Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)
Ehrlichkeit, Liebe, Vertrauen und Offenherzigkeit. Als Mitglied der christlichen Minderheit im Vorderen Orient verbürge ich mich dafür, dass Handel, vor allem Handel in einem überschaubaren Rahmen, das Tor zu Toleranz ist – meines Erachtens das einzige Tor zu jeglicher Form von Toleranz. In dieser Hinsicht ist er Rationalisierungen und Belehrungen weit voraus. Das ist wie beim antifragilen Tüfteln, wo Fehler klein und schnell vergessen sind.
Ich möchte glücklich darüber sein, ein Mensch zu sein; ich möchte in einer Umgebung leben, in der andere Menschen mit ihrem Schicksal zufrieden sind – allerdings hätte ich mir vor meinem kurzen Abstecher in die akademische Welt nie träumen lassen, dass ich diese Umgebung in einer bestimmten Form des Handels (in Kombination mit der Existenz des abgeschiedenen Forschers) finden würde. Der Zoologe, Autor und libertäre Ökonom Matt Ridley vermittelte mir das Gefühl, dass der Intellektuelle in mir in Wahrheit phönizischer (oder genauer gesagt kanaanitischer) Händler ist.
V. Aufbau
Antifragilität besteht aus sieben Büchern und einem Anmerkungsapparat.
Warum »Bücher«? Die erste Reaktion des Romanautors und Essayisten Rolf Dobelli nach der Lektüre der Kapitel über Ethik und die Via Negativa, die ich ihm jeweils einzeln zukommen ließ, bestand darin, dass er mir empfahl, aus den Kapiteln jeweils ein eigenes Buch zu machen und es als Essay von kurzer bis mittlerer Länge zu veröffentlichen. So könnten dann jene, die in der Buchzusammenfassungsbranche tätig sind, vier oder fünf einzelne Beschreibungen anfertigen. Aber mir war klar, dass es sich bei den Kapiteln keineswegs um selbstständige Essays handelt; es sind vielmehr verschiedene Anwendungen einer zentralen Idee, die entweder in unterschiedlicher Intensität entfaltet oder auf jeweils andere Bereiche angewandt wird: Evolution, Politik, Betriebswirtschaft, Naturwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Morallehre, Erkenntnistheorie und Philosophie im weitesten Sinn. Ich nenne sie daher Bücher und nicht Abschnitte oder Teile. Bücher sind für mich keine aufgeblasenen Zeitschriftenartikel, sondern eine Leseerfahrung; und Akademiker, die die Angewohnheit haben zu lesen, um das Gelesene in ihren Texten zu zitieren – anstatt dass sie zum Vergnügen lesen, weil sie ihre Neugier befriedigen wollen oder einfach weil ihnen der Akt des Lesens behagt –, sind normalerweise frustriert, wenn sie den Text nicht schnell überfliegen und in einem einzigen Satz zusammenfassen können, der ihn mit einem aktuellen Diskurs in Beziehung bringt, in dem sie selbst sich gerade befinden. Außerdem ist der Stil des Essays der genaue Gegensatz zu dem eines erzählenden Buches – in Letzterem mischen sich autobiographische Überlegungen, Parabeln und eher philosophische Gedanken mit wissenschaftlichen Fragestellungen. Ich schreibe über Wahrscheinlichkeit und bringe dabei meine ganze Seele ein und meine gesammelten Erfahrungen im Risikogeschäft; wenn ich schreibe, gehören auch meine Narben dazu, denn mein Denken ist untrennbar mit meiner Autobiographie verbunden. Außerdem ist gerade für das Thema Ungewissheit die Form des persönlich gefärbten Essays ideal.
Das Buch ist folgendermaßen aufgebaut:
Der Anhang zu diesem Prolog bietet die Triade Fragil – Robust – Antifragil als Tabelle in einer umfassenden, am Fragilitätsspektrum ausgerichteten Darstellung der Welt.
Buch I , Das Antifragile: Eine Einführung ,stellt die neue Eigenschaft vor und erörtert die Evolution und den Bereich des Organischen als von Natur aus antifragile Systeme; und es beschäftigt sich mit dem Kompromiss zwischen der Antifragilität des Kollektivs und der Fragilität des Individuums.
Buch II , Die Moderne und die Verleugnung von Antifragilität, beschreibt, was passiert, wenn man Systeme gegen Unbeständigkeit abschottet. Dabei beziehe ich mich vor allem auf politische Systeme und handle die Problematik an der Erfindung des Nationalstaats ab. Außerdem gehe ich auf die Vorstellung ein, dass die Absicht zu heilen oder zu helfen eher das Gegenteil bewirkt.
Buch III , Eine prognosefreie Sicht der Welt, stellt Fat Tony vor und beschreibt seinen intuitiven Zugang zur Fragilität. Außerdem befasse ich mich, ausgehend von dem römischen Philosophen und Mann der Praxis Seneca, mit der grundlegenden Asymmetrie der Dinge.
Buch IV , Optionalität, Technik und die Intelligenz von Antifragilität, behandelt die rätselhafte Eigenschaft der Welt,
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