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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hab nur ein kleines Zimmer«, fuhr das Mädchen fort, »keine richtige Wohnung. Aber es gehört mir allein. Ich muss es mit niemandem teilen, und ich hab sogar einen eigenen Ofen, um einzuheizen oder mir etwas zu kochen.«
    Sie waren stehen geblieben, und Faye stampfte ob der Kälte mit den Füßen auf und blies in die zusammengelegten Hände. »Danke, dass du mich begleitet hast«, sagte sie. »Ehrlich gesagt …«
    »Hattest du Angst, allein nach Hause zu gehen«, unterbrach sie Bast. »Das verstehe ich.«
    »Normalerweise begleiten wir uns immer gegenseitig«, gestand Faye leicht verlegen. »Aber heute ist alles irgendwie … anders. Solange sie den Ripper nicht geschnappt haben …«
    »Ich verstehe«, sagte Bast. »Ihr habt Angst.«
    »Ja«, gestand Faye. »Du anscheinend nicht, wie?«
    »Sollte ich das denn?«
    »Weiß nicht«, antwortete Faye. »Eigentlich schon, aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass du überhaupt vor irgendetwas Angst hast … hast du gehört, was gestern Nacht mit Roy und seiner Bande passiert ist?«
    »Roy?«
    »Der Bursche aus dem Ten Bells«, antwortete Faye. Bast war nicht ganz sicher, ob ihr fragender Blick tatsächlich echt war oder ob sich etwas Lauerndes dahinter verbarg. »Der, mit dem du dich um den Stuhl gestritten hast.«
    »Nein«, sagte Bast. »Ich meine: Ich erinnere mich an ihn, aber was soll mit ihm sein?«
    »Mit ihm nichts, aber seine Bande hat es ziemlich übel erwischt«, antwortete Faye. »Einer ist angeblich tot, und die anderen sind auch nicht viel besser dran. Angeblich sind sie mit einer anderen Bande aneinandergeraten, aber unter der Hand erzählt man sich, dass es nur ein einzelner Mann gewesen sein soll.« Sie lachte. Unecht. »Manche behaupten sogar, es wäre eine Frau gewesen.«
    »Eine dunkelhäutige Frau in einem schwarzen Mantel?« Bast genoss für einen halben Atemzug das ungläubige Staunen, das sich auf Fayes Gesicht ausbreitete. Dann schüttelte sie den Kopf. »Wenn ja, muss es eine andere gewesen sein. Ich allein gegen fünf? Ich wollte, ich könnte so etwas … aber jetzt weiß ich wenigstens, warum ich gestern Nacht unbehelligt nach Hause gekommen bin. Ehrlich gesagt war mir nicht unbedingt wohl auf dem Rückweg.«
    »Roy und seine Schläger sind gleich nach dir gegangen«, bestätigte Faye.
    »Und offenbar auf die Falschen getroffen«, fügte Bast hinzu. »Und? Bricht dir das das Herz?«
    »Nicht unbedingt«, antwortete Faye. Sie klang, als hätte sie eigentlich etwas ganz anderes sagen wollen. Irgendwie … enttäuscht.
    »Der Droschkenstand«, erinnerte sie. Sie hatte nicht vor, eine Droschke zu nehmen, oder gar ins Westminster zurückzukehren. Ganz im Gegenteil: Was sie suchte, befand sich in der entgegengesetzten Richtung; in der, aus der sie gerade gekommen waren.
    »Oh ja, sicher.« Aus irgendeinem Grund wirkte Faye plötzlich verlegen; das naive Kind, das sie unter all der Schminke und aufdringlichem Rouge auch war, und das nicht wusste, was es sagen sollte. »Gleich am Ende der Straße und dann rechts. Da steht fast immer ein Wagen, sogar um diese Zeit.«
    »Fast?«
    »Immer«, verbesserte sich Faye hastig. »Aber du … also ich meine, wenn du noch einen Moment mit reinkommen willst, dann mache ich uns noch einen heißen Tee. Der wird dir bestimmt guttun, so kalt, wie es ist.«
    Bast sah sie einen Moment lang verwirrt an – und dann verstand sie. »Du musst das nicht tun«, sagte sie sanft.
    Fayes Augen wurden schmal. »Was?«
    »Ich komme gerne mit«, sagte Bast. »Auf einen Tee. Und um mit dir zu reden. Aber sonst nichts.«
    »Sonst habe ich dir auch nichts angeboten, wenn ich mich richtig erinnere«, antwortete Faye spröde.
    »Schon gut.« Bast hob beruhigend die Hand. »Du hast recht. Ein heißer Tee wäre wunderbar.«
    Faye sah nicht überzeugt aus. Nicht, dass sie ihr kaum verhohlenes Angebot bedauerte, aber sie schien wohl begriffen zu haben, dass sie zu weit gegangen war, und nun war sie wütend – nicht auf sich selbst, sondern auf Bast. Sie war ein Kind.
    Und es war genau diese Erkenntnis, die Bast dazu brachte, eine auffordernde Geste zur anderen Straßenseite zu machen, statt auf dem Absatz herumzufahren und zu gehen, was in diesem Moment das einzig Vernünftige gewesen wäre.
    Faye sah eine Sekunde lang so aus, als wolle sie sie jetzt davonjagen, aber ihr Zorn erlosch so schnell wieder, wie er gekommen war, und machte – nicht einmal echtem – kindlichem Trotz Platz. Mit einem ärgerlichen Schulterzucken, das

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