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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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keine Antwort. Horus lächelte nur geheimnisvoll, nickte ihr noch einmal zu und ging dann mit langsamen Schritten davon. Diesmal ersparte er ihr den billigen Effekt, einfach zu verschwinden, sondern ging einfach gemessenen Schrittes davon, aber Bast ärgerte sich über den Anblick mindestens ebenso sehr. Niemand nahm von der riesigen, vollkommen schwarzen Gestalt mit Turban und Mantel auch nur Notiz, weil außer ihr niemand hier Horus so sah wie sie, sondern vermutlich nur einen ganz normalen Passanten wahrnahm, der sich in nichts von irgendeinem der anderen hier unterschied; eine vielleicht subtilere, zugleich aber noch plattere
    Zurschaustellung seiner Macht, über die der Unsterbliche gebot. Bast war nicht sicher, ob sie dazu imstande gewesen wäre; nicht einmal im Vollbesitz ihrer Kräfte.
    Sie verscheuchte den Gedanken und ging.

    Scotland Yard hatte nichts mit einem Hof zu tun und wirkte zumindest auf Bast nicht im Geringsten schottisch oder gar irgendwie beeindruckend, sondern einfach nur groß, klobig und ziemlich planlos. In ihren Augen bestand der Komplex aus nichts anderem als einer Anhäufung monströser steinerner Würfel, die jemand ohne den mindesten Sinn für Ästhetik über- und nebeneinandergestapelt und mit einem in den Augen schmerzenden Konglomerat erbeuteter, nachgemachter oder auch schlecht neu geschaffener Kunstwerke verziert hatte.
    Darüber hinaus hatte Arthur recht: Die offizielle Eröffnung des Gebäudes mochte kurz bevorstehen, aber es war trotzdem noch immer eine einzige große Baustelle. Trotz der schon fortgeschrittenen Stunde wimmelte die Straße vor dem Gebäude von Fuhrwerken, die Arbeiter und die verschiedensten Baumaterialien ankarrten. Die Fenster in den oberen Stockwerken hatten noch kein Glas, und aus allen Richtungen drang hektisches Hämmern und Sägen, Hantieren und Rufen und Werkeln an ihr Ohr. Ein durchdringender Geruch nach Kalk und frischer Farbe schlug ihr entgegen, als sie sich dem weit offen stehenden schmiedeeisernen Tor näherte, und obwohl die Sonne noch nicht untergegangen war, brannte bereits hinter jedem einzelnen Fenster in den unteren Stockwerken Licht.
    Bast steuerte einen der beiden Bobbys an, die frierend, aber nichtsdestotrotz sehr aufmerksam rechts und links des Tores standen und misstrauisch jeden beäugten, der sich dem Gebäude näherte oder auch nur mehr als einen flüchtigen Blick in seine Richtung warf. Sie kam jedoch nicht einmal dazu, etwas zu sagen, denn der Mann trat ihr auf dem letzten Stück seinerseits entgegen und sprach sie an.
    »Sie müssen Miss Bast sein«, sagte er. »Man erwartet Sie bereits.«
    Bast konnte ihn im ersten Moment nur verwirrt ansehen. Sie hatte deutlich länger für den Weg hierher gebraucht als erwartet und war nun zu spät – wenn auch nur wenige Minuten –, was den leisen Tadel in seiner Stimme erklären mochte, aber woher wusste er, wer sie war?
    »Sie kennen mich?«, fragte sie überrascht.
    »Inspektor Abberline hat Sie avisiert, Ma’am«, antwortete er. »Und nichts für ungut, aber …«
    »Ich verstehe schon«, seufzte Bast. »So leicht bin ich nicht zu verwechseln.« Vielleicht hatte Isis ja gar nicht so unrecht mit ihrem Entschluss gehabt, nicht in ihrer eigenen Gestalt aufzutreten. »Dann bringen Sie mich jetzt freundlicherweise zu ihm.«
    »Selbstverständlich, Ma’am. Wenn Sie mir bitte folgen würden.« Der Beamte wandte sich gehorsam um, blieb aber schon nach zwei Schritten wieder stehen und maß sie mit einem unsicheren Blick von Kopf bis Fuß. »Es ist mir zwar unangenehm, Ma’am, aber wir haben neue Vorschriften, nach denen ich Sie eigentlich nach Waffen durchsuchen müsste.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Bast sanft.
    »Natürlich nicht, Ma’am«, antwortete er automatisch. »Bitte verzeihen Sie. Wenn Sie mir bitte folgen.«
    Vorbei an zwei weiteren Polizisten, die eine im Vergleich zu dem protzigen Gebäude geradezu bescheiden wirkende Treppe flankierten, gingen sie zu einer zweiflügeligen Tür, die in einen ebenso bescheidenen Eingangsbereich führte. Auf einen knappen Wink ihres Führers hin blieb Bast stehen und sah sich unverhohlen neugierig um, während der Bobby zu einem seiner Kollegen eilte, der hinter einem vergitterten Schalter saß und eifrig Eintragungen in einen überdimensionalen aufgeschlagenen Folianten machte. Weitere Beamte saßen an einer Anzahl scheinbar wahllos im Raum verteilter Plätze, und neben der großen Tür am anderen Ende des Raumes stand ein weiterer Posten,

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