leute, alle sehr ehrenwert, aber Durchschnitt. Aus diesem Grunde mögen sie dich nicht, Jeremias. Sie wittern, daß mit dir mehr los ist.«
    Ich lachte ihn aus. »Mit mir ist nicht mehr los als mit jedem anderen in Harpers Village. Auch ich bin Durchschnitt, Jo!«
    Er schüttelte den Kopf und kratzte sich die weißen Bartstoppeln. »In diesem Nest kommen deine Fähigkeiten einfach nicht zur Geltung, mein Junge. Du bist zu schade, um in Harpers Village zu versauern. Du hast ausgezeichnete Muskeln und keinen dummen Kopf. Du hast nur noch nicht genug gesehen und erfahren. Warum gehst du nicht nach New York?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Meine Familie sitzt seit hundert Jahren in Harpers Village. Was soll ich in New York?«
    Er knurrte: »Überdurchschnittlich werden.« Ich lachte, aber eines Tages hatte er mich soweit. Ich kratzte zusammen, was ich besaß, und fuhr nach New York.
    Der Zug lief im Grand-Central-Bahnhof ein. Der Strom der Fahrgäste schwemmte mich in die riesige Halle hinaus auf den Vorplatz, und nun stand ich, ohne einen Menschen zu kennen, im riesigen New York.
    Ich stand da und wußte nicht, was ich unternehmen sollte. Fasziniert und entsetzt starrte ich in das Verkehrsgewühl der 42. Straße und hatte das Gefühl, ich könnte es niemals schaffen, die Straße lebendig zu überqueren.
    Ich fiel dem Cop auf, der die Ampel bediente. Er empfand mich als Verkehrsstörung, die den Strom der Passanten behinderte. Er schaltete seine Ampel auf Automatik und kam auf mich zu. Er musterte mich von Kopf bis Fuß. »Neu hier?« fragte er freundlich.
    »Ja«, antwortete ich bereitwillig. »Frisch aus Connecticut importiert.«
    Sein Blick drückt ein gewisses Maß von Mitleid aus. »Also New-York-Anfänger«, stellte er fest. »Wo wollen Sie hin?«
    Das war eine Frage, auf die ich keine Antwort wußte. Ich zuckte mit den Achseln.
    Der Polizist legte väterlich einen Arm um meine Schultern. »Hör zu, mein Junge«, sagte er. »Wenn du diese Straße, die 42., ein wenig weitergehst, stößt du auf die 5. Avenue. Wende dich nach rechts und marschiere die 5. Avenue immer geradeaus. Auf diese Weise gerätst du in den Central Park. Ein idyllisches Plätzchen, sage ich dir. Wird dich geradezu an Connecticuts Wälder erinnern. Dort findest du bestimmt eine freie Bank. Laß dich darauf nieder und denke in Ruhe darüber nach, was du als nächstes machen willst. Auf diese Art ist dir geholfen, und mir hältst du hier den Verkehr nicht auf.«
    Ich bedankte mich. Er quittierte meinen Dank mit einem scheunentorbreiten Grinsen. Ich machte mich auf die Strümpfe. Die Pracht der Geschäfte auf der 5. Avenue verschlug

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