Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
Kleiderschranks und rannte in sein Zimmer.
Dort griff er „Häkeln für Fortgeschrittene“ aus seinem Ranzen und zog die Visitenkarte des Opas zwischen den Seiten hervor.
Er wendete das schimmernde Kärtchen im Licht. Ta t sächlich. Auf der Rückseite standen die Initialen „K.W.“, direkt unter einer Prägung in Form eines Ahornblattes.
Antons Hände zitterten. Er trat vor die gestapelten Kartons in der rechten Zimmerecke, zog den untersten hervor und nahm das Fisher Price Telefon heraus.
Dann setzte er sich damit auf sein Bett.
Einen Moment lang betrachtete er die Vorderseite der Visitenkarte. „Hubertus Pfeiffer, Direktor a.D.“, darunter eine Telefonnummer. Er begann zu wählen.
Die Plastikdrehscheibe ratterte bei jeder Drehung, und die Kulleraugen kreisten im Rhythmus.
Einen Moment lang war es still. Dann ertönte ein Fre i zeichen. Und dann eine Stimme. Knarzig und mit einem Rauschen im Hintergrund.
„Ja, wer da? Pfeiffer am Apparat!“
Entgeistert hielt Anton den Atem an.
„Ja, bitte?“
„H-hier auch Pfeiffer.“
„Wie? Ist da ein Scherzbold?“ Die Stimme am anderen Ende klang jetzt etwas unwirsch.
„N-nein…“
„Ja, wie, wer dann?“
„Hier spricht dein Enkel!“
Plötzlich war es still in der Leitung. Bestimmt fünf S e kunden lang.
Dann ertönte etwas, das klang wie das Bellen eines asthmatischen Hundes. Anton musste den Hörer vom Kopf weg halten.
„Das gibt es ja nicht! Dass ich das noch erlebe!“
Die Stimme am anderen Ende beruhigte sich wieder.
„Komm doch mal ins Licht, Junge!“
„Wie?“
„Ein Stück nach rechts!“
Verwirrt rückte Anton auf der Bettkante ein Stückchen nach rechts. Er schaute hoch und sah, was los war. Es war das Foto auf dem Regal!
Ein holzgerahmtes Familienbild, das ihn zusammen mit seiner Mutter und Opa Hubertus zeigte. Aber etwas darin hatte sich verändert. Der Opa hatte seine Position verla s sen und war vorne an den Rand getreten. Er winkte Anton mit der rechten Hand zu. Und strahlte dabei.
Unsicher winkte Anton zurück.
Und schon tönte wieder die Stimme des Opas im Tel e fonhörer.
„Wie schön, dass es endlich geklappt hat!“
„Was denn?“
„Na, was wohl? Es hat geklingelt im Oberstübchen! Es hat Klick gemacht, quibus quabus Fidibus, der Groschen ist gefallen! Endlich!“
„Ich verstehe nicht ganz…“
Der Opa lachte. „Mein Junge. Jahrelang habe ich d a rauf gewartet, dass mein einziger Enkel seine wahren T a lente entdeckt. Und ich habe mir solche Mühe gegeben! Ein Hinweis nach dem anderen. Irgendwann muss er doch etwas merken, dachte ich mir. Ganz ehrlich, ein Häke l buch? Für einen Jungen? Und eine Schuhputzbürste, wer braucht denn sowas?“
Der Opa lachte wieder. „Aber der Funke wollte nicht überspringen. Es musste erst der richtige Aktivator ko m men. Man kann der Magie halt nicht ins Handwerk pf u schen…“
Seine Stimme wurde wieder ernster. „Aber nun hat es ja endlich geklappt, warum sonst hättest du zum Telefo n hörer gegriffen?“
„Was genau hat denn geklappt?“, fragte Anton z ö gernd.
„Stell dich nicht dumm, Junge. Du bist im Besitz des sechsten Sinnes, dem Sinn für die Magie! Irgendetwas hat ihn zum Leben erweckt. Manchmal reicht schon das Hu s ten eines Kobolds, ein zufälliger, zauberhafter Gedanke. Wer weiß, was es bei dir war…“
Einen Moment lang war es still.
„Ich hoffe, ich überfordere dich nicht, aber du bist ein Halbmagier. Ein Magus semihomo dimidatus , wie man so schön im Fachchinesisch sagt.“
Das Gesicht von Opa Hubertus im Bilderrahmen l ä chelte.
„Dein Vater, Gott hab` ihn selig, war ein Vollmagier, genau wie meine Wenigkeit. Sehr talentiert war er, der gute Junge, und viel zu früh ist er von uns gegangen. Deine Mutter, das liebe Mariechen, war immer völlig ahnungslos. Und ist es noch heute. Hat sich halt verliebt in den Bengel, und ist selbst ein ganz normales Menschenkind.“
Anton überlegte. Dann runzelte er die Stirn.
„Das ist ja schön und gut. Aber wenn ich ein Halbm a gier bin, dann müsste ich ja wohl zaubern können?“
Opa Hubertus lachte. „Was denkst denn du?“ Er hob den Zeigefinger. „Von nichts kommt nichts, wie ich zu sagen pflege. Die Anlagen hast du - aber dir fehlt die Pr a xis!“
Die Stimme von Opa Hubertus wurde von einem la u ten Rauschen übertönt.
„Wo bist du Opa? Die Leitung ist sehr schlecht…“
„In Alaska...ein wichtiger Auftrag.“
„Ein Auftrag?“
„Ja natürlich…muss noch erledigt
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