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Anständig essen

Anständig essen

Titel: Anständig essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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weitermachen, aber ihr dürft das nicht, weil ihr zu viele seid? Ihr dürft bloß die Folgen der von uns verursachten Umweltverschmutzung und der globalen Erwärmung tragen? Bevor wir es wagen können, sie um einen verantwortungsvollen Umgang mit unser aller Lebensgrundlage anzuflehen, müssen wir erst einmal selber gewaltig zurückrudern.
    Ich fange schon einmal damit an. Die meisten von meinen Sachen brauche ich in Wirklichkeit gar nicht. Im schlimmsten Fall müssen Dinge auch noch gewartet werden und sind dann sogar lästig. Anko Salomon sagt in seinem Buch »Leben – ohne Tiere und Pflanzen zu verletzen oder zu töten«: »Materielles oder gesellschaftliche Positionen sind für sich genommen, abgesehen von ihrer Zweckdienlichkeit, bedeutungslos; es sind die damit assoziierten Gefühle, die diesen Äußerlichkeiten als Statussymbole ihre Bedeutung verleihen.« Und weiter: »Wenn Gesundheit und Leben Vorrang vor Wirtschaftsinteressen erhielten, müssten sich die Einkommen korrupter Menschen in Politik und Verwaltung nicht einmal verschlechtern, da sich an Schutz- undVorsorgemaßnahmen ebenso mitverdienen lässt wie an der Vernichtung der Natur und Lebewesen.« Salomon hält die Anfälligkeit für Korruption und die Unterstützung von Maßnahmen, die Lebewesen schädigen, für die Kompensation eines verfehlten Lebens voller unerfüllter emotionaler Sehnsüchte.
    Durch fiese Tricks und Shopping-Touren wird das aber auch nicht besser. Zu den wirklich wichtigen und wesentlichen Dingen im Leben gehören Achtsamkeit und Mitgefühl – auch dann, wenn man es gerade mal wieder furchtbar eilig hat. Es ist nämlich nicht einfach bloß lästig und anstrengend, jedes Mal, wenn man einkauft, sein Mitgefühl und seinen Verstand einzuschalten, sondern es ist auch ein Akt der Bewusstwerdung.
    Wir können nicht leben, ohne zu töten und zu zerstören. Selbst die Ernte von Gemüse und Getreide kostet Opfer. Trotzdem bleibt uns immer noch die Entscheidung, was, wie viel und unter welchen Bedingungen wir töten. Freiheit bedeutet nicht nur, zu tun, was man will, sondern auch, zu wissen, was man tut, Überzeugungen zu haben und danach zu handeln. Sonst bleibt nur Bewusstlosigkeit, ein Zustand, in dem wir uns über Nichtigkeiten empören und in aller Gemütsruhe Dinge hinnehmen, die entsetzlich sind.
    Jiminy und ich gehen in Gummistiefeln über eine zermatschte Wiese, um das Pferd und die Mulis in den Stall zu holen.
    »Ich glaube, ich werde mir von nun an auch keine Haustiere mehr kaufen«, sage ich.
    »Du? Keine Tiere mehr? Das kannst du mir doch nicht erzählen«, sagt Jiminy.
    »Ich meine, dass ich mir keine mehr kaufen will, somit dem Anspruch, dass die mich jetzt unterhalten und aufmuntern sollen. Stattdessen hole ich mir nur noch Tiere aus dem Tierheim oder aus Befreiungen und munter dann die auf. Opferversorgung statt Haustierhaltung.«
    »Ich hoffe, du wirst jetzt nicht so ein anstrengender Hippie, der nur noch Bäume umarmen will«, sagt Jiminy und hakt die Karabiner in Pepes und Torinos Halfter. Ich lege die Hengstkette über Bonzos Nase und streichle ihm über die breite Stirn.
    »Aber sicher doch«, sage ich. »Die wollen alle mal umarmt werden – Menschen, Maultiere, Bäume … Grillen. Und einer muss die armen Koniferen und Essigbäume ja schließlich trösten, wenn du aus meinem Garten eine Besserungsanstalt für Pflanzen machst.«
    »Totaler Hippie«, sagt Jiminy, »völlig verstrahlt …«

Anhang
Literaturverzeichnis
    Literatur
    Wilfried Breyvogel (Hrsg.), Eine Einführung in Jugendkulturen. Veganismus und Tattoos, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005.
    Herma Brockmann & Renato Pichler, Wegbereiter des Friedens: die lebendigen Philosophien der Bishnois und Jains, Vegi-Verlag, Sennwald 2001.
    Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem, aus dem Englischen von Sebastian Vogel, Wilhelm Goldmann Verlag, München 2004.
    Ulrike Bültjer, Alles über Bio-Food: Der ultimative Wegweiser durch den Bio-Dschungel, Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH, Köln 2009.
    Kath Clements, Vegan. Über Ethik in der Ernährung & die Notwendigkeit eines Wandels, aus dem Englischen von Daniel Bauer & Lars Thomsen, Echo Verlag, Göttingen 2008.
    John M. Coetzee, Das Leben der Tiere, aus dem Englischen von Reinhild Böhnke, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2000.
    Richard Conniff, Magnaten und Primaten. Über das Imponiergehabe der Reichen, aus dem Englischen von Ursel Schäfer, Wilhelm Goldmann Verlag, München

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