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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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zwar kleine, aber immerhin sichtbare Wulst über der Hose unter dem hochgeschobenen Jumper hervorlugte. Der Gedanke an seine im Anfangsstadium stehende natürliche Tonsur und die chronischen Augenschatten war auch nicht gerade erfreulich. Sie ist fast ein Jahrzehnt jünger als ich, neunzehn bis zweiundzwanzig, schätzte er. Also, mein Lieber, nicht die geringsten Chancen.
    Eine angenehme, sehr angenehme Reisegesellschaft, stellte er fest. Und das Bedürfnis, gleich nach der Ankunft Ev zu schreiben, war gar nicht mehr so dringlich. Aus seinen Gedanken gerissen wurde er durch das Aufdonnern der Strahltriebwerke. »Es geht los«, rief er überflüssigerweise.
    Das Flugzeug rollte langsam, erschütterungsfrei in die Startposition. Die andere Evelyn bemühte sich von ihrem Platz aus, der genauso ungünstig war wie der seine, etwas von draußen zu sehen.
    Es hat sie keiner zum Flugplatz begleitet, stellte Monig befriedigt fest, als er andere Passagiere beobachtete, die zu den Fenstern drängten, um ihren Angehörigen oder Freunden zu winken.
    Mich hat ja auch niemand gebracht, dämpfte er seinen Optimismus, obwohl es Ev gibt. Also will das nichts besagen.
    Die Maschine hielt. Sie hatte den Anfang der Startbahn erreicht. Die Triebwerke brüllten auf, liefen auf vollen Touren.
    Und da rollten sie schon. Wie so oft nahm Thomas sich vor, genau auf den Zeitpunkt zu achten, an dem sich das Flugzeug vom Boden hob. Doch er merkte erst, als sich die Tragfläche bereits in die Ausflugkurve neigte, daß sie flogen.
    Thomas rutschte, soweit es der umgelegte Gurt zuließ, näher zum Fenster, um einen Blick zurück auf Berlin zu werfen.
    Er bildete sich ein, den Duft des Haares seiner Reisegefährtin zu verspüren, deren Gesicht sich einen Fingerbreit neben dem seinen befand. Er wich ein paar Dezimeter zurück und betrachtete dieses Gesicht aus der Nähe. Irgendwie, das spürte er, schienen seine Chancen zu steigen.
    Thomas wollte nicht, daß sie ihn beim Anstarren ertappte, und rückte wieder näher ans Fenster. Entfernt war die Stadt zu sehen, modellhaft, wie hingetupft die großen Gebäude im Zentrum, überragt vom Fernsehturm, der wie zum Abschied mit den Reflexen auf der Kugel blinkte.
    Neben dem Alex-Hotel wirkten das Pressezentrum – das ehemalige Springergebäude – und die anderen Hochhäuser klein.
    Unwillkürlich dachte Monig fünf Jahre zurück. Wie schnell die Zeit vergangen war! Damals, als die sogenannten westlichen Alliierten die Stadt verließen und kurz danach die paritätische Verwaltungskommission gebildet wurde, stand ich kürz vor dem Diplom, überlegte er. War ein ganz schönes Durcheinander auf den Behörden damals, kein Mensch hatte Sinn für einen wißbegierigen Diplomanden.
    Die Maschine hatte ihren Kurs eingeschlagen. Sie flog Richtung Vilnius, eine Strecke, die Thomas bekannt war. Er rückte vom Fenster weg. Seine Begleiterin, der die Tragfläche den Blick nach unten jetzt ebenfalls völlig verwehrte, lehnte sich in ihrem Sessel zurück.
    »Ich werde immer noch nicht damit fertig«, sagte Thomas, »daß Sie auch nach Mirny fliegen. Welche Aufgabe haben Sie?«
    »Gesundheitswesen«, antwortete sie. »Ich mache dort mein ärztliches Praktikum.«



»Den Sommer über?« fragte er.
    »Nein«, entgegnete sie, »für uns ist es gerade der antarktische Winter, der Probleme bringt. Wir wollen feststellen, wie die Menschen die extremen Temperaturen vertragen und wie den dort auftretenden Krankheiten beizukommen ist.«
    »Wird es nicht zu anstrengend für Sie werden? Der Winter in Mirny soll trotz allem Komfort sehr langweilig sein.«
    Sie sah Thomas erstaunt an und sagte: »Ich habe doch eine Aufgabe! In meiner Seminargruppe wären viele froh gewesen, hätten sie die gleiche Möglichkeit wie ich gehabt.«
    Das ist ja eine, dachte Thomas, spricht wie Mattau. – Er beugte sich etwas vor und sagte leichthin: »Ich mache auch eine Art Praktikum, aber mir genügt der Sommer.«
    Sie ging auf seine Bemerkung nicht ein und fragte: »Von welcher Fachrichtung sind Sie?«
    »Bergbauwissenschaften – mit vermessungstechnischen Spezialkenntnissen.«
    »Da werden Sie ja direkt untertage eingesetzt?« fragte sie.
    »Ja sicher«, antwortete er wenig begeistert. »Unter Eis, könnte man vielleicht besser sagen, in TITANGORA, tausend Kilometer südlich von Mirny.«
    Sie lächelte. »Das stelle ich mir sehr schwierig vor«, sagte sie.
    »Na ja«, antwortete er. »Aber vom Bergbaulichen her wird es kaum anders als überall

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