Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
Für ihn ist die Freundschaft so wichtig, da er davon ausgeht, dass die Freundschaft den Menschen und damit auch die Gemeinschaft und die Gesellschaft besser macht. Jedoch ist es nur die tugendhafte Freundschaft, die der griechisch-antiken Auffassung von Freundschaft standhält, da, im Gegensatz zur Nutzen- oder Lustfreundschaft, der Freund um seiner selbst willen geliebt wird und nicht lediglich Mittel zum Zweck ist. Trotzdem ist in der Tugendfreundschaft sowohl die Nutzen- als auch die Lustfreundschaft enthalten, da die Liebe zum persönlich Vorteilhaften und Angenehmen mit der Liebe zum Guten selbst zusammenfällt und das Gute das Bindeglied der Menschen schlechthin ist.
Das Gute selbst ist dabei nicht etwa eine metaphysische Idee, sondern das Gute ist für Aristoteles die Glückseligkeit. Deshalb ist das Zusammenleben mit Freunden das wesentliche Element der Glückseligkeit. Denn allein durch die Freundschaft wird der Mensch sittlich vollkommen. Diese sittliche Verbesserung und damit auch »Verwesentlichung«, die der Tugendhafte sich selbst wünscht und für die er selbst sorgt, die wünscht und lässt er auch dem Freund angedeihen. Der Freund ist für Aristoteles ein »anderes Selbst«, das in gleichartiger Bewegung wie der Freund, sich selbst verwirklicht. Im Sinne von: Ich verhelfe mir selbst wie den anderen zur eigenen Menschlichkeit. In der wahren Freundschaft geht es deshalb nicht um den schnellen Nutzen, sondern um die Glückseligkeit der Freunde, das heißt um ihr Selbstwerden. Außerdem gibt die Freundschaft dem Menschen die Essenz, Innigkeit und Wärme, die er braucht, um auch leidvolle Tage ertragen zu können.
Dass eine Freundschaft dagegen ein Leben lang halten kann, wird schon in der Antike kritisch gesehen. Die lebenslange Freundschaft ist wohl, damals wie heute, eine Idealvorstellung. Vielleicht war sie jedoch in vergangenen Zeiten noch eher möglich als in unserer schnelllebigen Internetzeit: Heute haben wir eher weniger feste Freunde, aber dafür mehr lose Bekanntschaften. Wir sprechen vermehrt von sozialen Netzwerken, zu denen sowohl Freundschaften als auch lose Bekanntschaften gehören. Soziale Netzwerke beinhalten jegliche Art von sozialen Beziehungen unter Menschen.
Die Wissenschaftler Nicholas A. Christakis und James H. Fowler haben soziale Netzwerke erforscht und herausgefunden, dass Glück durch diese Netzwerke von einem Menschen auf den anderen übertragen wird. Nach deren Auswertung sind Personen mit einer direkten Beziehung zu einem glücklichen Menschen selbst um durchschnittlich 15 Prozent glücklicher. Aber damit nicht genug. Sogar eine indirekte Beziehung um zwei Ecken, also der Freund eines Freundes, trägt zu zehn Prozent und der Freund eines Freundes eines Freundes noch zu sechs Prozent dazu bei, glücklicher zu sein. Damit gehören die Freunde eines Freundes eines Freundes, also indirekte Beziehungen um drei Ecken, noch zu sozialen Netzwerken dazu. Das absolut Erstaunliche ist hier, dass Menschen, denen wir höchstwahrscheinlich noch nie begegnet sind, zu unserem Glück oder auch zu unserem Unglück beitragen. Trotzdem ist es natürlich so, dass das Glück umso »ansteckender« ist, je näher und vertrauter uns der glückliche Mensch ist.
Warum soziale Beziehungen wichtiger sind für unser persönliches Glück als beispielsweise ein Haufen Geld, liegt nach Foulder und Christakis zum einen daran, dass wir biologisch auf Gemeinschaft programmiert sind – das wusste schon Aristoteles. Ein weiterer Grund ist, dass wir empfänglich für die Emotionen der Menschen in unserer Umgebung sind: Die Gefühle von Freunden und Bekannten färben auf uns ab. Das heißt natürlich auch, dass Qualität wichtiger ist als Quantität: Es kommt also nicht darauf an, möglichst viele, sondern vor allem möglichst glückliche Freunde zu haben.
Damit ist Glück nicht nur die Folge rein individueller Erfahrungen und Entscheidungen, sondern es hängt mit dem Gefühlszustand einer Gruppe von Menschen zusammen. Verändern sich einzelne Menschen, können diese Veränderungen über soziale Beziehungen auf andere übertragen werden.
Was die Langlebigkeit von Freundschaften betrifft, ist diese, nach den Ergebnissen von Foulder und Christakis, weniger wichtig als das »Glückspotenzial« der Freunde. Laut den Forschern nimmt die »glückliche Ansteckung« eines Freundes mit der Zeit sogar ab. Denn wenn der Freund innerhalb der zurückliegenden sechs Monate glücklicher wurde, werden wir selbst zu 45
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