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Apartment in Manhattan

Apartment in Manhattan

Titel: Apartment in Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Markham
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zu tun. Ich muss einige Pakete packen, um sie voraus zu schicken, damit ich das nicht alles im Zug mit mir rumschleppen muss.“
    Ich könnte ihm beim Packen helfen. Andererseits wäre das vielleicht doch zu deprimierend.
    Es sei denn, ich würde mit ihm gehen …
    Aber ich habe noch immer nicht den Mut, ihn danach zu fragen.
    Ich versuche ein anderes Thema zu finden, über das wir reden können.
    Wir sitzen an einem Tisch am Fenster. Will trägt ein braunes Kapuzenshirt, das ich wirklich mag. Es ist von L.L. Bean, und er hat es, seit ich ihn kenne. Doch es sieht nicht annähernd so abgetragen aus wie die billigen Klamotten, die ich mir leisten kann.
    Über seine Schulter hinweg sehe ich durch das von Regen bespritzte Fenster rennende Menschen unter Regenschirmen. Mir fällt auf, dass diese absolut graue Aussicht vom grellen Gelb der Taxis und Regenmäntel aufgehellt wird. Das möchte ich Will gerne zeigen, aber ich weiß, dass er meinen Sinn für Ästhetik bei seiner schlechten Laune nicht schätzen wird.
    Ich streue etwas Salz auf die Frikadelle, bevor ich einen Happen esse.
    „Du solltest wirklich nicht so viel Salz nehmen, Trace“, sagt Will.
    „Wenn es nicht salzig genug ist, kann ich es nicht essen“, erkläre ich mit einem Schulterzucken.
    Es gibt nichts Schlimmeres als fades, ungesalzenes Essen. Meine Großeltern wurden von ihrem Arzt auf salzarme Kost gesetzt, und nie im Leben habe ich etwas Abscheulicheres gegessen als die salzfreie Tomatensauce, die sie mir an einem Sonntag vor ein paar Jahren aufgetischt haben. Wir waren uns alle einig, dass die Sauce widerlich schmeckte, woraufhin meine Großmutter sofort wieder damit anfing, wie vorher zu kochen. Der Arzt schimpft sie jedes Mal wegen ihres Bluthochdrucks aus, oder was immer der Grund dafür ist, warum sie salzarm essen sollen. Ich werfe ihnen nicht vor, dass sie mogeln. Das würde ich auch tun.
    „Du wirst dich nach einer Weile an weniger Salz gewöhnen“, behauptet Will.
    „Vielleicht, aber das will ich nicht. Es ist ja nicht so, als ob ich auf meine Gesundheit achten müsste.“ Ich fühle mich immer unwohl dabei, wenn ich meine Essgewohnheiten mit Will diskutieren muss. Vermutlich habe ich Angst davor, dass er mich auf mein Gewicht ansprechen könnte. Bisher hat er das noch nie getan, aber mit Sicherheit ist auch er sich im Klaren darüber, dass ich ruhig ein paar Kilo abnehmen könnte.
    Okay, zehn oder fünfzehn Kilo.
    Gott sei Dank hat er bisher nie etwas gesagt.
    Und wenn das Glück mir hold ist, wird er das auch nie tun.
    „Es gibt schlimmere Angewohnheiten als Salz zu essen“, versuche ich ihm klar zu machen, obwohl ich mich noch immer in der Defensive fühle. „Zum Beispiel …“
    „Zigaretten?“
    Ich grinse. „Genau. Okay, Salz und Zigaretten. Also habe ich zwei schlechte Angewohnheiten. Sieh es doch mal positiv. Zumindest bin ich kein Junkie.“
    Darüber muss er schmunzeln.
    „Warum hast du eigentlich keine Laster?“ frage ich und beobachte, wie er in seinen Toast beißt. Vollkorn. Ohne Butter. Keine Marmelade.
    Fast erwarte ich, dass er protestiert und sagt, er habe sehr wohl Laster – auch wenn mir keine einfallen.
    Doch das tut er nicht. Er zuckt nur die Achseln und lächelt, während er den langweiligen Toast runterschluckt.
    „Sag mal … wie wäre es, wenn ich mit dir komme, Will?“
    Wer hat das gesagt?
    Mein Gott, habe
ich
das gesagt?
    Offensichtlich, denn Will hört auf zu schlucken und schaut mich überrascht an. „Wohin?“
    Was zum Teufel habe ich mir nur dabei gedacht?
    Ich habe überhaupt nicht gedacht, sondern bin einfach damit herausgeplatzt, und jetzt kann ich es nicht mehr zurücknehmen.
    Verzweifelt versuche ich, mir etwas auszudenken. Irgendetwas hinzuzufügen, etwas, das glaubwürdig klingt.
    Wie wäre es, wenn ich mit dir komme …
    Wie wäre es, wenn ich mit dir komme …
    Wie wäre es, wenn ich mit dir komme …
    … auf die Toilette, wenn du das nächste Mal musst?
    Nein, jetzt gibt es kein Zurück mehr.
    Ich habe damit angefangen, und nun muss ich es auch zu Ende bringen.
    Ich lege meine Gabel auf den Teller, hole tief Luft, nehme dann die Gabel wieder auf, weil mir klar ist, dass es sonst zu feierlich wirken würde, so, als ob ich etwas Wichtiges verkünden wolle.
    Was ich ja will, aber ich möchte nicht, dass Will es so empfindet.
    Denn das würde ihn schon verschrecken, bevor er die Chance hat, einmal über meinen Vorschlag nachzudenken.
    Ich spieße ein großes, mit grünem Pfeffer bestreutes

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