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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Genau genommen war sie dabei gewesen, als dieser Obelisk mit dem Blut und Schweiß Tausender aus dem Fels herausgemeißelt und aufgestellt worden war – aber das verriet sie Arthur vorsichtshalber nicht.
    »Wenn Sie das Thema wirklich interessiert, erzähle ich Ihnen gerne mehr«, sagte sie. »Aber nicht jetzt. Wie gesagt – ich bin noch verabredet.«
    »In Whitehall, ich weiß«, antwortete Arthur. »Ich fahre Sie hin.«
    »Die paar Schritte?« Bast schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich nicht nötig. Die paar Schritte laufe ich gern.«
    »Ins Verteidigungsministerium?«
    »Das Verteidigungsministerium?« Bast zog nachdenklich die Stirn kraus. »Aber warum sollte Abberline …?« Dann verstand sie. »Whitehall ist kein Gebäude«, vermutete sie.
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete Arthur amüsiert. »Es ist eine Straße.« Er wedelte erneut in die Richtung, in die er gerade gedeutet hatte. »Ich dachte, Sie wüssten das. Ist immerhin die berühmteste Straße der Stadt. Sie führt in der einen Richtung bis zum Parlament und in der anderen bis zum Tower. Wo genau sind Sie denn verabredet? Die Straße ist ziemlich lang.«
    »Das weiß ich nicht«, gestand Bast. Sie fühlte sich ein wenig hilflos. »Abberline hat nur von Whitehall gesprochen … aber er meinte, es wäre von hier aus nicht weit zu Fuß.«
    »Abberline?«
    »Inspektor Abberline«, antwortete Bast.
    »Dann meint er wahrscheinlich die Metropolitan Police«, antwortete Arthur nach kurzem Überlegen. »Scotland Yard. Das ist wirklich nicht weit von hier. Ein paar Minuten, wenn Sie langsam gehen.«
    »Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie hier auf mich warten. Bis ich zurück bin, ist es vermutlich bereits dunkel, und wahrscheinlich wird es dann noch kälter.«
    »Ganz bestimmt sogar«, bestätigte Arthur. Er sah einen Moment lang unschlüssig aus, dann aber deutete er zu seinem Wagen zurück und sagte: »Ich warte einfach hier auf Sie, Ma’am. Vor Scotland Yard kann ich nicht stehen. Dort wird immer noch gebaut, und die Bobbys jagen jeden weg, der keine Steine oder Holz oder andere Baumaterialien bringt. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    »Es wird nicht lange dauern«, versprach Bast. Nach einem letzten, fast wehmütigen Blick die mit Hieroglyphen bedeckte Flanke des Obelisken hinauf wandte sie sich um und ging mit raschen Schritten in Richtung des riesigen weißen Gebäudes los, blieb aber schon einen Moment darauf wieder stehen und betrachtete nachdenklich ihre rechte Hand. Die Schnittwunde war so spurlos verschwunden, als hätte es sie nie gegeben, ganz wie sie erwartet hatte, aber ihre Hand war voll eingetrocknetem Blut. Auf ihrer nachtschwarzen Haut fiel es kaum auf, aber Abberline war ein aufmerksamer Beobachter, und sie musste ihn ja jetzt nicht mit der Nase darauf stoßen, dass sie tatsächlich nicht ganz die harmlose Touristin war, als die sie sich ausgab.
    Sie hielt nach irgendetwas Ausschau, wo sie sich waschen konnte, entdeckte einen kleinen Zierbrunnen nur wenige Schritte entfernt und steuerte ihn an. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Arthur zu seinem Wagen ging, aber nicht auf den Kutschbock hinaufkletterte, sondern den Wagenschlag öffnete und einstieg; vermutlich, um sich die Wartezeit mit einem kleinen Nickerchen zu verkürzen. Bast gönnte es ihm. Sie konnte seine Müdigkeit selbst über die Entfernung hinweg spüren; eine Erschöpfung, die nichts mit diesem Tag oder den zurückliegenden Stunden zu tun hatte, sondern weit tiefer ging.
    Sie erreichte den Brunnen, wusch sich gründlich die Hände, ohne auf die verwunderten und zum Teil missbilligenden Blicke zu achten, die ihr nicht wenige Passanten zuwarfen – das Wasser war ganz eindeutig zum Trinken gedacht, nicht zu irgendeinem anderen Zweck –, und schaufelte sich anschließend noch eine gehörige Portion des eiskalten Wassers ins Gesicht.
    Als sie die Hände herunternahm, sah sie die Spiegelung einer nachtschwarzen Gestalt auf dem bewegten Wasser vor sich.
    Bast fuhr blitzartig herum, doch so schnell sie auch war, es reichte nicht einmal annähernd. Eiskalter, skalpellscharfer Stahl berührte ihre Kehle, und Bast erstarrte mitten in der Bewegung.
    »Das ist sehr vernünftig von dir«, sagte Horus lächelnd. »Ich würde dich ungern verletzen.«
    »Warum tust du es dann?«, fragte Bast. Ein einzelner Blutstropfen lief an ihrem Hals hinab und versickerte in ihrem Kleid. Vielleicht, dachte sie sarkastisch, sollte sie in Zukunft nur noch Kleider in der Farbe getrockneten

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