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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dinge nur noch verschwommen erkennen, sodass sie nicht einmal sicher war, was sie wirklich sah und was ihr ihre Furcht vorspiegelte.
    Und eigentlich wollte sie es auch gar nicht wirklich wissen, denn sie blickte direkt in die Hölle.
    In den wenigen Augenblicken, die seit ihrer verzweifelten Flucht vergangen waren, hatte sich das Feuer nahezu über den gesamten Raum ausgebreitet, und sie konnte sehen, wie ein Bereich nach dem anderen rasend schnell Feuer fing, eher eine Folge rasend schneller Explosionen als ein pures Übergreifen der Flammen, die in der zundertrockenen Ansammlung uralter Möbel und trockener Papierstapel alle Nahrung fanden, die sie nur brauchten. Schatten vollführten einen bizarren spasmischen Tanz inmitten des tobenden Chaos, und sie glaubte einen Schrei zu hören, ein vollkommen unmenschliches, gequältes Kreischen und Wimmern, das sich wie eine glühende Messerklinge in ihr Herz grub. Irgendwo inmitten dieses Infernos glaubte sie Sobek auszumachen, eine riesige, zur Gänze in brüllende Flammen gehüllte Gestalt, die in schierer Agonie umhertaumelte und offensichtlich die Orientierung verloren hatte, aber auch einen zweiten, dunkleren Schemen, der gegen das Inferno gebeugt wie gegen einen unsichtbaren Sturm mit gewaltigen Schwingen ankämpfte – und dann war er verschwunden, und sie sah ihn nicht mehr.
    Mit einem Funken sprühenden dumpfen Knall, der sogar das Brüllen der Flammen übertönte, explodierte einer der mumifizierten Nildrachen. Die Druckwelle zertrümmerte den brennenden Altar und fegte Sobek von den Beinen, und plötzlich züngelten Flammen aus der Tür und schwärzten den Rahmen und das staubige Mauerwerk darüber. Der Raum begann sich in einen Hochofen zu verwandeln, in dem sogar Metall schmelzen musste.
    Alles, was Bast in diesem Moment spürte, war pures, abgrundtiefes Grauen.
    Sie hatte Sobek unzählige Male den Tod gewünscht – und Horus beinahe ebenso oft, auch wenn sie es sich nicht eingestanden hatte –, und er hätte sie zweifellos seinerseits ohne das geringste Zögern getötet – aber dieses Ende war grauenhaft; mehr, als sie selbst ihrem schlimmsten Feind gewünscht hätte. Sie konnte einfach nur dastehen und die grauenhafte Szenerie anstarren und spürte nicht einmal die Hitze, die ihr Gesicht abermals versengte.
    Und schließlich war es auch jetzt wieder Abberline, der seine Erstarrung vor ihr überwand, an ihr vorbeistürmte und die Tür mit einer beherzten Bewegung ins Schloss warf.
    Das Holz war so heiß, dass er mit einem Schmerzensschrei zurückprallte, und es wurde auch nicht dunkel. Gleißendes Licht tröpfelte wie leuchtende Säure durch die Ritzen der uralten Tür und füllte den Raum mit tanzenden Schatten und roten Gespenstern aus purer Furcht, und das Holz begann schon nach Augenblicken zu schwelen. Vor Basts ungläubig aufgerissenen Augen begannen die ersten, winzigen Flammen aus dem Holz zu züngeln, und neuer, rußig-schwarzer Qualm stieg auf und fraß sich beißend in ihre Lungen.
    »Raus hier!«, keuchte Abberline. »Schnell, bevor hier alles in Flammen aufgeht!« Als Bast nicht sofort reagierte, ergriff er sie einfach am Arm und zerrte sie grob mit sich; nur wenige Schritte weit, bis sie endlich in die Wirklichkeit zurückfand und sich losriss.
    Nebeneinander stürmten sie durch die Halle und auf den Ausgang zu.
    Kurz, bevor sie ihn erreichten, explodierte die Tür wie unter dem Faustschlag eines zornigen Gottes. Weiß glühende Flammen und schwelendes Holz eruptierten wie aus dem Schlund eines Vulkans, der nach Jahrtausenden und ohne die geringste Vorwarnung aus seinem vermeintlichen Schlummer erwachte, und den Bruchteil eines Atemzuges, bevor Abberline sie vollends durch die Tür zerrte, hatte sie eine durch und durch grässliche Vision: Sie glaubte eine lichterloh brennende Gestalt zu sehen, die aus den Flammen heraustorkelte und brüllend auf die Knie fiel, aber ihre Zeit reichte nicht für einen zweiten Blick. Abberline zog sie rücksichtslos weiter und hätte sie womöglich die gesamte Treppe hinaufgezerrt, wäre er nicht schon über die zweite Stufe gestolpert und der Länge nach und so heftig hingeschlagen, dass er einen Moment lang benommen liegen blieb.
    Bast riss sich los, half ihm rasch in die Höhe und schleppte ihn ein halbes Dutzend Stufen weiter, bevor sie es auch nur wagte, stehen zu bleiben und zurückzublicken. Auch der Treppenschacht war nicht mehr dunkel. Flackerndes rotes und gelbes Licht fiel durch das offen stehende Tor

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