Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
eingetauschten Steine in einen Brunnen und hat dann gar nichts mehr. Jeder denkt: »Oh, nein! So ein Tölpel!« Aber Hans springt vor Freude in die Luft, dankt von Herzen seinem Herrgott und jauchzt mit Tränen in den Augen: »Kein Mensch unter der Sonne ist so glücklich wie ich!«
Dieses Bild aus dem Märchenbuch ist mir im Gedächtnis geblieben: Der glückliche Hans, mittellos und doch unendlich froh. Zwar dachte ich als Kind: »Oh, nein! Jetzt hat er das schöne Gold nicht mehr.« Dennoch hatte ich keinen Zweifel daran, dass dieser Mensch im siebten Himmel schwebt. Aber warum denn nur? Er hat doch alles verloren. Das, wofür er jahrelang hart gearbeitet hatte, war kurzerhand einfach weg. Und schon als Kind wusste ich, dass das allem widersprach, was ich bisher so gelernt hatte. Hans macht die Erfahrung: Geld und Besitz machen nicht glücklich! Das hat jeder von uns schon gehört. Denn Glück können wir nicht besitzen wie einen Klumpen Gold oder Schleifsteine.
Oder vielleicht doch? War Hans denn nicht auch glücklich, als er von seinem Meister mit einem Klumpen Gold belohnt wurde? Lassen Sie uns die Geschichte einmal übertragen, von Grimms Märchen bis ins 21. Jahrhundert. Ist ein 18-Jähriger nicht glücklich, wenn er sich nach jahrelangem Sparen endlich hinters Steuer seines ersten eigenen Autos setzen kann, um die erste Spritztour zu machen? Ja doch! Und wenn Autos glücklich machen können, dann können das doch auch schöne Schuhe, schicke Klamotten, Häuser und so weiter. Also macht Besitz doch glücklich? Wäre es so einfach, müssten wir uns nicht seit Menschengedenken immer dieselbe Frage stellen: Was ist Glück?
In jeder Zeit und in jeder Kultur haben wir bestimmte, charakteristische Vorstellungen von Glück. Dennoch verführt uns, egal in welcher Zeit und in welcher Kultur wir leben, der Gedanke, dass Geld vielleicht doch glücklich machen könnte. Gleichzeitig haben Werner T. Küstenmacher und Lothar Seiwert einen Bestseller geschrieben mit dem Titel Simplify your life: Einfacher und glücklicher leben. Ballast abwerfen, loslassen, vereinfachen, gelassener werden, um vom Äußeren zum Inneren, zum Selbst, zum Wesentlichen zu kommen, um das eigene Lebensziel zu finden und zu verwirklichen. Und somit glücklicher zu werden.
Unser Hans im Glück macht es uns ganz radikal vor. Denn am Ende ist er ohne jede sichtbare Ursache glücklich. Aber auch ganz ohne äußeren Grund glücklich sein zu können, verweist auf etwas ganz Entscheidendes: Das Glück liegt in uns!
Jahrhundertelanges Philosophieren und Nachdenken über das Glück führten bis heute zu keiner allgemeinverbindlichen Definition darüber, was Glück ist. Glück ist vielleicht am ehesten eine subjektive Vorstellung, geprägt durch Kultur und Zeit. Wenn wir darüber nachdenken, fällt jedem von uns etwas dazu ein: Wir erinnern uns an glückliche Momente, als wir als Kinder in Sommern, die noch richtig heiß waren, barfuß über den Asphalt gesprungen sind. So eine Art Erinnerung hat wahrscheinlich jeder von uns. Ist unsere Vorstellung von Glück also doch nicht rein subjektiv? Wenn wir uns an glückliche Kindertage erinnern, sehen die Bilder zwar immer etwas anders aus – die Glücksvorstellungen an sich sind jedoch verblüffend ähnlich.
Wir könnten sagen, dass es Glücksvorstellungen gibt, die allgemein und nicht individuell verschieden sind. Dieser Überzeugung war jedenfalls der griechische Philosoph Aristoteles. Auch wenn Aristoteles uns nicht sagen kann, worin das subjektive, individuelle und spezifische Glück eines jeden Einzelnen liegt, kann er uns Wege aufzeigen, unserem eigenen Glück auf die Sprünge zu helfen.
Für Aristoteles galt das Motto: Das Glück liegt in dir! Nur leider liegt es brach, solange du nichts dafür tust. Etwas dafür tun, heißt für mich, etwas einzuüben. Sich an etwas zu gewöhnen. Positive Gewohnheiten, Tugenden zu entwickeln. Somit ist Glück Übungssache: Immer wieder die »richtigen« Dinge tun.
Aristoteles war einer, der den Dingen auf den Grund ging. Zum ersten Mal in der Philosophiegeschichte verfasste er systematische Abhandlungen und gilt auch heute noch als erster großer Denker der Wissenschaft und Begründer der abendländischen Philosophie. Als Universalgelehrter hat er eine unglaubliche Anzahl von Schriften verfasst: über Mathematik, Logik und Naturforschung über Handwerk, Dichtung und Medizin bis hin zur Politik, Rhetorik, dem guten Leben und natürlich Glück.
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