Wie Champagner in den Adern
1. KAPITEL
„Was ist eigentlich da draußen los?", fragte Gordon Rhett und deutete in die Wüste hinaus. Er trat unter die große Zeltplane und nahm den Hut ab, der absolut notwendig war für jeden, der unter der sengenden Sonne arbeitete. Die meisten Mitarbeiter seines Teams saßen bereits an dem langen Esstisch.
„Haben Sie es nicht gehört?", meldete sich Lena und war begeistert, dass sie jemandem die Neuigkeit erzählen konnte, die sie selbst gerade erfahren hatte. „Das ist das Zelt des Sultans."
Gordon zog fragend die Augenbrauen hoch.
„Wir sind alle zum Abendessen eingeladen, das gesamte Team", erklärte Ryan. „Das sind seine Diener, die da drüben das große Fest vorbereiten."
Gordon blickte über die Wüste auf das kreisförmige, rotblaue Zelt, das in der Ferne aufgestellt wurde.
„Es hat fast die Größe eines Fußballstadions", bemerkte er ironisch. „Was glaubt er, wie viele wir sind?"
Gordon war Engländer, und für ihn war es Ehrensache, nie seine Gefühle zu zeigen. Zara hatte nur einmal erlebt, dass er seine eiserne Beherrschung verloren hatte, und zwar, als sie den ersten deutlichen Beweis dafür gefunden hatten, dass sie sich tatsächlich an der Stelle aufhielten, an der das alte Iskandiyar gele gen hatte. Dieser Moment war die Krönung seiner langjährigen Karriere als Archäologe. Sie hatten alle um den Ausgrabungsort herumgestanden, gejubelt und Freudensprünge gemacht, selbst Gordon. Ein Fest hingegen, selbst wenn es vom Prinzen von Ostbarakat gegeben wurde, würde ihm keine solche Reaktion entlo cken.
„Er hat sich nach der genauen Anzahl erkundigt", bemerkte Zara. „Aber wer weiß, wie viele er von seinem Hofstaat mitbringt?"
Jemand meldete sich: „Was soll das? Warum macht er das?"
„Um uns in seinem Land willkommen zu heißen, wie sein Bote sagte."
„Wir sind schon seit drei Monaten in seinem Land."
„Die Mühlen des Prinzen mahlen eben langsam."
„Möglicherweise hat ihm endlich jemand die Nachricht übergeben, dass wir die Tore gefunden haben, die uns die vermutete Lage von Iskandiyar bestätigen", stellte Gordon fest.
„Vielleicht will er uns auch nur überprüfen, falls wir einen Schatz finden."
„Er ist schon so reich wie ein Scheich", meinte Warren.
„Er ist ein Scheich", bemerkte Lena etwas rau und atemlos. „Er ist auch nicht verheiratet", fuhr sie fort. Der fehlende Zusammenhang entging ihr, und als lautes Gelächter um sie herum ertönte, blickte sie verblüfft in die Runde.
„Warum lacht ihr denn? Ist er wirklich nicht. Ich habe es im Radio gehört. Wisst ihr noch, vor einiger Zeit wurde diese Frau von dem Scheich von Westbarakat entführt, weil ihr Verlobter ihm etwas gestohlen hatte?" Natürlich erinnerten sie sich alle daran. Tagelang hatten sie von nichts anderem gesprochen. „Am Ende hat sie sich mit dem Scheich verlobt. Dabei wurde erwähnt, dass seine beiden Brüder nicht verheiratet wären."
Lena seufzte und brachte sie alle erneut zum Lachen. Sie schaute verständnislos von einem zum anderen. „Was habe ich denn jetzt schon wieder gesagt?"
„Nichts, Lena, es fällt nur sofort auf, dass du gern von diesem Scheich entführt werden willst", erklärte Zara ihr freundlich.
„Oh? Bin ich so leicht zu durchschauen? Nun, ich darf doch wohl noch träumen, oder?"
Zara erschauerte unwillkürlich. Von ihrem seltsamen Erlebnis im Wadi hatte sie den anderen nichts erzählt. Zum Teil, weil sie wusste, dass sie Vorwürfe zu hören bekäme. Schließlich hatten alle sie vor den Banditen in der Wüste gewarnt. Keiner sollte sich allein vom Ausgrabungsort entfernen.
Aber nicht nur deshalb hatte sie den anderen gegenüber den Vorfall nicht erwähnt. Vielmehr lag es daran, wie seltsam sie sich gefühlt hatte, als der Anführer der Banditen sie angestarrt hatte. Seltsam und - entblößt. Ihr hatte der Atem gestockt, während er in diesem Augenblick von ihr Besitz zu ergreifen schien wie ein Eroberer. Selbst jetzt wunderte sie sich noch, wie sie es geschafft hatte, sich aus diesem unsichtbaren Bann zu lösen und den Felsen hinaufzuklettern. Warum hatte er sie entkommen lassen?
Sie hatte Angst gehabt, dass er mit seinen Männern auf der anderen Seite des Felsens auf sie warten könnte, und als das nicht der Fall gewesen war, hatte sie sich keuchend und schluchzend auf den Rückweg zum Lager gemacht. Sie fürchtete sich, auch nur einen Blick über die Schulter zu werfen.
Die ganze Zeit hatte sie angestrengt auf das Donnern von Hufen gelauscht.
Wie
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