Ansichten eines Klaus - Roman
sie sich verabredet. Er wollte mit ihr über Ilka reden und überhaupt über die ganze verfahrene Sache. Ilka hatte ja gerade was mit einem Torsten oder Theo oder Thomas, ihre erste Beziehung seit Alexander, und er war mit Karola zusammen, hatte aber vor, sich zu trennen, und wollte nun mit jemandem reden. Und wer wäre da besser geeignet als die beste Freundin der Exfreundin. Petra will zuerst dagegen gewesen sein. Dagegen, sich zu treffen, dagegen, bei Ilka ein gutes Wort für ihn einzulegen, erst recht nicht, nachdem sie ... Und sie hatte Ilka auch sofort davon erzählt, nicht sofort nach dem ersten Mal, Ilka war sowieso untergetaucht mit ihrem neuen Hans oder Franz, sechs, acht Wochen Funkstille. Und dann trifft Petra Alexander, und sie lässt sich überreden auf einen Wein am Abend, und der Abend wird dann doch noch ganz schön, und sie gehen noch zu ihr. »Er hat mich eingewickelt, irgendwie«, sagt Petra in der Ecke. »Und er blieb dann, und wir haben gevögelt. Und das war’s dann. Dachte ich jedenfalls. Aber nach dem zweiten Mal ...«
»Nach dem zweiten Mal?«, fragt Beate.
»Sie haben so dreimal, viermal«, sage ich.
Petra hebt die Schultern und lässt sie sinken. »Ich weiß auch nicht.«
»Schönes Argument«, sagt Beate. »Ich weiß auch nicht. Passt irgendwie immer.«
Wir sitzen in einem S-Bahn-Zug nach Norden, erst jetzt fällt mir auf, dass sich Petra vorhin nicht neben mich gesetzt hat, sondern, dass wir uns gegenübersitzen, wir sehen uns an und wieder weg, verpassen uns immer knapp, nur manchmal treffen sich unsere Blicke, dann lächelt Petra traurig, scheu, vielleicht entschuldigend, und ich versuche, ihr Lächeln halbwegs zu erwidern, und frage mich, wann sie mir davon erzählen wollte. In ihrer Wohnung, nachts, wenn nichts mehr fährt und ich nicht nach Hause kann. Ich kann mich nicht zu einem »Na, halb so schlimm« aufraffen, auch nicht zu einem »Wird schon« oder »Das kriegen wir zusammen wieder hin«. Stattdessen geht mir die ganze Zeit im Kopf herum: Sie hat mit Alexander geschlafen, sie hat mit Alexander geschlafen, sie hat mit Alexander geschlafen, und als Petra fragt: »Was denkst du?«, sage ich nicht: »Du hast mit Alexander geschlafen«, sondern: »Ich denke, dass ich heute besser nicht mitkomme«, und stehe auf. Der Zug wird gerade langsamer, er bremst, und Petra sieht mich groß an, als wäre das sooooo eine Überraschung, dass ich aussteigen will. Nein, damithat jetzt keiner gerechnet, und sie sagt: »Ich dachte, wir könnten darüber reden.«
Und ich sage: »Ich möchte jetzt gehen«, und dann nickt sie. Sie bringt mich noch zur Tür und fragt: »Und jetzt?«
Und ich antworte: »Ich weiß auch nicht«, und drücke auf den Türöffner.
»Und jetzt?«, fragt Beate.
Ich zucke die Schultern. »Ich weiß es ja nicht. Das ist jetzt eine Woche her. Sie hat sich nicht gemeldet. Ich hab mich nicht gemeldet ... Ich denke mal, das war’s dann.«
»Ruf sie an.«
»Wozu?«
»Zum Reden.« Sie dreht sich um, kippt ihren Tee in die Spüle und steht auf, um neues Wasser aufzusetzen. »Oder was denkst du?«
»Im Moment gar nichts.«
»Willst du denn noch?«
»Tee?«, frage ich.
»Mit ihr zusammen sein.«
Ich schüttle den Kopf.
»Dann würde ich ihr zumindest das sagen.«
»Jede Trennung bringt dich ein Stückchen näher an deinen richtigen Partner«, sage ich. »Hast du vorhin gesagt.«
»Das ist der Spruch für die, die verlassen werden«, sagt Beate, »nicht für die, die Schluss machen.«
»Ich hab nicht Schluss gemacht.«
»Du hast wohl Schluss gemacht.« Sie spült die Kanne mit heißem Wasser aus und fängt an, in einem Holzkasten nach neuem Tee zu kramen.
»Hast du auch Kaffee?«, frage ich.
»Nur Instant«, antwortet sie.
»Auch gut. Ich hab nicht Schluss gemacht.«
»Du bist gegangen.«
»Sie hat mit Alexander gevögelt.«
Beate nimmt ein halbleeres Glas Instantkaffee aus dem Regal und fragt: »Deutsch oder spanisch?«
»Was ist deutsch und was ist spanisch?«, frage ich zurück.
»Deutsch ist mit Heißwasser, und spanisch isse mitte heisse Milch dirette auffe Kaffeepulver.«
»Das klingt italienisch, aber ich nehm’s.«
Beate nimmt einen kleinen Topf und gießt Milch hinein. »Dauert einen Moment«, sagt sie.
»Jaja.«
»Wie lange wart ihr zusammen?«, fragt Beate.
Ich muss einen Moment überlegen. »Zwei Jahre«, sage ich, »und ein bisschen. Zweieinviertel. Hast du sie eigentlich gemocht?«, frage ich.
»So viel hab ich von ihr ja nicht
Weitere Kostenlose Bücher