Antrag nach Mitternacht
Kandidatinnen am längsten unterhielt. Doch Francesca hatte Mühe, einen Eindruck von seinem wahren Interesse an ihr zu bekommen, da sich der Großteil der Konversation zwischen den beiden Männern abzuspielen schien.
Sie bemühte sich, nicht zu offensichtlich in Rochfords Richtung zu schauen, aber irgendwann im Verlauf des Abends stand Sir Lucien bei ihr und fragte amüsiert: „Na, spionieren wir etwa dem Duke nach?“
„Was?“ Erschrocken drehte sich Francesca zu ihm um. „Natürlich nicht. Wie kommst du denn auf diese Idee?“
Sie fürchtete allerdings, dass ihre Unschuldsbeteuerungen durch die Röte widerlegt wurden, die sich, schuldbewusst wie sie sich fühlte, über ihr Gesicht ziehen musste. Sir Luciens Blick bestätigte im nächsten Moment, dass er sie durchschaut hatte.
„Ach, wirklich. Tja, dann wird dich bestimmt auch nicht interessieren, was man sich in den Clubs erzählt.“
„In den Clubs? Was denn? Etwa über Rochford?“
„Über niemanden sonst.“
„Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist“, meinte sie beiläufig und ließ ihre Augen durch den Raum schweifen, als wäre alles interessanter, nur eben nicht die eben gehörte Bemerkung. Da Lucien jedoch beharrlich schwieg, blieb ihr schließlich nichts anderes übrig, als dann doch zu fragen: „Was erzählt man sich denn?“
Er lächelte flüchtig. „Nur dass der Duke offenbar auf der Suche nach einer Braut ist.“
„Tatsächlich?“ Sie drehte sich zu Sir Lucien um und gab es auf, die Desinteressierte zu spielen. „Hat er sich dementsprechend geäußert?“
„Das möchte ich bezweifeln. Schließlich ist er ein verschwiegener Typ. Aber es ist aufgefallen, dass er in dieser Saison öfter gesehen wurde als in den Jahren zuvor. Er besucht Bälle und geht ins Theater. Er stattet Besuche ab und fährt in der Gesellschaft von Damen durch den Park. Und bei den Festen, zu denen er geht, bricht er nicht kurz nach seiner Ankunft wieder auf, so wie man es bisher von ihm kannte. Er unterhält sich nicht nur mit Freunden und Familienangehörigen, sondern auch mit einer ganzen Reihe von jungen Frauen, von denen er in den Jahren zuvor meistens überhaupt keine Notiz genommen hatte.“
„Verstehe“, entgegnete Francesca und hielt inne. Ihr waren diese Dinge natürlich allesamt bekannt, hatte sie den Duke doch überhaupt erst dazu angehalten. Aber all das nun als allgemeinen gesellschaftlichen Klatsch zu vernehmen, das ließ diese Dinge mit einem Mal schrecklich real erscheinen – und schrecklich endgültig. „Und wird er mit einem bestimmten Namen besonders in Verbindung gebracht?“
„Der Name von Lord Calderwoods jüngster Tochter ist mehr als einmal gefallen.“
„Mary.“
„Ja, Mary. Sie ist eigentlich sehr schüchtern, und doch wurde sie gesehen, wie sie sich mit dem Duke angeregt unterhielt. Außerdem hat er sie zu Hause besucht und ist mit ihr in seiner Kutsche ausgefahren. Durchweg Anzeichen für ein untypisches Interesse von seiner Seite.“
Francesca zuckte mit den Schultern. „Vermutlich ja. Allerdings scheint mir das recht wenig zu sein, um gleich von einer Heirat zu reden. Rochford ist ein eingefleischter Junggeselle.“
„Und genau deshalb werden seine Aktivitäten ja so unter die Lupe genommen und als Beweis dafür angesehen, dass er auf Brautschau ist. Er ist so sehr dagegen, mit dem Namen irgendeiner Dame in einem Atemzug genannt zu werden, da wird selbst der winzigste Hinweis zum Großereignis erklärt. Andere Männer müssen ihre Auserkorene mit Geschenken überhäufen, mit ihr spazieren gehen, sie besuchen, ihr Gedichte vortragen, ehe die Gesellschaft davon Notiz nimmt, dass es sich dabei um eine Werbung handelt. Bei Rochford genügt es, wenn er sich mit einer Frau nur etwas länger als üblich unterhält.“
„Dennoch finde ich, dass die Leute voreilige Schlüsse ziehen. Vielleicht gibt er sich nur etwas mehr Mühe, nachdem Callie aus Lilles House ausgezogen ist. Womöglich fühlt er sich nur einsam und sucht ein wenig Gesellschaft.“
„Mag sein, aber für gewöhnlich verbringt er dann mehr Zeit im White’s, anstatt sich mit Frauen im heiratsfähigen Alter zu treffen.“
Francesca nickte ein wenig gedankenverloren und sah sich um. Sie wusste nicht, wohin Rochford verschwunden war, dafür entdeckte sie Mary Calderwood, die mit einer ihrer Schwestern auf einem der Stühle saß, die an der Wand aufgestellt waren.
Lucien folgte ihrem Blick. „Natürlich würde er sich dann mit Calderwood als
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