Antrag nach Mitternacht
mit ihm und nicht mit einem anderen Mann. Die Zeit, in der sie einem Mann zu Willen hatte sein müssen, lag lange hinter ihr. Also gab es auch keinen Grund, sich niedergeschlagen zu fühlen, nur weil der Mann, der einmal in sie verliebt war, eine begonnene Verführung nicht zu Ende geführt hatte.
Außerdem würde sie nicht länger darüber nachgrübeln.
Sie zwang sich dazu, ihre vernachlässigte Korrespondenz in Angriff zu nehmen. Doch keine fünf Minuten später waren ihre Gedanken schon wieder auf den ausgetretenen Pfaden unterwegs.
Als es ihr schließlich doch noch gelang, Rochford und seine Küsse aus ihrem Kopf zu verbannen, traten an deren Stelle ihre Sorgen wegen Perkins. Sie hatte befürchtet, er könnte wieder vor ihrer Tür stehen, um sich über Rochfords Verhalten zu ereifern, doch das geschah nicht. Eigentlich hätte diese Tatsache Grund zur Erleichterung sein sollen, das Gegenteil war aber der Fall. Das Wissen, dass er jederzeit irgendwo auftauchen konnte, machte sie nervös, und diese Nervosität steigerte sich noch, als der Tag der Abrechnung näher rückte.
Francesca hatte keine Ahnung, was sie tun oder sagen sollte, wenn er sie aufsuchte, um sein Geld zu fordern. Immer wieder überlegte sie, mit welchem Argument sie ihn davon zu überzeugen vermochte, seinen Plan nicht in die Tat umzusetzen. Oder wie sie widerlegen konnte, was er behauptete. Oder wie sie sich mit ihm einigte, den geforderten Betrag in mehreren Raten zu bezahlen. Aber es gelang ihr nicht, ihre Gedanken zu ordnen, um sich eine Vorgehensweise zu überlegen. Und nichts, was sie ihm bieten konnte, war ein angemessener Ersatz für das, was er haben wollte. Ihm musste klar sein, dass sie nie genug Geld eintreiben konnte, um ihn zu bezahlen, ihr ganzes Leben lang nicht. Außerdem war davon auszugehen, dass er ganz gewiss nicht bereit war, noch länger auf den geforderten Betrag zu warten. Perkins war kein Mann, bei dem man Entgegenkommen erwarten konnte.
Zwei Tage nach dem Fest saß Francesca im Wohnzimmer und listete all ihre Vermögensgegenstände auf, in der Hoffnung, dass sich eine Summe ergab, die sich wenigstens in der Nähe dessen bewegte, was Perkins von ihr forderte. Plötzlich hörte sie im Flur Callies Stimme.
Sie sprang auf, da sie insgeheim vermutete, dass Rochford bei ihr war.
Callie war jedoch allein erschienen, und Francesca rügte sich für den Anflug von Enttäuschung, den sie deswegen verspürte. Sie ging mit einem Lächeln darüber hinweg, als sie nach den Händen ihrer neuen Freundin griff und sie liebevoll drückte.
„Callie, gerade habe ich noch an dich gedacht. Heute Nachmittag wollte ich dich aufsuchen.“
„Dann bin ich froh, dass ich hergekommen bin, bevor du dich auf den Weg zu mir machen konntest“, antwortete Callie mit einem Lächeln.
Francesca läutete, damit Tee gebracht wurde, und die beiden Frauen setzten sich hin, um sich in aller Ruhe zu unterhalten. Am Abend der Soiree hatten sie beide kaum Gelegenheit gehabt, mehr als ein paar Worte zu wechseln. Zu ihrem Bedauern musste sie erfahren, dass Rochfords Schwester am nächsten Tag London verlassen würde, um zum Landsitz ihres Mannes zu reisen. „Nein, das kannst du doch nicht machen! Du bist gerade erst heimgekehrt“, protestierte Francesca.
„Ich weiß, aber Brom hat sein Anwesen lange genug nicht mehr gesehen. Er sagt, er hat es schrecklich vernachlässigt. Direkt vor unserer Hochzeit war er nur noch einmal kurz dort gewesen.“
„Ja, ich erinnere mich“, erwiderte Francesca amüsiert. „Er erwähnte, die zwei Monate eurer Verlobung an diesem Ort zu verbringen, aber länger als zwei Wochen konnte er letztlich nicht von dir getrennt sein.“
Callie lachte auf eine kehlige, zufriedene Art. „Das stimmt, auch wenn er seinerzeit behauptet hat, dass es dort nicht so viel zu tun gab wie erwartet.“
„Du wirst mir schrecklich fehlen.“
„Du musst mich besuchen“, sagte Callie. „Ich kenne da keine Menschenseele, und ich werde mich auf dem Land schrecklich einsam fühlen. Wenn die Saison vorüber ist, solltest du dich auf den Weg machen.“
„Aber du hast doch Bromwell“, hielt Francesca ihr vor Augen. „Ich glaube, er wird dir genügen. Außerdem will ich nicht einem frischvermählten Paar zur Last fallen.“
„Du fällst uns nicht zur Last. Bis dahin bin ich ohnehin längst nicht mehr frischvermählt. Und Brom wird genug zu tun haben, weil bis dahin die Ernte begonnen haben wird.“
„Na ja, vielleicht für ein paar
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