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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
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erzählt.«
    »Wie?«, frage ich etwas erstaunt. Ich weiß, dass ihr Bruder bei Alexander arbeitet und dass die beiden schon mal zusammen ein Bier trinken waren, aber ...
    »Jimmi wollte gerade zu ihm und war bei seiner Sekretärin, nee, das sagt man ja nicht mehr, Vorzimmerdrache, Assistentin, hier ...« sie macht eine wegwerfende Handbewegung. Jedenfalls telefonierte Alexander gerade, und die Vorzimmertante ließ Jimmi nicht rein, aber die Tür stand einen Spalt offen, und so hörten die beiden zu, wie der Chef telefonierte. Dass es ihm leid tun würde, dass er sich so lange nicht gemeldet habe und dass er im Moment wenig Zeit hätte ... Ja, sie hätten sich eine Woche nicht gesehen ... Ja, er würde sie auch vermissen ... und treffen ... und sehen ... aber nichtmehr so wie bisher, denn Ilka ... Er habe sich mit Ilka getroffen ... Er sei wieder eingezogen bei ihr ... Sie würden es noch mal versuchen ... Vor allem sie mit ihm ... Deswegen ... Es täte ihm auch leid, dass er sich nicht schon früher gemeldet hätte ... Nein ... Das sei nicht möglich ... Das ginge gar nicht ... Er und Ilka, das sei ein Neuanfang und das schließe auch ein, dass er und sie ... Da fiel dann auch ihr Name: Karola, mehrfach, so wie: Nein, Karola ... Ja, Karola ... Karola, Karola ... Und, es sei vorbei, Karola ... Es sei schön gewesen, aber dass es nichts auf ewig sein würde, sei ihnen doch beiden klar gewesen, er hätte nie gesagt ... Nein ... Er hätte nie gesagt ... Und so ging das dann noch eine Weile, und Jimmi meinte dann, er käme wohl besser später noch mal wieder, und die Vorzimmerdame habe gegrinst und genickt und gesagt, sie würde ihm Bescheid geben, wenn der Chef ... und hatte sich lächelnd wieder ihrer Arbeit zugewandt.«
    »Du kannst dir ganz schön viel merken«, sage ich.
    »Du weißt doch, wie mein Bruder erzählt«, sagt Beate und nimmt einen Schluck Tee.
    »Siehst du, von Petra weiß ich nur, dass Alexander sich von Karola getrennt hat.«
    »Na, dass er das am Telefon gemacht hat, damit wird er ja auch nicht angeben, der Arsch, nicht mal vor seiner Freundin. Außerdem sagt Jimmi, er klang,als hätte sie ihn angerufen, wahrscheinlich, weil er sich nicht gemeldet hatte, er klang etwas, na sagen wir mal, er klang sehr defensiv. Kannst du dir das vorstellen? Am Telefon Schluss machen!«
    »Das ist doch harmlos. Heutzutage macht man per SMS miteinander Schluss.«
    Beate schaut mich an, sagt aber nichts.
    »Oder auf Facebook«, fahre ich fort.
    »Hast du das so gemacht?«, fragt sie.
    »Nein!«
    »Dann lenk nicht weiter ab und erzähl.«
    »Sieh nur, wie riesig diese Stadt ist«, sagt Petra, als der Zug aus dem Bahnhof Gesundbrunnen heraus in eine langgezogene Kurve hinausfährt, bis wir uns in einer weiten Schneise wiederfinden, die die Stadt hier oben wie ein sehr breiter, sehr trockener Fluss zerschneidet. Links und rechts von uns Schienen, dann Brache, Sand, Unkraut und Gebüsch, noch mal Schienen, gestapelt, wie die Betonschwellen daneben, ein, zwei Container für die Bauarbeiter, dahinter Gebüsch, ein Zaun, eine Mauer und irgendwo in der Ferne: Häuser. Da fängt die Stadt wieder an. Es dämmert, der Himmel zieht sich in horizontalen Streifen von oben nach unten zu. Die Straßenlaternen hinter den Häusern werfen einen Lichtstreifen an den Himmel, was die Fassaden noch dunkler macht. Und richtig, in einigen Wohnungen brennt schon Licht, die Fenster leuchtengelb, und durch unsere Fahrt verwischen die Lichter.
    »Sieh nur«, sagt Petra noch mal und kuckt raus, »wie riesig diese Stadt ist.« Petra ist eine Zugezogene, vor Jahren ist sie hergekommen, mit ihren Eltern, nach einer Kindheit und Jugend, die sie in einer nicht so riesigen Stadt verbracht hat, einer Stadt, die man zu Fuß von einem Ende zum anderen in gut einer Stunde durchqueren kann. Ja, diese Stadt hier ist riesig. Ich bin jetzt soundsovierzig, bin vielleicht noch nicht überall in der Stadt gewesen, aber fast überall, in einigen Gegenden mehr, in anderen weniger. Es gibt Stellen, da bin ich gern, und wieder andere, da war ich einmal, und das reicht dann auch schon für das restliche Leben. Diese Strecke bin ich oft gefahren, noch bevor ich mit Petra zusammen war, erst Betonwände, dann öffnet sich die Gegend und dann, genau wie jetzt, bremst der Zug und hält im nächsten Bahnhof.
    »Da«, sage ich, als wir weiterfahren, und zeige nach Westen auf eine Nachkriegsneubauhäuserzeile. »Da hab ich mal gewohnt.« Das Licht in meiner ehemaligen Küche

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