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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihre Augen zornig auf.
    »Ich werde nie wieder irgendwem gehören!«, sagte sie scharf. »Ganz egal, wie nett er ist, oder wie reich. Das hier ist vielleicht kein Palast, und dir kommt es wahrscheinlich schäbig vor, aber es ist meins. Ich habe es mir ehrlich erarbeitet.«
    Sie hatte es sich erkauft, dachte Bast traurig, mit ihrer Jugend und ihrer kindlichen Frische, aber beides würde nicht ewig vorhalten. Nicht einmal mehr lange. Ihr Körper und ihr Gesicht mochten makellos sein, aber ihre Seele hatte bereits tiefe Wunden davongetragen. Bald würden sie zu Narben werden, die nie wieder verschwanden.
    »Hier!« Vielleicht gerade der Umstand, dass sie nichts mehr gesagt hatte, schien Faye dazu zu provozieren, sich noch weiter zu verteidigen. Sie bückte sich wieder nach ihrer Kiste, grub mit ärgerlichen Bewegungen darin herum und förderte einen braunen Briefumschlag zutage, den sie Bast geradezu triumphierend hinhielt. »Das habe ich schon zusammen, in nicht einmal einem Jahr! Ich mache weiter, bis ich einundzwanzig bin, und dann habe ich genug zusammen, um von hier wegzugehen und das anzufangen, was Leute wie du ein anständiges Leben nennen!«
    Bast griff zögernd nach dem Umschlag, öffnete ihn und betrachtete stirnrunzelnd die wenigen Banknoten, die er enthielt. Fünfundzwanzig, dreißig … zweiunddreißig Pfund Sterling. Eine Menge Geld für eine Gegend wie diese, und noch mehr für ein Mädchen wie Faye … aber auch der Preis für ein Jahr ihres Lebens. Sie gab Faye den Umschlag zurück.
    »Und das bewahrst du einfach so hier auf? Hast du keine Angst, dass man es dir stiehlt?«
    »Wer rechnet schon damit, dass eine wie ich so viel Geld hat?«, antwortete Faye. »Und irgendwo muss ich es verstecken. Ist immer noch sicherer, als es bei mir zu tragen. Kate ist allein dieses Jahr schon zweimal überfallen worden, und Liz …«
    Sie brach ab, und ein Schatten huschte über ihr Gesicht.
    »Entschuldige«, sagte Bast. »Ich wollte nicht …«
    »Schon gut«, wehrte Faye ab. »Ist nicht deine Schuld. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich meine … Liz war nicht unbedingt meine beste Freundin.« Sie lächelte nervös. »Eigentlich war sie ziemlich mies.«
    »Wie langst warst du mit ihr und den anderen zusammen?«, fragte Bast.
    »Nicht lange.« Faye bückte sich, um ihren Briefumschlag wieder zu verstecken … oder es einem Dieb leichter zu machen, der vermutlich die ganze Kiste mitnehmen würde. »Ein paar Wochen erst. Seit das mit Polly und Dark Anny passiert ist. Wir haben gedacht, dass wir ein bisschen gegenseitig auf uns aufpassen könnten, aber …«
    Sie sprach auch jetzt nicht weiter, sondern begann auf ihrer Unterlippe herumzukauen und starrte einen Moment ins Leere, bevor sie sich mit einem Ruck erhob und zum Ofen herumdrehte. Das Feuer darin brannte mittlerweile hoch genug, um zumindest die Illusion von Wärme zu erzeugen. Das Wasser im Kessel kochte noch nicht, aber Faye wich ihrem Blick weiter aus, indem sie das silberne Tee-Ei übertrieben mit Blättern füllte und ein wenig mit dem Geschirr klapperte.
    Etwas huschte draußen am Fenster vorbei. Flügel? Ein Schatten von der Farbe schwarzen Eisens, mit Krallen und einem schrecklichen Schnabel und gnadenlosen Augen? Bast starrte mit klopfendem Herzen zum Fenster und lauschte zugleich mit allen Sinnen, aber da war nichts. Was immer es gewesen war, war verschwunden – oder ihre Nerven hatten ihr einen Streich gespielt.
    »Was ist?«, fragte Faye alarmiert.
    »Nichts.« Bast riss ihren Blick vom Fenster los. Die Dunkelheit dahinter kam ihr massiver vor als noch vor einem Moment; als hätte sie sich in etwas Stoffliches verwandelt, das lautlos gegen das Glas anrannte.
    »Nichts«, sagte sie noch einmal. »Ich dachte, ich hätte etwas gehört, aber ich habe mich getäuscht.«
    Faye wirkte nicht überzeugt. Sie sah ebenfalls zum Fenster und warf Bast dann einen weiteren, noch unsichereren Blick zu. Schließlich drehte sie sich wieder zum Herd, hängte das Tee-Ei in die Kanne und goss heißes Wasser darauf. Für eine Weile wurde es sehr still.
    Als schlechte Köchin hatte sich Faye ja schon selbst bezeichnet, aber ihr Tee war nicht minder grausig; das Wasser war nicht heiß genug gewesen, und sie ließ ihn ungefähr drei Sekunden lang ziehen, bevor sie zuerst ihr und danach sich selbst einschenkte. Bast schluckte tapfer und ohne eine Miene zu verziehen, leerte ihre Tasse aber nur zu einem Drittel, damit Faye nicht etwa auf die Idee kam, ihr

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