Apartment in Manhattan
Speck und Zwiebelringen zu bestellen.
Und es gibt mir nicht den Mut, ihn zu fragen, ob ich ihn begleiten darf.
3. KAPITEL
R aphael lädt jedes Jahr zu einer rauschenden Geburtstagsfeier ein.
Er organisiert immer alles selbst und feiert in seinem Apartment ganz im Westen Manhattans. Ein Immobilienmakler oder ein Optimist oder ein blinder Schwachkopf würde es möglicherweise ein Loft in einer ausgebauten Fabrikhalle nennen, aber tatsächlich ist an diesem Ort überhaupt nichts ausgebaut. Es sieht noch immer wie eine Fabrikhalle aus, ein höhlenartiger, feuchter, praktisch fensterloser, praktisch unmöblierter Raum, den nicht einmal die Superhausfrau Martha Stewart, bewaffnet mit Klebepistole und meterweise Chintz und persischen Tapeten, in etwas auch nur entfernt Wohnliches hätte verwandeln können.
Aber er hat eine geräumige Behausung, und in Manhattan ist es ungeheuer schwierig, an eine geräumige Behausung heranzukommen. Raphael jedenfalls nutzt seine sehr sinnvoll; er lädt ständig jeden, den er kennt, zu seinen Geburtstagspartys ein, und fordert sie auf, jeden, den
sie
kennen, mitzubringen.
Laut Kate, die Raphael ein Jahr länger kennt als ich und deshalb auch schon eine Party mehr erlebt hat als ich, bestehen die Gäste üblicherweise aus unglaublich gut aussehenden, trendigen, schwulen Männern und ihren unglaublich gut aussehenden, trendigen, heterosexuellen Freundinnen.
Weil dieses Jahr ein runder Geburtstag für Raphael ansteht, werden sogar noch viel mehr Gäste als üblich erwartet, also noch besser aussehende, noch trendigere Leute als sonst.
Raphael hat mir erklärt, dass es immer ein Motto gibt.
Letztes Jahr war „Dschungel“ das Thema. Muskulöse Männer in Lendenschurz und Stoffen mit Tierdrucken.
Das Jahr davor war es eine „Strandparty“. Muskulöse Männer in Badehosen.
Dieses Jahr heißt das Motto „Inselleben“.
Haben Sie die Tendenz erkannt? Raphaels Motiv ist offensichtlich, für ein Minimum an Bekleidung, aber dafür ein Maximum an Alkoholkonsum durch hübsche, fruchtige Drinks zu sorgen.
Dieses Jahr hat er Plastik-Palmen gemietet. Er wollte auch brennende Fackeln haben, aber das konnte ich ihm ausreden. Sein Freund Thomas, der Bühnenbildner für Broadway-Shows ist, hat aus glitschigem Stoff einen schimmernden blauen Wasserfall und eine Lagune kreiert. Eisgekühlte Getränke werden in unechten Kokosnussschalen gereicht.
Ich komme mit Kate im Schlepptau fast zwei Stunden zu spät. Sie ist schuld an unserer Verspätung. Sie ist kurz vor Beginn der Party in einen Kosmetiksalon gegangen, um sich die Oberlippenhärchen mit Wachs entfernen zu lassen, und wir warteten zwei Stunden darauf, dass die fleckige Schwellung verschwindet.
Als wir jetzt bei Raphaels Party einlaufen, die bereits in vollem Gange ist, zerrt sie an meinem Arm. „Bist du sicher, dass ich okay aussehe?“
Um ehrlich zu sein, sieht sie nicht okay aus. Wegen des Insel-Mottos könnte man fast meinen, sie habe sich eine Art hawaiianischen Schnurrbart angeklebt; ihre Bemühungen, die Schwellung mit pfannkuchendicken Schichten Make-up zu verdecken, sind völlig sinnlos gewesen. Das Licht in ihrem Apartment war aber so dämmrig, dass ich erst in der U-Bahn bemerkt habe, wie sehr man es sieht.
„Du siehst okay aus“, lüge ich.
Sie hält eine Hand ans Ohr. „Was hast du gesagt?“
„Du siehst okay aus“, schreie ich, um mich über die brüllende Musik und das Stimmengewirr hinweg verständlich zu machen. „Ich kann nur nicht glauben, dass du bis kurz vor der Party gewartet hast, um dir mit Wachs die Haare entfernen zu lassen. Warum hast du das nicht früher am Tag gemacht oder gestern? Du weißt doch, wie heftig du auf das Wachs reagierst.“
„Ich habe vorher nicht bemerkt, dass mein Oberlippenbart wieder zu sehen war“, schreit Kate zurück. „Ich meine, was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen, hätte ich mit Schnurrbart hier auftauchen sollen? Ich kann nicht glauben, dass du mich auf die Stoppel nicht vorher aufmerksam gemacht hast!“
„Mir ist das nicht aufgefallen, Kate. Ich schätze, ich war zu sehr mit meinem eigenen Trauma beschäftigt.“
„Wie schlimm sehe ich aus?“ Sie geht ein paar Schritte auf den Fernseher zu und streckt sich, in der Hoffnung, einen Blick auf ihr Spiegelbild auf dem dunklen Schirm werfen zu können.
„Tracey!“ Raphael materialisiert sich mit einem knallbunten, schirmchenbedeckten Erdbeer-Daiquiri in der Hand und gibt mir einen dicken Kuss.
Er ist
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