Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
und führte dazu, dass Tante Rita mit ihren Planu n gen ganz schön durcheinander kam.
Es war Antons neuer Chemielehrer. Ein wirklich ne t ter Kerl, wie Onkel Erwin am Abend feststellte. Da hatte er schon den dritten Wacholderbeerschnaps getrunken. Und sehr charmant war er auch, wie Tante Rita beipflic h tete. Und überhaupt. Marie Pfeiffer und der Herr Rofius würden ein ganz entzückendes Paar abgeben. Rein theor e tisch, versteht sich.
Opa Hubertus war wie üblich auf den letzten Drücker angereist. Mit einem riesigen Berg von Gepäck und G e schenken. Komischerweise schienen er und der Herr Chemielehrer sich schon seit Jahren zu kennen. Von i r gendeinem Kongress. Oder so etwas Ähnlichem.
Schon der Vormittag des Heiligen Abends war höchst ungewöhnlich verlaufen. So ungewöhnlich, dass Anton aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus kam. Marie Pfeiffer hatte ihre große, weiße Schürze aus dem Schrank geholt und sich in die Weihnachtsbäckerei gestürzt.
Da wurden Zitronen geschnitten, kandierte Kirschen zerkleinert und Kuchenteig gerührt. Da wurden Bratäpfel aus dem Backofen gezogen, Sahne geschlagen und Nüsse zerhackt.
Das Küchenfenster war plötzlich mit allerlei Glitze r sternchen dekoriert. Und auf dem Adventskranz flackerten Kerzen. Zum ersten Mal seit Jahren. Staunend sah Anton seiner Mutter zu, wie sie die fertigen Kuchenformen aus dem Backofen zog. Überall roch es nach Zimt und süßen Früchten. Und auf den roten Wangen von Marie Pfeiffer zeichneten sich kleine Lachgrübchen ab.
Am Abend saßen dann alle zusammen bei Onkel Erwin und Tante Rita. Holzfeuer brannte im Kachelofen, und es duftete nach Tanne und Gänsebraten. Onkel Erwin g e nehmigte sich einen Schnaps nach dem anderen. Das hatte er sich auch verdient, denn die Gans war dieses Jahr vo r züglich gelungen.
Anton saß etwas abseits neben dem Kamin. Er stre i chelte Tante Ritas Katze. Und er hatte etwas in der Hand.
Einen Brief. Er sah ziemlich edel aus. Die Adresszeile bestand aus schwarzen, geschwungenen Tintenbuchstaben, die im Licht des Kaminfeuers leicht glitzerten. Hinten auf dem Umschlag befand sich ein rotes Wachssiegel.
„Na? Hast du Post bekommen…“ Opa Hubertus war hinter Anton getreten. Er paffte an seiner Pfeife.
Anton nickte. Der Brief hatte morgens vor der Wo h nungstür gelegen. Einfach so. Ganz ohne Absender.
Der Opa lächelte. „Lass mich raten. Der Postbote hatte lange Ohren.“
„Wie kommst du denn darauf?“
Aber der Opa lächelte nur.
„Worauf wartest du, mach ihn auf!“
Vom Esstisch schaute Marie Pfeiffer herüber. „Was soll er aufmachen? Noch mehr Geschenke?“
„Nein, ein Brief…“, murmelte Anton.
„Ein blauer Brief..“ Opa Hubertus schmunzelte wi s send und paffte an seiner Pfeife.
„Was, blau?“ Die Stimme von Antons Mutter klang jetzt etwas schrill.
„Nicht was du denkst, meine Liebe“, lachte Opa H u bertus.
Inzwischen hatten sich alle um Anton am Kamin ve r sammelt und blickten neugierig auf den Brief in seiner Hand.
„Der sieht wertvoll aus“, stellte Onkel Erwin fest.
„Das ist er mit Sicherheit...“
Anton strich vorsichtig über das rote Wachssiegel.
Dann riss er es auf und zog den Brief aus dem U m schlag. Gespannte Blicke hefteten sich auf das Blatt.
SEHR GEEHRTER HERR
ANTON PFEIFFER,
WIR FREUEN UNS GANZ AUSSERORDEN T LICH, SIE IM KOMMENDEN HALBJAHR ALS NEUEN TEILNEHMER AN UNSEREM INST I TUT BEGRUESSEN ZU DUERFEN:
„LATEIN FUER ANFAENGER“.
HOCHACHTUNGSVOLL, IHR INSTITUT FUER AUSGESTORBENE SPRACHEN .
„Gibt`s ja nicht“, brachte Onkel Erwin hervor, und Marie Pfeiffer schlug die Hände vor den Mund. „Mein Junge!“, rief sie und umarmte Anton. „Du willst Sprachen lernen…? Wie wundervoll!“
Strahlend blickte sie in die Runde. „Erst die Eins Minus in Mathe… und jetzt das noch!“
Opa Hubertus und Professor Rofius sahen sich an und schmunzelten. Opa Hubertus zog zufrieden an seiner Pfe i fe, und Professor Rofius tätschelte Anton die Schulter.
„Herzlichen Glückwunsch, mein Junge. Auf ein erfol g reiches erstes Schuljahr!“
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