Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
versuchte angestrengt sich vorzustellen, wie das eigentliche Objekt, dessen Schatten er in Händen hielt, aussehen mochte. Es gelang ihm nicht. Sein Gehirn scheiterte an dem Versuch, das Objekt wahrzunehmen. Immerhin glaubte Peter, eine Art Anwesenheit von etwas zu spüren, etwas, das unmittelbar mit dem Ding in seinen Händen verbunden war, es ausfüllte und gleichzeitig umgab und an ihm haftete. Als ihm davon schwindelig wurde, wandte er den Blick von dem Gegenstand ab und sah Maria an. Sie wollte etwas sagen, erschrak dann jedoch.
In diesem Moment bemerkte Peter, dass der Tesserakt sich erneut verwandelte.
In einer einzigen, geschmeidigen Bewegung schien er sich von innen heraus aufzufalten und bildete plötzlich ein massives dreidimensionales Kreuz mit Querbalken in alle vier Himmelsrichtungen. Dieses Kreuz war blau wie das Material der Amulette und veränderte sich nicht weiter in seinen Händen. Im gleichen Moment spürte Peter, wie etwas in ihn eindrang, durch jede Pore in seinen Körper strömte wie ein schwerer Dunst oder der Atemhauch eines großen Wesens. Ein kurzes Kribbeln der Haut, ein schwaches Brennen wie nach einem leichten Stromschlag – dann war es auch schon wieder vorbei. Gleichzeitig sah er das Entsetzen in den Augen des alten Mannes.
»Was ist passiert?«, fragte Peter.
»Es hat sich aufgefaltet«, erklärte Bar-Kleophas tonlos.
»Und das bedeutet?«
»Sie haben gerade die Büchse der Pandora geöffnet.«
XXXII
13. November 2376, Adam-Wüste, Novaroma
U nd es erwachte! Ja, es erwachte, sag ich euch. Gebt mir noch was von eurem Bauchessen , dann schenk ich euch ein bisschen Kopfessen zurück. Und gebt mir was zu rauchen. Dann erzähl ich euch, wie’s wirklich war, damals. Weil, ich war nämlich dabei. Ja, jetzt glotzt ihr, aber es ist wahr. Herzwahr, vater- und mutterwahr. Ich war dabei.«
Der alte Mann spuckte aus, wickelte sich enger in seine grobe Decke ein und ließ seinen Blick in die Runde der Gruppe schweifen, die um das Feuer herum saß. Die Gruppe war nur klein, aber das war nicht ungewöhnlich an einem so abgelegenen Ort wie diesem. Zwei Frauen und zwei Männer um die dreißig, also in der Mitte ihres Lebens, mit erschöpften, verbrannten Gesichtern. Ein blindes junges Mädchen, für das der Clan bald einen Mann würde finden müssen, keine einfache Sache. Und einige Kinder, die den Alten mit offenen Mündern anstarrten, sich kratzten, sich anstießen, sich kichernd Dinge zuflüsterten. Eine der Frauen rollte ihm eine Zigarette. Der alte Mann rauchte erst ein paar Züge, bevor er wieder anfing. Er sprach, ohne irgendwen dabei anzusehen. Er sprach zu den Sternen, zur kalten Nachtluft, zur Adam-Wüste.
»Als der Tesserakt geöffnet wurde, kam Bewegung in die Substanz des Bösen, das formlos und blind in seinen monströsen Nestern im Strom des Erdmantels geschlafen hatte. Zusammen mit den Bausteinen des Lebens war es vor Jahrmilliarden auf Kometen durchs All gereist, hatte die junge Erde infiziert und sich tief in ihr eingenistet. Das Böse, sag ich euch, war die erste Lebensform des jungen Planeten, noch bevor die ersten Aminosäuren sich zu ersten Proteinen verklumpten. Materia prima .«
Einer der älteren Jungen unterbrach ihn.
»Was sinn’ Aminosäue, Pa’ Anselmo?«
Der Alte zischte ihn an. »Es heißt Amino säuren , du Schwachkopf! Und wenn du mich noch mal unterbrichst, mein Junge, dann war’s das mit Kopfessen für heute. Hast du gar keinen Respekt?«
Der Junge schwieg betroffen. Der Alte spuckte wieder aus. »Also … das Böse war zuerst da. Und während sich auf der Erde das Leben explosionsartig entwickelte, döste es in dumpfen Träumen, abartig und tödlich, wuchs und wartete. Wuchs und wartete. Worauf? Wisst ihr alle. Auf den Tag, an dem es endgültig erwachen würde, um das Leben auszulöschen, diese Welt zu verdauen und sie dann, vielleicht erst Milliarden Jahre später, wieder zu verlassen und weiterzuziehen. Das Böse hatte Zeit.«
Der Alte rauchte seine Zigarette, bis sie ihm fast die Finger versengte, und drückte den Stummel im Wüstenboden aus.
»Gib mir noch was zu rauchen, Frau. Und du, Junge, halt bloß die Klappe, ich seh doch, dass du schon wieder was fragen willst. Halt bloß die Klappe, vielleicht geb ich dir nachher sogar eine Antwort, mal sehen.«
Er wartete auf die zweite Zigarette und fuhr dann mit der Geschichte fort, die er in den letzten Jahrzehnten bereits so viele tausend Male erzählt hatte. So oft, dass er sie längst
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