Anonyme Untote - Eine Zombie-Liebesgeschichte
unvorstellbar, dass sie nicht mehr da ist, dass sie bis zur Unkenntlichkeit verbrannt ist. Doch dann schaue ich nach unten, und beim Anblick dieser Masse aus Knochen und geschmolzenem Gewebe durchströmt mich eine Wut, die sich nicht mehr unterdrücken lässt.
Die beiden flüchtigen Angreifer waren spurlos verschwunden, und Madonna ist seinen Verletzungen erlegen, darum konnten wir auch nicht in Erfahrung bringen, wo sie hergekommen sind. Doch dann fiel mir ein, dass der Typ im Kampfanzug etwas von Ritas Ohrläppchen abgerissen hat. Und der Schriftzug auf Madonnas T-Shirt bestätigte meinen Verdacht.
Seit wir den Friedhof verlassen haben, hat keiner einen Ton gesagt, haben wir schweigend im Wagen gesessen. Keiner von uns will über das reden, was passiert ist, aber jeder weiß, was jetzt getan werden muss.
Zunächst müssen wir Ritas und Jerry Überreste an einen sicheren Ort schaffen. Wir würden sie lieber selbst beerdigen, sie in den Wald bringen und uns angemessen von ihnen verabschieden, doch das ist nicht möglich. Dafür haben wir keine Zeit. Nicht heute Abend. Und keine Ahnung, ob es ein Morgen geben wird.
Sobald wir ihre Leichen abgeladen haben, fahren wir zu meinem Haus, um Zack und Luke zu fragen, ob sie uns begleiten
wollen. Ich nähme es ihnen nicht übel, falls nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die Entscheidung selber treffen möchten.
Und danach halten wir nur noch ein einziges Mal.
KAPITEL 57
»Süßes, sonst gibt’s Saures!«
Sicher, für Halloween sind wir zwei Monate zu spät dran, doch es kommt auf die richtige Einstellung an.
Der Verbindungsstudent, der die Tür geöffnet hat, steht mit einem Bier in der Hand im Türrahmen und starrt uns an, als versuchte er, die Pointe zu erraten.
»Wer seid ihr?«
»Wir sind Freunde von Nick«, sage ich, dann packe ich ihn am T-Shirt, stoße ihn gegen die Tür und beiße ihm die Kehle durch. Er zuckt noch, als ich ihn loslasse, und geht zu Boden, immer noch das Bier umklammernd, während sich um ihn herum im Türrahmen eine Blutlache bildet.
Zwei junge Studentinnen, die im Eingangsbereich am Fuß der Treppe stehen, stoßen beide einen Schrei aus und lassen ihren Drink fallen, dann rennen sie nach oben. Wie zwei Windhunde jagen Zack und Luke ihnen hinterher, dann stürmt der Rest von uns in Innere und schließt die Eingangstür.
Das Wintersemester beginnt erst am Dienstag, und es ist fast zwei Uhr morgens, deswegen haben wir nicht mit einem vollen Haus gerechnet, doch die Musik wummert durch die Gänge, und der Alkohol fließt nach wie vor in Strömen; wir kriegen also wahrscheinlich jede Menge zu
tun. Was gut ist. Denn Dad hat immer gesagt: »Müßiggang ist aller Laster Anfang.«
Helen und Carl nehmen die Treppe nach unten, während ich Zack und Luke zu den Schlafzimmern im oberen Stockwerk folge. Tom und Naomi bleiben im Gang vor der Eingangstür stehen, um die Leute daran zu hindern abzuhauen. Zugegeben, unser Vorgehen ist etwas wahllos, und es kann sein, dass ein paar Unschuldige für die Taten der drei bezahlen, die uns heute Nacht angegriffen haben, doch das Maß ist voll.
Ausrufe der Verwunderung und Schreie des Entsetzens hallen durchs Treppenhaus nach unten, begleitet vom anschwellenden Lärm des allgemeinen Chaos und Aufruhrs; Zack und Luke leisten also ganze Arbeit.
Sie müssen unbedingt eine Gehaltserhöhung kriegen.
Auf halber Treppe kommt mir ein Bursche mit einer leichten Erektion entgegen, lediglich bekleidet mit einer Boxershorts.
»Lauf!«, sagt er und versucht sich an mir vorbeizudrängen. »Da oben ist jemand, der verspeist …«
In diesem Moment bemerkt er mein mit Blasen übersätes Gesicht und das Blut, das an meinem Kinn herunterläuft und über mein Hemd gespritzt ist.
Er wirbelt herum, doch Zack wirft ihn zu Boden, auf eine Weise, die mich fast neidisch macht. Er ist so leidenschaftlich. Ich lasse ihn den Job beenden und laufe weiter zum ersten Stock hinauf.
Die ersten beiden Räume, in die ich einen Blick werfe, sind leer, doch im dritten treffe ich auf einen nackten Typen mit behaartem Arsch, der versucht, durchs Fenster zu entwischen. Bevor er sein zweites Bein durchstecken kann, beiße ich ihm hinein und durchtrenne die Oberschenkelarterie,
dann packe ich den schreienden Kerl und zerre ihn zurück ins Zimmer.
Zunächst erkenne ich ihn nicht, doch dann entdecke ich den Kampfanzug auf dem Boden. Aus irgendeinem seltsamen Grund trägt er immer noch seine Strickmütze.
»Nein!«, schreit er.
Weitere Kostenlose Bücher