Antworten auf Fragen
der Mann.
„Lassen Sie es nicht bei einem Versuch bewenden, versuchen Sie es weiter. Stellen Sie sich vor, dass Sie die letzten Jahre impotent gewesen sind, die Familie aber erhalten geblieben ist. Und sehen Sie die sexuellen Eskapaden Ihrer Frau anders. Dann werden für Sie nicht das Bett, sondern die freundschaftlichen Gefühle ausschlaggebend. Oder stellen Sie sich vor, dass Sie gestorben sind, und modellieren Sie das Leben Ihrer Frau ohne Sie: Wie sie einen anderen heiratet und ihm Kinder schenkt. So ist das Leben, und alles Glück im Leben kann niemals höchstes Ziel, sondern nur Mittel sein.“
Ich sprach mit den Eheleuten und versuchte zu verstehen, was in ihrem Charakter, in ihrer Weltanschauung zu diesen Problemen geführt hat. Wenn man jemandem helfen will, gibt es vielfältige Möglichkeiten. Einer meiner Bekannten hat einmal gesagt:
„Der Mensch ist biologisch so veranlagt, dass er anderen bei weitem besser als sich selbst helfen kann.“
Und in diesem Augenblick wandelte sich mein Wunsch zu helfen in Verständnis für die Situation um.
„Durch sexuelle Momente sind wir sehr stark mit menschlichem Glück verbunden“, sagte ich den Eheleuten. „Wenn die Ehe nur auf dem sexuellen Gefühl beruht, kann sie nicht dauerhaft sein. Die Gefühle lassen nach, es kommt zum Ehebruch, und die Ehe geht kaputt. Meinem Freund gab sein Vater den Rat: ,Willst du eine normale Ehe führen, heirate eine Frau, die dir ein guter Freund ist.’ Wenn die sexuellen Gefühle in freundschaftliche übergehen, bleibt die Ehe erhalten, falls die sexuellen Beziehungen ins Wanken geraten.“
Dass heißt, wenn Sie als Familie gemeinsame Ausflüge machen, gemeinsam etwas unternehmen, sich ständig einander Wärme, Aufmerksamkeit und Achtung schenken, dann verwandeln sich Ihre menschlichen Gefühle schneller in göttliche Gefühle. Je mehr Liebe und Wärme Sie einander geben, umso weniger sind Sie von sexuellen Beziehungen abhängig. Wenn wir aber versuchen, einen solchen Liebesbeweis aus irgendeinem Grund zu unterbinden, geraten wir in Abhängigkeit von menschlichen Werten.
Sergej Nikolajewitsch, in Ihrem vierten Buch im Kapitel „Liebe und Moral“ gehen Sie auf Sätze aus dem Evangelium ein: „Selig sind, die geistig arm sind...“ Sie behaupten, dass für geistig Arme — Schufte, Schurken, Verräter usw. — das Gefühl der Liebe näher und verständlicher als für Kluge, Anständige usw. ist.
Es steht doch aber fest, dass Schufte und Schurken überhaupt keine Vorstellung von der Existenz der Liebe haben. Ich bitte Sie, Ihren Gedanken zu erläutern. Außerdem führen sie als gefühlvollstes Liebeslied das Lied von Wladimir Wyssozki an:
„Doch halt, mein Freund, sie ist doch unrein... Das ist mir egal, ich habe großes Verlangen...“ Geht es hier denn um Liebe oder nur einfach um „Verlangen“?
Wenn der Mensch nur „Verlangen“ hat, dann spricht er nicht von einer Schicksalswende. Im Lied gibt es noch die Zeilen: „Heute werden sie mich nicht besudeln, heute sind mir alle schnuppe.“ Das heißt, es gibt etwas zu besudeln. Vielleicht habe ich in polemischem Eifer etwas übertrieben, als ich sagte, dass dies das beste Gedicht Wyssozkis über die Liebe ist, doch davon, dass es ein Liebesgedicht ist, bin ich überzeugt. Jeder spricht von der Liebe auf seine Weise. Und sie lässt sich nicht in Schablonen pressen. Wenn Sie Schuften und Schurken das Gefühl der Liebe absprechen, dann handeln Sie hier, wie mir scheint, übereilt. Denn niemand nennt sich selbst einen Missetäter. Wir alle empfinden das Gefühl der Liebe, nur kann dieses Gefühl bei einem Schurken entstellte Formen annehmen, während es beim anständigen und edlen Menschen bei weitem schöner ist. Doch wenn der anständige und edle Mensch seine Prinzipien und Ideale zum Selbstzweck macht, dann tötet er die Liebe schneller als der unanständige und unedle Mensch. Dem unerzogenen und ungebildeten Bauern fällt es bedeutend leichter, eine Kränkung und Beleidigung zu verzeihen und zu vergessen als dem gebildeten und geistigen Adligen. Als der Adel im Aussterben begriffen war, haben die Herren unerzogene und unwissende Bäuerinnen geheiratet. Es gab Stammhalter, und die Aristokratie überlebte. Von der Natur werden uns und unseren Kindern oft Beschränkungen in Fähigkeiten, Intellekt und Ethik auferlegt, damit wir nicht vergessen, dass die Liebe wichtiger als alles andere ist.
Was können Sie über das heutige Russland sagen?
Ich denke, dass wir ein
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