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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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euch aber aus der Gefahrenzone!«
    »Verflucht«, sagte der andere. Dann fing er sich: »Wir sind etwa fünfzehn Kilometer von dir entfernt, evakuieren einen Bohrtrupp. Haben weitere Schiffe angefordert – ob sie es aber schaffen, weiß ich nicht. Ob wir es schaffen, auch nicht. Was wird aus dir, Mensch!«
    »Mach dir keine Sorgen, ist alles abgesprochen. Gib mir wie bisher weiter die Entfernung an. Ich nehme jetzt das zweite Handfunkgerät, das andere hat Ivo. Ich melde mich nicht mehr – vorläufig«, Thomas lachte, »zum Schwatzen wird’s jetzt doch ein wenig knapp. Ende!«
    Thomas arbeitete hastig, aber nicht unkonzentriert. Er schraubte die Kabelklemmen von der Batterie ab. Das leise Brummen des Lautsprechers erstarb jäh, und die Signallampen am Armaturenbrett erloschen. Eine Sekunde lang überfiel Thomas lähmende Angst. Er spürte, wie Schweiß ausbrach, das Herz dröhnte, scheinbar beengt, an den Brustkorb. Aus dem Handfunkgerät quäkte es, offenbar aus einer Überreichweite: »Noch zwölf Kilometer.«
    Da hatte er sich wieder gefangen. Er befestigte das Zündkabel an der Batterie, und dann drückte er am Sprengsatz die kleine Plastkuppel ein. Die Lampe brannte nicht, Thomas wurde es erneut siedendheiß. Er drückte nervös ein zweites Mal und atmete tief auf. Er strich über die flimmernde, nur wenig glimmende rote Lampe, tätschelte die Bombe und sagte, und es klang in der Stille überlaut: »Mach’s gut!« Dann sprang er ab.
    Draußen stach die Sonne in den Kanal. Auch hier unwahrscheinliche Stille. Thomas hörte nur das Knirschen des Flugsandes unter seinen Füßen und das Keuchen seines Atems. Langsam setzte er sich in Trab. Bis zur Böschung waren es etwa zweihundertfünfzig Meter. Er lief jedoch schräg über die Kanalsohle, um abzuschneiden. Mit der Linken umkrampfte er das Funkgerät. Ihm war, als schöbe ihn etwas von der Stelle. Im Rhythmus der Schritte klomm ein Gedanke auf, wurde zum Kolben, der ihn trieb: E – ve – lyn – ich – schaf – fe – es, – E – ve – lyn – ich – schaf – fe – es, – E – ve… Er forcierte den Rhythmus, flog über die Kanalsohle. Er murmelte die Silben beim Ausstoßen der Atemluft, dachte dazwischen, daß es gut gewesen wäre, mehr Sport zu treiben; dann klang es von seiner linken Hand her: »Elf Kilometer.« Er versuchte, noch schneller zu laufen, fühlte, daß es nicht mehr ging, der Atem rasselte. Dann hatte er den Böschungsfuß erreicht. Er drehte sich um. In der flirrenden Luft und im Sausen der Feuerräder vor seinen Augen war dort ein Punkt. Das SAMO. »Na also«, und es klang, als ob er röchelte, »das müßte schon ein Kilometer sein. Oben, hinter dem Damm ist mehr Schutz…« Er sah die Böschung hoch, gab sich einen Ruck und begann hochzusteigen, das Gerät in der rechten Hand. Er rutschte auf dem glasigen, gehärteten Untergrund.
    Dann kam die Verzweiflung. Er fühlte, daß er nur wenig vorankam. Warum mache ich das? Verdammt. Es waren tausend andere da, keiner kam auf eine solche Idee.
    Das weißt du nicht, Tom.
    Es ist weiter keiner hier, und eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Flugzeuge!
    Keiner war so nahe dran. Und die Dinger lassen sich nicht abwerfen. Der Scheiß-Zündlaser…
    Was wäre schon geschehen! Ein paar Monate Planverzug, einige tausend Menschen hätten ein Jahr vergeblich gearbeitet.
    Plötzlich sah Thomas das Bild der paar Palmen vor sich, die er gestern auf der Fahrt gesehen hatte, die Tankwagen daneben…
    Ich hatte eben den Einfall. Der Mensch ist da, damit ihm etwas einfällt. Und Ivo war dabei; sicher hat er Familie…
    Thomas hatte die Grasfläche erreicht. Hier kam er besser voran. Aber er mußte langsamer laufen, fühlte, wie ihn die Kräfte verließen. Er kroch auf allen vieren. Als er das Funkgerät von sich schleuderte, quäkte es gerade: »Noch…« Weiter kam es nicht. Er wußte aber, was nach dem »noch« folgen sollte. Noch neunzehn Minuten also…
    Er riß sich weiter, beschleunigte sein Tempo. Als er die Deichkrone erreichte, stürzte er. Er fühlte das stachelige Gras im Gesicht, spürte seinen Duft. Er krallte sich mit den Händen in dieses Gras, warf den Kopf herum. Unten glaste die Kanalsohle – war das dort, der hüpfende Punkt, das SAMO? Vielleicht.
    Dann kam Ruhe über ihn. Ob Ev bereits unterwegs ist? Sicher. Ich hatte mir doch ausgerechnet, wann sie aufbrechen mußte, das war…
    Er hob den Kopf. Ganz hinten über dem Horizont glaubte er den weißen Körper eines Luftschiffes zu

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