Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
wortwörtlich immer wieder gleich erzählte, wenn man ihm auf seinem Weg Gastfreundschaft erwies, ein bisschen Bauchessen , einen trockenen Schlafplatz, Wasser.
»Das Böse …« räusperte er sich, »… hatte Zeit. Das Böse hatte das Leben von Anbeginn an mit seinen Sporen vergiftet und nur auf den geeigneten Wirt gewartet, der es wecken und verbreiten würde. Den Menschen.
Ja, den Menschen.
Doch es hatte Rückschläge gegeben. Das Leben hatte immer wieder Wege gefunden, sich zu schützen. Parallel zum Menschen hatte die Evolution eine hochentwickelte Art hervorgebracht, immun gegen die Infektion. Diese Wesen lebten isoliert, in einem Zustand der Gnade, auf einem Mikrokontinent im späteren Pazifik. Sie existierten nur zu einem einzigen Zweck: das Leben von dieser Infektion des Bösen zu heilen. Echsenartige, stumme Wesen, die sich in ihren Schriften Mh’u nannten. Sie studierten die Substanz des Feindes, seine primitive Physiologie, seine rohe Intelligenz, seine Schwächen. Sie verstanden seine Wechselwirkung mit dem menschlichen Genom und dem ewigen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, den ihr Luup nennt. Sie erkannten, wie man es lähmen konnte. Und sie schufen dazu ein einzigartiges Gefäß , in dem sie seine Kernsubstanz für alle Zeiten isolierten.«
»Den Tesserakt!«, rief der Junge aufgeregt dazwischen. Der alte Mann nickte diesmal.
»Gut aufgepasst, Junge. Den Tesserakt. Wir hatten zu jener Zeit noch einen anderen Namen dafür. Wir nannten es ›Pandoras Büchse‹. Aber das ist eine andere Geschichte.
Der Plan der Mh’u hatte nur eine einzige Schwachstelle: den Menschen selber. Denn das Böse hatte ihn längst infiziert und verfolgte ebenfalls einen unaufhaltsamen Plan. Und es hatte Zeit. Zeit zu warten.
Das Böse, ich sag’s euch, war schon immer ein Teil des Menschen, ein schlafender Feind, ein giftiger Dunst aus Abertausenden von Dämonen, den der Mensch sein Leben lang einatmete. Einige Menschen waren robuster, andere weniger. Und durch jene pflanzte sich der Ruf des Bösen über Generationen fort bis zu einem fernen Tag des Erwachens. Tief in seinem Unterbewusstsein ahnte der Mensch, dass er von Anfang an vergiftet und beschützt zugleich war, und vererbte diese Gewissheit von Bedrohung und Erlösung auf seine Nachkommen. Generation auf Generation. Schicht um Schicht bildete sich das Gedächtnis der Menschheit, verfestigte sich zu Traumbildern und Mythen. Manch einer hatte Visionen und verkündete die Apokalypse und die Erleuchtung. Religionen entstanden, die die Wahrheit des ewigen Luups und der Sünde erkannten und vor der lauernden Verdammnis warnten. Sie gaben dem Bösen Namen: Satan, Behemot, Seth, Pazúzú, Mammon, Ghul, Basilisk, Nazgul, Cthulhu, Umi Bozu. Aber auch die unterbewusste Erinnerung an die Mh’u blieb in allen Kulturen in Bildern von durchscheinenden Geistwesen lebendig. Ihr wisst, wovon ich rede. Der Mensch mordete, quälte, gierte, liebte, sorgte, erschuf und vernichtete. So hätte es weitergehen können, für alle Zeiten. Aber das Gefäß war nun geöffnet. Die Infektion war nicht mehr aufzuhalten, der Plan des Bösen hatte sich erfüllt.«
Auch die zweite Zigarette war schon längst im Wüstensand erstickt, wie eine stinkende Saat, die niemals keimen würde. Der alte Mann dachte kurz daran, wie hart das Leben für diese Wüstenmenschen sein musste. Er fragte sich, ob sie überhaupt eine Ahnung hatte, wie glücklich sie in Wirklichkeit waren, weil sie nicht begriffen, dass sie zu einer aussterbenden Art gehörten. Der Junge da, der ahnte es vielleicht, der war nicht blöd. Ein Kopfkind , kein Handkind . Aber viel nützen würde es ihm in der Wüste auch nicht.
»Die ersten starben innerhalb weniger Stunden nach Öffnung des Tesserakts. Sie bemerkten es zunächst an einem seltsamen, ranzig-käsigen Ausfluss auf der ganzen Haut, der an der Luft zu einer wachsigen Schmiere gerann, die schwach wie Baldrian roch. Kurz darauf wurde den meisten übel, und sie fielen in ein Koma, aus dem nur noch die Wenigsten erwachten. Die Infektion schien überall auf der Welt gleichzeitig auszubrechen. Als wäre der Auslöser der rätselhaften Krankheit nicht etwa ein Keim oder ein Virus, das sich erst übertragen müsse, sondern ein Signal , das über die gesamte Welt ausgestrahlt wurde.«
Er räusperte sich und sah den Jungen an, der vor Fragen geradezu platzte. Aber er beherrschte sich jetzt und wartete ungeduldig darauf, dass der Alte weitererzählen würde.
»In den ersten
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