Anthologie - Das Ginsterbett
freundlich gesonnen war. »Daß ihr nie Frieden halten könnt.«
»Übrigens geht Lill-Magnus nie an die Flöße«, sagte Stor-Magnus dickköpfig.
»Was, willst du das sagen? Glaubst wohl, man hat keine Augen? Und wie er das Boot nimmt und das Lasso um die Flöße wirft und sie näher an Fläsket zieht! Glaubst wohl, man hat keine Augen, was?«
Frans hatte Augen, und das bezweifelte keiner. Und wenn er sehen konnte, auch wenn es nur Fantasie war, so zog er es heran und machte Wirklichkeit draus.
»Wenn ich hier nicht in der Klemme säße, würde ich dir den Stiefel in das Arschloch treten«, sagte Stor-Magnus, bereute aber sofort seine Unbeherrschtheit.
»Mir den Stiefel in den Arsch treten?«
Frans erhob sich in seiner ganzen Länge und schlug die Faust in die Fischsuppe, daß Brachsen und Schwartenstücke an die Tapete spritzten.
»Paß auf, die Kescher«, sagte Magda, »was macht ihr mit den Keschern!«
Die Männer am Tisch wollten gerade hoch, um Stor-Magnus einen ins Kreuz zu geben, als der Nebel wie eine spröde Gardine zerriß und einen Mond zeigte, so groß und schön, daß sie ihr Vorhaben vergaßen. Frans nahm einen Schluck aus der Flasche um sich Mut für eine letzte, vernichtende Salve zu verschaffen:
»Paß auf, daß du nicht wieder auf die falsche Insel kommst, du Ratte, denn das nächste Mal treten wir dich in die Suppe und lassen dich nicht einmal ein ehrliches Begräbnis bekommen.«
Stor-Magnus nahm das Boot und ruderte, was er nur konnte. Als er auf halbem Weg zwischen den Inseln war, schrie er, daß es zwischen den Schären hallte:
»Das mußt du sagen, wo du noch nicht mal deine Alte bürsten kannst!«
Da ging Frans nach der Büchse und gab vier Schuß ab.
Einer davon traf, und die Männer an Land konnten sehen, daß Frans ein resoluter Schütze war. Er hatte mit einer Kugel in Stor-Magnus’ hellblaue Iris getroffen, das Auge brach, die Ruder fielen ins Wasser, und man hatte noch einen, den man auf Fläsket in die sandigen Bergspalten stopfen konnte.
Bis tief in die Nacht hinein konnten die Männer auf Limpan hören, wie man auf Fläsket Psalm nach Psalm sang. Als man zu »behüteter kann niemand sein« kam, lachten die Männer auf Limpan so, daß ihnen die Knochen im Halse standen.
»Daß ihr nie Frieden halten könnt«, sagte Magda und lief in den Vorraum hinaus, wo sie vor Kummer weinte und sich wütend im Rocksaum schneuzte.
»Das hier nimmt ein Ende mit Schrecken, das tut es«, flüsterte sie leise vor sich hin.
Und die Möwen schrien, und ihr Lärm mischte sich mit dem der Männer in der guten Stube, die sich noch eine Flasche zu Gemüte führten und zueinander sagten, daß nie ein Außenstehender etwas erfahren sollte. Die auf Fläsket waren viel zu feige und außerdem hatten sie selbst so viel Dreck verschiedenster Art am Stecken, daß es über den famosen Schuß schon totenstill sein würde.
Aber Magda saß im Vorraum und dachte dieselben Gedanken, mit denen sich auch ihre Mitschwestern trugen, auf Limpan wie auf Fläsket. Nur, daß keinem die Zunge gegeben war, es laut auszusprechen.
Magda auf Kranvred schmiegte sich dicht an ihre Tante im Wandbett und fuhr fort zu flennen, das einzige, was sie tun konnte.
Dann hakte sie vorsichtig die Garnitur ab und legte sie auf einen tiefen Teller neben dem Topf auf dem Boden.
Der größte Hof auf Fläsket hieß Strate und lag tief landeinwärts auf der Insel, wohl verborgen hinter hohen Pappeln (Pappeln können bis zu fünfzig Meter hoch werden).
In ihm, in all dem Grünen, regierte die hochgewachsene und ofenwarme Lys. In dieser Nacht war sie nicht untätig. Das, was alle Frauen auf den beiden Inseln dachten, faßte sie in Worte. Sie sammelte alles, was Fläsket an weiblichen Wesen hatte, um den großen Tisch im Speisesaal und schenkte süßen Wein aus. Dann erhob sie sich, forderte Schweigen und sprach folgendermaßen:
»Frauen auf Fläsket! Wir haben heute in unserer tiefsten Spalte Stor-Magnus begraben. Ein ordentlicher Kerl, wenn es um Zugnetz und Garn ging, aber ein roher Bursche, was die menschlichen Gefühle betrifft. (Wie wohl sie ihre Worte setzen konnte, die schöne Lys.) Dieser unnütze Kerl (jetzt wurde sie grob) war der neunte in einer Woche, und wenn das so weitergeht, werden wir bald selbst in die Boote gehen dürfen. Wer soll dann unsere Kleinen besorgen? Wer soll ausmisten und melken?«
Niemand konnte darauf antworten. Die Frauen saßen still und fragten sich, was kommen würde.
»Und zuletzt, wer soll am
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