Apartment in Manhattan
Ire aus.
Raphael ist einen Moment lang über das fehlende Markenbewusstsein seines Idols verblüfft, aber er erholt sich schnell.
„Wir kennen uns noch nicht“, sagt er und streckt seine Hand aus. „Ich bin Raphael Santiago – das Geburtstagskind. Und das ist meine Freundin Tracey Spadolini.“
„Ich bin Buckley O’Hanlon. Freut mich, dich kennen zu lernen, Raphael. Hey, Tracey.“
„Hey“, antworte ich und entdecke auf einem umgestülpten Pappkarton, der als Tischchen dient, eine Schüssel Tortilla Chips. Ich verhungere. Ich habe das Abendessen ausgelassen, weil ich so ein schlechtes Gewissen wegen des ausgedehnten Mittagessens mit Will hatte.
Ich gehe einen Schritt darauf zu, tauche meine Hand hinein und esse ein paar Chips, während Raphael es fertig bringt, in seine nächsten beiden Sätze die Tatsache einzuarbeiten, dass er momentan zu haben ist, dass Anthony und er sich getrennt haben, dass er mindestens fünf Nächte pro Woche außerhalb der Stadt arbeitet, und dass er vor kurzem geschäftlich in Paris war. Bis letzten August hat er als Aushilfe gearbeitet. Jetzt ist er Assistent des Stylisten bei der Zeitschrift
She
.
Sein Job ist aber nicht so glamourös, wie Sie jetzt vielleicht glauben. Ganz davon abgesehen, dass seine Reise nach Paris im letzten September war. Aber Raphael ist in der Lage es so klingen zu lassen, als ob er gerade eben via Concorde und gemeinsam mit der Vogue-Chefin Anna Wintour nach New York zurückgekommen wäre.
„Was machst du, Buckley?“ fragt Raphael.
„Ich arbeite frei als Texter.“
„Schriftsteller? Du bist ein Schriftsteller! Buckley, was schreibst du?“
„Texter“, sagt Buckley mit einem schwachen Grinsen. „Glaub mir, das ist nicht so aufregend.“
„Buckley schreibt die Texte für unsere neue Broschüre. So haben wir uns kennen gelernt“, sagt Alexander und zieht ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche. Er reicht Joseph eine, schiebt sich selbst eine zwischen die Lippen und Raphael, ein begnadeter Zigarettenschnorrer, nimmt sich schnell auch noch eine, bevor Alexander die Schachtel wieder wegstecken kann.
Ich ziehe meine „Salem Lights“ aus der Jacketttasche. Alexander lässt sein Feuerzeug vier Mal klicken, und wir alle paffen los.
Buckley schüttelt den Kopf. „Ich schätze, ich bin der einzige Nichtraucher, den es in New York noch gibt.“
„Oh, ich werde morgen aufhören“, verkündet Raphael.
„Seit wann denn das?“ fragt Joseph.
„Seit ich dreißig geworden bin. Joseph, ich möchte gerne vierzig werden. Doch das wird nicht funktionieren, wenn ich drei Päckchen am Tag rauche.“
„Oh, bitte“, sagt Alexander, und er und Joseph schütteln die Köpfe und verdrehen die Augen. Sie kennen Raphael genau wie ich gut genug, um zu wissen, dass er völligen Blödsinn redet. Trotzdem versucht Raphael weiterhin, Buckley zu beeindrucken, und ich finde, wir schulden es ihm, mitzuspielen. Oder zumindest das Thema zu wechseln. Was ich tue.
„Also, wie läuft es mit eurer neuen Broschüre?“ frage ich Alexander und Joseph.
Natürlich springen sie voll darauf an. Sie lieben es, über ihr Unternehmen zu sprechen – einen Gourmet-Tempel in der Bleeker Street, der sich auf Bio-Essen spezialisiert hat. Vor kurzem erst haben sie beschlossen, eine Website einzurichten und Aufträge per E-Mail anzunehmen.
„Wenn alles so gut läuft, wie wir es erwarten“, sagt Joseph und schlägt sich aufgeregt gegen die Brust, „werden wir uns im Herbst auf die Suche nach einem Haus in Bucks County machen.“
„Das ist ja großartig.“ Ich sehe Raphael an.
Er ist neidisch, was mich nicht überrascht. Das ist der Wunschtraum eines jeden Schwulen in dieser Szene – mit dem Langzeitliebhaber ein Haus im ländlichen Pennsylvania zu kaufen und Jahre mit der Renovierung und Einrichtung zu verbringen.
Ich muss gestehen, dass sogar ich eifersüchtig auf Alexander und Joseph bin, als ich sehe, wie sie entzückte Blicke austauschen, quälend ähnlich denen, die Mary Beth mit Vinnie geteilt hat, als sie frisch verheiratet waren und verkündeten, dass sie ihr erstes Kind erwarteten.
Ich will auch so eine Beziehung.
Nicht eine Mary-Beth-Vinnie-artige, die mit Schmerz und Scheidung endet. Die Alexander-Joseph-artige, wo jeder sehen kann, dass die beiden zusammengehören.
Laut Raphael haben Alexander und Joseph, die etwa Mitte dreißig sind, jahrelang ein mietkontrolliertes Einzimmer-Apartment in Chelsea geteilt, bevor Chelsea von Promis und teueren Boutiquen
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