Apartment in Manhattan
Darüber würde ich mir Gedanken machen, wenn Will hier wäre – um genau zu sein habe ich das erst vorhin getan, als wir den Coffee-Shop verlassen haben –, aber natürlich brauche ich mir bei Buckley keine Sorgen zu machen. Das ist das Schöne daran, wenn man schwule Männer als Freunde hat. Man genießt männliche Begleitung ohne den weiblichen Konkurrenzdruck und ohne die ganze chaotische sexuelle Anziehungsgeschichte.
„Wohin sollen wir gehen?“ fragt Buckley.
„Ich kenne eine nette Kneipe nur eine Straße weiter“, erkläre ich. „Ich bin ziemlich oft in dieser Gegend unterwegs.“
„Ich auch.“
„Du auch?“
„Ich wohne sogar hier.“
„Wirklich? Wo?“
„Auf der Vierundfünfzigsten beim Broadway.“
„Das gibt’s ja gar nicht.“
„Du wohnst hier auch?“
„Nein, ich wohne im East Village.“
„Tatsächlich? Warum wolltest du dich dann hier mit mir treffen?“
Ich habe keine Lust, das ganze Will-Theater zu schildern, also sage ich nur: „Ich hatte hier noch was zu erledigen, deshalb dachte ich, es macht Sinn. Also, gibt es eine bestimmte Kneipe, in die du gehen willst? Wo du hier wohnst …“
„Nein, lass uns deine ausprobieren. Ich lerne immer gerne was Neues kennen. Hey, schließlich bin ich fürchterlich spontan, wie du weißt!“
Ich grinse ihn an und bemerke, dass er wieder einen Pullover mit Rundhalsausschnitt zu seinen Jeans trägt. „Wie ich sehe, hast du heute den braunen gewählt.“
„Wie soll ich das erklären? Heute ist einfach so ein Tag für braun. Offenbar bist du da anderer Ansicht. Trägst du immer schwarz?“ fragt er und betrachtet mein Outfit.
Schwarze Jeans. Ein schwarzes, langärmliges tunika-artiges Hemd, das meine Schenkel bedeckt – zumindest möchte ich das gerne glauben.
„Immer“, antworte ich.
„Gibt es dafür einen bestimmten Grund?“
„Es macht schlank“, sage ich prompt, und er grinst.
„Und ich habe schon gedacht, du willst ein politisches oder künstlerisches oder spirituelles Statement machen.“
„Ich? Nee. Ich bin nur ein vollschlankes Mädchen, das gerne als Elfe durchgehen würde.“
Wir stürzen uns in den Regen und überqueren die Straße bei Rot. Zwei Minuten später sitzen wir auf Barhockern bei Friedas, einer nur halbwegs coolen Kneipe, in die Will und ich gelegentlich gehen. Hier gibt es göttliche Kartoffelchips mit Cheddar-Käse und Speck, etwas, das ich Buckley gegenüber in der Sekunde erwähne, in der wir uns setzen.
„Sollen wir das bestellen?“ fragt er.
„Nach all dem Popcorn?“
„Bist du satt?“
„Sieh mal, Buckley, das ist ja das Problem. Ich bin nie satt. Ich könnte den ganzen Tag lang essen. Und ich bin immer in der Lage, Kartoffelchips zu essen. Daher das ganze Fett.“
„Sei doch nicht so selbstkritisch, Tracey. Es ist ja nicht so, als ob du korpulent wärst.“
„Du bist süß.“ Zu schade, dass er schwul ist. „Also, erzähle mir von deiner zerbrochenen Beziehung.“
„Muss ich?“
„Nee. Nicht, wenn du nicht willst. Wir können über etwas Heitereres sprechen. Wie … woher kommst du?“
„Long Island.“
„Du
bist von Long Island?“
Er nickt. „Warum siehst du so überrascht aus?“
„Na ja, der Akzent. Du hast keinen.“
„Du aber“, sagt er grinsend. „Upstate, stimmt’s?“
„Woher weißt du das?“
„Das flache
a
verrät dich. Wo kommst du also her?“
„Kennst du garantiert nicht. Brookside.“
„Kenne ich. Dort gibt es ein staatliches College, stimmt’s?“
„Stimmt.“
„Ich wollte dort einmal studieren.“
„Du spinnst. Warum?“
„Weil es weit von Long Island entfernt war. Meine Eltern konnten sich kein privates College leisten, und ein Stipendium habe ich nie bekommen.“
„Wirklich nicht?“
„Wieso überrascht dich das?“
„Weil … keine Ahnung. Du kommst mir nur so ehrgeizig vor.“
Er grinst. „Glaub mir, das bin ich nicht. Mit meinen Noten hätte ich es fast nicht mal geschafft, an einem staatlichen College aufgenommen zu werden.“
Das finde ich aus irgendeinem Grund wirklich sehr überraschend. Er scheint mir einfach ein Typ zu sein, der alles richtig macht. Es gefällt mir, dass er nur ein durchschnittlicher Schüler war, so wie ich. Was ja nicht bedeutet, dass er nicht klug ist, denn ich weiß, dass er das ist.
„Und wo bist du dann schließlich aufs College gegangen?“ frage ich ihn.
„SUNY Stony Brook. Ich bin auf Long Island geblieben und habe weiterhin zu Hause gewohnt.“
„Wieso?“
Über sein
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