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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Einschüchterung ab. Das hatte man ihm schon als Kind beigebracht. Auch, dass nur Großes erreiche, wer bereit sei, Großes zu wagen. Dass nur der Opfer fordern könne, der bereit sei, Opfer zu bringen.
    Seit seinem vierzehnten Lebensjahr kannte Antonio Menendez nur ein Ziel: Papst zu werden. Ein Amt, das ihm in der Reihe seiner Ahnen von Kaufleuten, Generälen und Ministern einen entrückten und unerreichbaren Ehrenplatz sichern würde. Er wusste auch längst, wie er sich nennen wollte: Petrus II. Denn er fürchtete sich weder vor der Prophezeiung eines verrückten irischen Bischofs noch vor dem Aberglauben in der Kurie. Für sein Ziel war Menendez bereit, sämtliche verfügbaren Mittel einzusetzen, jedes notwendige Opfer zu bringen – und es auch zu fordern. Es wurde auch langsam Zeit, denn mit Ende Sechzig sanken seine Chancen rapide, beim übernächsten Konklave das geforderte Höchstalter von Achtzig noch nicht erreicht zu haben. Die Wahl von Franz Laurenz vor fünf Jahren betrachtete Menendez immer noch als den dunkelsten Moment und die größte Niederlage seines Lebens. Damals wie heute hatte er alles generalstabsmäßig vorbereitet. Er hatte die wahlberechtigten Kardinäle der Reihe nach in seine Wohnung eingeladen und sie durch Versprechungen und Drohungen auf Linie gebracht. Mit Hilfe des Opus Dei hatte er über jeden Kardinal, der am Konklave teilnahm, ein ausführliches Dossier erstellen lassen, das seine Laster, Neigungen, Interessen, Verfehlungen und die finanzielle Situation seiner Diözese aufführte. Es hatte alles nichts genutzt. Wie aus dem Nichts war dieser deutsche Prolet mit seinen schwieligen Arbeiterhänden aufgetaucht, hatte eine flammende Rede gehalten über die Erneuerung der Kirche und die Macht des Glaubens, und hatte überraschend im dritten Wahlgang die notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht.
    Ein zweites Debakel würde Menendez nicht mehr zulassen. Er war entschlossen, seine Chance dieses Mal zu nutzen, und er war entschlossen, jeden Preis dafür zu bezahlen.
    Fast jeden.
    Und genau das war das Problem. Denn Menendez war immer noch ein Mann der Kirche, ein Mann Gottes. Er war bereit, für sein Ziel zu drohen, zu intrigieren, zu betrügen, zu lügen und sogar zu töten, wenn es sein musste. Aber war er auch bereit, seine Kirche und seinen Glauben zu verraten?
    Diese Frage stellte sich Kardinal Menendez, als er sich wie ein Dieb durch den Passetto di Borgo in die Engelsburg schlich, wo er mit einem Mann verabredet war, der ihm vor einem halben Jahr ein Angebot gemacht hatte. Der Mann, der sich Crowley nannte, hatte ihn eine Stunde zuvor auf seinem privaten Handy angerufen und ein Treffen verlangt. Menendez hatte sich geweigert, ihn erneut zu treffen, doch der Mann hatte ihm klar gemacht, dass er keine Wahl habe. Keine Wahl. Etwas, das Menendez fast noch mehr verabscheute als Armut oder Bedeutungslosigkeit.
    Kardinal Menendez trug nur eine schlichte Priestersoutane, als er sich an den Touristenströmen vorbei in den vierten Stock der Engelsburg schlich, wo die prächtigen Salons der Medici- und Borgia-Päpste lagen. Durch einen verschlossenen Seitengang, zu dem er sich den Schlüssel besorgt hatte, gelangte er in einen Trakt, der nur Kunsthistorikern und Restauratoren zugänglich war. Im Moment, so war sich Menendez sicher, würde der Mann, mit dem er hier verabredet war, dafür gesorgt haben, dass sie allein blieben.
    Der Raum, in dem sich der Kardinal nun befand, wurde nur durch ein schmales Fenster erhellt. Im Zwielicht wurden kostbare Fresken an den Wänden und an der Decke sichtbar, teilweise verstellt von Baugerüsten und Plastikplanen. Der Terracottaboden war an vielen Stellen aufgebrochen. Plastikeimer und Werkzeug lagen herum, Staub bedeckte den Boden und schwängerte die Luft. Menendez wusste, dass dies keiner der prächtigen Salons gewesen war. Dieser Raum an der Außenmauer der Burg war trotz der Fresken deutlich sachlicher. Vermutlich einst ein diskreter Rückzugsort für geheime politische Gespräche.
    Wie passend, dachte Menendez.
    »Sie sind pünktlich, Kardinal. Das ist gut.«
    Die Stimme kam aus dem Dunkel hinter einem der Baugerüste. Eine kalte, schneidende Stimme. Sie sprach Spanisch mit einem seltsam schleppenden Akzent, den Menendez nicht zuordnen konnte. Eine der schmutzigen Plastikplanen raschelte, und aus dem Dunkel hinter dem Baugerüst trat ein kahlköpfiger Mann in einem weißen Anzug. Menendez schätzte ihn auf Anfang Sechzig, aber er konnte durchaus auch

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